Jan Böhmermann hat den türkischen Staatspräsidenten beleidigt – das steht fest. Es steht hingegen nicht fest, ob diese Beleidigung von der Meinungs-, Presse- oder Kunstfreiheit gedeckt war.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte diese Frage klar mit ja beantworten können. Sie hätte die Ermittlungen nach Paragraph 103 des Strafgesetzbuches verhindern und Jan Böhmermann zumindest in diesem Verfahren schützen können. Für Böhmermann geht es um viel. Bis zu fünf Jahre Haft sind wegen der sogenannten Majestätsbeleidigung möglich, falls er verurteilt wird.
Die Kanzlerin hat sich entschieden, nicht ihre schützende Hand über den ZDF-Moderator zu halten. Sie lässt die Ermittlungen zu, die Justiz ist jetzt am Zug. Damit hat die Kanzlerin richtig entschieden. Zwar gesteht das Gesetz der Bundesregierung eine politische Entscheidung zu. Doch ist es wirklich die Aufgabe der Kanzlerin, die Argumente im Fall Böhmermann abzuwägen und de facto zur Richterin zu werden?
Nein, genau das hätte Merkel aber getan, wenn sie die Ermittlungen nach §103 StGB verhindert hätte. Insofern ist es auch konsequent, dass die Bundesregierung den Paragraph abschaffen will. Eine solche Situation sollte es in Deutschland nie wieder geben.
Jan Böhmermann hilft das nicht weiter. Sollte ein Gericht nun zu dem Urteil kommen, dass er zu weit gegangen ist, wird er eine gerechte Strafe erhalten. Und wenn das Verfahren eingestellt oder Böhmermann freigesprochen werden sollte, wird ein deutsches Gericht den türkischen Staatspräsidenten einen Dämpfer verpasst haben. Beide Varianten sind denkbar. Dass die Justiz und nicht die Exekutive diese Entscheidung trifft, ist das richtige Signal.