Freigabe beschlossen Impf-Priorisierung entfällt bei AstraZeneca

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verkündete am Donnerstag eine sofortige Freigabe des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca für alle Impfwilligen. Quelle: dpa

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich durchgesetzt: Die Menschen in Deutschland können sich in ihrer Arztpraxis künftig ohne Priorisierung mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen.

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Impfwillige können sich künftig ohne Rücksicht auf die gültige Vorrangliste gegen Corona impfen lassen – wenn sie sich mit ihrem Arzt für AstraZeneca entscheiden. Das beschlossen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern, wie der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag in Berlin mitteilte. Demnach wird die Priorisierung bei diesem Impfstoff vollständig aufgehoben. Ärztinnen und Ärzte in Praxen könnten nun entscheiden, wer wann mit dem Impfen drankomme und ob das Präparat von AstraZeneca das passende sei, so Spahn.

Der Wegfall der Priorisierung bei AstraZeneca geht auf einen Vorschlag Spahns zurück. Der Bund beruft sich dabei auf einen Passus der Impfverordnung. Demnach kann von der Reihenfolge etwa nach Alter, Vorerkrankungen und Berufsgruppen abgewichen werden, wenn dies für eine effiziente Organisation oder eine zeitnahe Verwendung vorhandener Impfstoffe notwendig ist. Mehrere Bundesländer wie Berlin haben für den Impfstoff bereits die Priorisierung aufgehoben. In Berlin kann man sich Termine dafür bei Hausärzten geben lassen.

Künftig soll es dem Arzt in Absprache mit dem Impfling laut Bund-Länder-Beschluss auch freigestellt werden, den Abstand für eine AstraZeneca-Zweitimpfung zwischen vier und zwölf Wochen festzulegen. „Die Zweitimpfung haben jetzt viele lieber früher, auch mit Blick auf den Sommer – das geht mit AstraZeneca auch innerhalb der Zulassung“, hatte Spahn bereits im WDR gesagt. AstraZeneca-Geimpfte müssten dann weniger lang warten bis zum Wegfall von Corona-Einschränkungen. Erleichterungen für Geimpfte passierten nun den Bundestag und sollen an diesem Freitag im Bundesrat besiegelt werden. Allerdings hätten AstraZeneca-Geimpfte im Fall einer früheren zweiten Spritze den Nachteil einer womöglich geringeren Wirksamkeit.

Die Impfkommission empfiehlt für das Präparat nämlich einen Abstand von 12 Wochen zwischen erster und zweiter Dosis. Hintergrund sind Beobachtungen, dass der längere Abstand zu einer besseren Wirksamkeit führt. Die Wirksamkeit einer zweimaligen Impfung im Abstand von vier bis acht Wochen liege laut einem Bericht der europäischen Zulassungsbehörde EMA bei 50,4 Prozent. Bei zwölf und mehr Wochen steige sie auf 72,1 Prozent bis 82,4 Prozent an.

Gegen das Präparat des britisch-schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca gibt es teils erhebliche Vorbehalte. Es wird nach dem Auftreten von Blutgerinnseln im Gehirn bei jüngeren Geimpften nur noch für über 60-Jährige eingesetzt. Andererseits gibt es viele Jüngere, die sich gerne damit impfen lassen würden, aber in der Impf-Reihenfolge noch nicht dran sind. Laut Robert Koch-Institut wurden inzwischen rund 6,3 Millionen AstraZeneca-Dosen geimpft. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums wurden 9,3 Millionen AstraZeneca-Dosen an Länder und Großhändler ausgeliefert.

Derzeit sind 7,1 Millionen oder 8,6 Prozent der Bundesbürger voll geimpft. Fast jeder Dritte hat mindestens eine Spritze bekommen: 30,6 Prozent. Bis Ende August sollen auch alle 12- bis 18-Jährigen ein Impfangebot erhalten. Für Erst- und Zweitimpfung dieser Jahrgänge sind in Deutschland etwa zehn Millionen Dosen notwendig. Die Länder sollen entsprechende Konzepte erstellen – beispielsweise mit ausdrücklichen Einladungen in die Impfzentren oder Reihenimpfungen in den Schulen. Voraussetzung ist, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer wie erwartet im Juni ab 12 zugelassen wird, wie Spahn weiter ankündigte. Heute ist er in Deutschland erst ab 16 zugelassen. In Kanada darf der Impfstoff von Biontech/Pfizer bereits 12- bis 15-Jährigen verabreicht werden. In den USA könnte die Zulassung ab 12 schon in den kommenden Tagen erfolgen. Eine klinische Studie in der Altersgruppe von 12 bis 15 Jahren in den USA hatte eine Wirksamkeit von 100 Prozent gezeigt.

Mehr zum Thema: Schon am Wochenende könnten Lockerungen für Geimpfte gelten – allerdings nur, wenn sie den vollständigen Schutz haben. Wann das der Fall ist, variiert je nach Impfstoff: zwischen 14 Tagen und drei Monaten. Österreich geht deshalb einen anderen Weg.

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