
Der CDU-Politiker Friedrich Merz verlangt nach dem Giftanschlag auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalnyj einen zweijährigen Baustopp für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. In einer Mitteilung an die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schrieb er am Freitag, trotz „mancher Bedenken“ habe er den Weiterbau der Pipeline, die kurz vor der Fertigstellung steht, bisher für richtig gehalten.
„Aber nach dem erneuten Einsatz des Nervengifts Nowitschok, dessen Herstellung völkerrechtlich auch Russland verboten ist und dem erneuten offensichtlichen Mordversuch an einem Oppositionspolitiker in Russland mit diesem Gift ist jetzt eine klare und unmissverständliche Antwort notwendig.“ Die EU solle „mit sofortiger Wirkung einen Baustopp über die nächsten zwei Jahre verfügen“.
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor, in dessen Wahlkreis in Vorpommern die Gaspipeline Nord Stream 2 anlanden soll, hat sich nach der Vergiftung des russischen Oppositionspolitikers Aleksej Nawalny offen gezeigt für einen Baustopp bei dem Projekt. „Wir dürfen nicht zulassen, dass eine Vollendung von Nord Stream 2 von russischer Seite als Bestätigung des menschenverachtenden und völkerrechtsunfreundlichen Kurses von Wladimir Putin verstanden wird“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
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„Ganz im Gegenteil: Die aktuellen Geschehnisse erfordern eine klare Antwort Deutschlands und der Europäischen Union, wobei wir in unserer Abwägung aber nicht vergessen dürfen, dass hinter Nord Stream 2 auch berechtigte deutsche Interessen stehen.“
Dem entgegen hatte sich die im Landtag vertretenen Parteien und auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig vehement für eine Fertigstellung des Projekts ausgesprochen, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich dafür ausgesprochen – ihr Wahlkreis liegt neben Amthors.
Laschet warnt vor voreiliger Entscheidung
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat vor voreiligen Entscheidungen über die Fortsetzung des Ostseepipeline-Projekts Nord Stream 2 gewarnt. „Es ist heute nicht der Tag zu sagen: Wir müssen diese oder jene Maßnahme ergreifen“, sagte Laschet, der ebenfalls im Dezember CDU-Chef werden will, am Freitag in Düsseldorf. Der Umgang mit der Vergiftung des russischen Regierungskritikers Alexej Nawalny und die Zukunft der Energieversorgung Deutschlands seien zwei getrennte Fragen.
„Die Bundeskanzlerin hat deutlich gemacht, dass wir im Fall Nawalny komplette Aufklärung erwarten und auch erwarten, dass die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden“, unterstrich der CDU-Bundesvize. „Wir brauchen eine europäische Antwort auf das Verhalten Russlands. Wir brauchen vor allem in Russland die Bereitschaft, diesen Fall aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.“
Die Frage der künftigen Energieversorgung Deutschlands müsse aber nach sachlichen Kriterien gelöst werden. „Und deshalb ist die Frage, wie das geschieht, eine, die nun nicht als Reflex am ersten Tag nach dem Beweis, den die Bundeswehr erhoben hat, dass Nawalny vergiftet worden ist, beantwortet werden sollte.“
Die Bundesregierung ließ bei der heutigen Bundespressekonferenz unterdessen offen, wie sie weiter mit dem Projekt umgehen will. Die Pipeline Nord Stream 2 wird durch die Ostsee gebaut und soll Erdgas von Russland nach Deutschland transportieren.