Sie könnten unterschiedlicher kaum sein, aber in Sachen Zuversicht macht ihnen beiden keiner etwas vor. Armin Laschet glaubt trotz sinkender Umfragewerte immer noch unerschütterlich an seinen Sieg. Und Elon Musk steht inmitten seiner riesigen Baustelle in Grünheide bei Berlin, umgeben von Baggern, Sandhaufen und halbfertigen Fabrikhallen – und verkündet fröhlich, dass schon im Oktober hier in der brandenburgischen Tesla-Fabrik die ersten Autos vom Band rollen sollen. Man muss eben nur fest an etwas glauben.
Zu besichtigen gab es für den Kanzlerkandidaten der Union bei seinem Besuch auf dem Tesla-Gelände nicht sonderlich viel. Die Gigafactory von Musk ist mehr Baustelle als fertige Fabrik. Dort, wo künftig die Lackiererei stehen soll, ist außer Sichtbetonwänden und einzelnen Stahlsäulen kaum etwas fertig. Dennoch treffen sich Laschet und Musk hier für ein kurzes Gespräch – und einen Fototermin. Bilder sind wichtig an diesem Tag, vor allem für den Wahlkämpfer Laschet. Der nimmt seinen Besuch bei Tesla zum Anlass, um mehr Tempo am Standort Deutschland anzumahnen. Diese Fabrik hier ist die Zukunft, sagt Laschet auf Englisch, hier kommen die beiden wichtigsten Themen bei der Bekämpfung des Klimawandels zusammen: Nachhaltigkeit und Energiewende. Das Beispiel von Elon Musk, so Laschets Botschaft, soll andere in Deutschland ebenfalls ermutigen, schneller zu werden. „Mit dem heutigen Tempo schaffen wir es nicht mehr“, mahnt der Kanzlerkandidat. „Alle unsere Vorschriften heute sind in der Zeit vor dem Pariser Klimaabkommen gemacht. Aber wenn die Lage so ernst ist, wie der Weltklimarat sagt, dann müssen wir beschleunigen.“ Als Beispiel nennt Laschet dann die Verbandsklage. Es sei nicht mehr hinnehmbar, dass ein nicht Betroffener wichtige Ansiedlungen und Bauten vor Gericht aufhalten könne – „da müssen wir etwas ändern“.
Musk nickt und fordert andere auf, ihm zu folgen. „Ich gebe hier eine Inspiration für Deutschland“, sagt der Tesla-Gründer selbstbewusst. „Ich will Sie für die Zukunft begeistern. Was bewegt dich, was treibt dich an?“ Artig bedankt er sich dann bei der Politik für die erhaltene Unterstützung; er fühle sich mit dem Tesla-Werk hier „sehr willkommen“.

Auf die Frage, ob er Laschet den Wahlsieg zutraue, reagiert er ausreichend – das sei Sache der deutschen Wähler. Aber dann fügt er mit Blick auf Laschet noch hinzu: „He is a great guy – from what he looks like“. Der so Angesprochene schmunzelt – immerhin ein indirekter Ritterschlag.
Ohnehin ist dieser Termin eine gute PR-Gelegenheit für den CDU-Kanzlerkandidaten Laschet. Einer der innovativsten Unternehmer der Welt trifft den womöglich neuen Kanzler des Autolandes Deutschland – besser kann es für Laschet zum Beginn der heißen Wahlkampfphase nicht laufen.
Aber es ist nicht nur die hohe Aufmerksamkeit, die der CDU-Chef gerade gut gebrauchen kann. Laschet will mit seinem Besuch in der Gigafactory vor den Toren Berlins auch zeigen, dass er die Geschwindigkeit des Tesla-Chefs vorbildlich findet. „Die Beschleunigung beim Bau ist gut“, sagte Laschet im Vorfeld, „Innovationen brauchen Tempo“. Und dass Tesla als Magnet für viele andere Firmen und Zulieferer wirkt, die sich in der nächsten Zeit rund um die Teslastraße 1 im brandenburgischen Grünheide ansiedeln werden, ist für Laschet zudem ein wichtiger Beweis für seine Botschaft, dass der Austausch von alten und neuen Industrien gelingen kann. Die Braunkohle im Osten wie auch im nordrhein-westfälischen Westen wird verschwinden, aber Innovatoren wie Musk werden neue Arbeitsplätze schaffen. „Dass er mit Tesla hier in Deutschland ist, unterstreicht den gemeinsamen Willen, etwas Neues zu schaffen“.
Immer wieder betont Laschet bei seinen Auftritten, dass Deutschland Industrieland bleiben müsse. Die Plattformwirtschaft allein ersetze nicht die Industrie, mahnt Laschet, erst recht nicht bei den gut bezahlten Arbeitsplätzen. Entscheidend sei aber, dass man bei den industriellen Produkten und bei der Fertigungstechnik den Anschluss an die Digitalisierung und die künstliche Intelligenz nicht verliere, sondern einen weltweiten Spitzenplatz behalte. Diese Innovationen gelingen nach Laschets Überzeugung am besten, wenn Wissenschaft und Wirtschaft kooperieren.
Innovation und Forschung stehen im Unionsprogramm weit vorne
Im Wahlprogramm der Union schlägt sich das in konkreten Zahlen nieder: Bis 2025 sollen 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufgewendet werden – eine deutliche Steigerung. Außerdem will Laschet laut gemeinsamem Wahlprogramm von CDU und CSU bis 2025 in Deutschland einen „konkurrenzfähigen Quantencomputer“ bauen und die Bundesrepublik zur Hochburg für Künstliche Intelligenz und Blockchain-Technologie ausbauen. Nicht fehlen dürfen in der langen Reihe technologiepolitischer Ziele ein neues Bio-Technik-Zentrum, eine Agentur für Sprunginnovationen sowie die Gründung einer nationalen Agentur für biomedizinische Forschung und Entwicklung. Auch der Weltraum als „Schlüsselindustrie der Zukunft“ nimmt im Innovationsteil des Unionsprogramms breiten Raum ein. „Zukunftstechnologie Raumfahrt fördern“ lautet dort die Überschrift – Deutschland soll mit Hilfe eines „mittelstandsfreundlichen Weltraumgesetzes“ seinen Platz in diesem Bereich ausbauen.
Mit Sicherheit hat Elon Musk das Unionsprogramm nicht gelesen, aber man wird ihm gesagt haben, dass ein potenzieller Kanzler Laschet viel Geld für die Förderung der Raumfahrt in Deutschland ausgeben möchte. Vielleiht baut Musk dann eines Tages in Grünheide neben der Teslafabrik auch noch eine Spacefactory – für die Herstellung von Trägerraketen und Satelliten.
Unerschütterlicher Glaube an den eigenen Erfolg
An Ideen und Projekten für Innovationspolitik mangelt es Laschet und der Union jedenfalls nicht – die Frage lautet allerdings, wie viele von den zahlreichen Vorhaben auch umgesetzt und finanziert werden können. Hier könnte Laschet durchaus von Musk lernen: Es braucht einen langen Atem und vor allen Dingen den unerschütterlichen Glauben an das Gelingen und den eigenen Erfolg. Das ist nicht besonders innovativ – aber zumindest im Fall von Elon Musk extrem erfolgreich.
Tesla war jahrelang eine Firma, die mit dem Bau von Autos hohe Verluste einfuhr und sich zu einem großen Teil aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten finanzierte. Aber die Aktionäre glaubten der Mission von Musk und hielten an der Börse stets zu ihm. Inzwischen verdient Tesla Milliarden – und nur noch ein knappes Drittel des Gewinns stammt aus dem Zertifikatehandel. Wenn die Wahlberechtigten in Deutschland vom Produkt CDU/CSU und von ihrem Spitzenmann Laschet so überzeugt wären wie die Aktionäre von Tesla und von Elon Musk wäre die Wahl bereits gelaufen.
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