Großer Vergleich Der Erfolg dieser Länder zeigt Deutschlands große Schwäche in der Krise

Die Bundesrepublik hinkt bei der digitalen Transformation der internationalen Konkurrenz hinterher – etwa Südkorea, den USA, der Niederlande und Skandinavien. Quelle: imago images

Auf dem Weg durch die Krise wird Deutschland eine ewige Schwäche zum Verhängnis: die schleppende Digitalisierung. Zu dem Ergebnis kommt ein Report des Weltwirtschaftsforums. Welche Länder es besser machen.

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Eigentlich hätte der aktuelle „Global Competitiveness Report“ des Weltwirtschaftsforums (WEF) schon Mitte November erscheinen sollen. Anfang Oktober stand bereits ein erster Entwurf, die Mitarbeiter erstellten schon Grafiken und layouteten den Bericht. Doch passend zu dem besonderen Corona-Jahr griff das Weltwirtschaftforum zu einer besonderen Maßnahme: Das WEF brachte in diesem Jahr nicht seinen gewöhnlichen Report heraus. Sondern eine Spezialausgabe, die sich mit der Frage beschäftigt, welche Länder aus wirtschaftlicher Sicht am besten durch die Coronakrise kommen. Dazu hat das WEF insgesamt 37 Länder betrachtet und sie in elf Faktoren bewertet.

Die Ergebnisse für Deutschland sind ernüchternd: Die Bundesrepublik hinkt bei der digitalen Transformation der internationalen Konkurrenz hinterher – etwa Südkorea, den USA, der Niederlande und den skandinavischen Ländern. Insgesamt schafft es Deutschland in dem Ranking gerade mal ins vordere Mittelfeld. Der einzige Lichtblick: Maßnahmen zum Sozial- und Arbeitsschutz. Hier schneidet die Bundesrepublik gut ab, liegt auf dem vierten Platz hinter Dänemark, Großbritannien und der Schweiz.

Was genau ist das Geheimnis der Länder, die aus wirtschaftlicher Sicht gut durch die Pandemie kommen? Das WEF definiert dafür vier Hauptfaktoren. Einer davon ist, wenig überraschend, das Gesundheitssystem. Hier betrachtet das WEF nicht allein die Anzahl an Krankenhäusern, Ärzten und Betten, sondern auch deren Erreichbarkeit und Verfügbarkeit. Stark schneiden dabei vor allem Korea, Taiwan oder Singapur ab. Die asiatischen Länder machten bereits in der Vergangenheit Erfahrungen mit Epidemien wie SARS oder MERS. Auch die Forschungskapazitäten spielen auf dem Weg durch die Pandemie eine wichtige Rolle. Also die Möglichkeit, einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln und einzusetzen. Jene Länder, die Gesundheitspolitik mit finanz- und sozialpolitischen Maßnahmen kombinieren, zeigen sich in der Pandemie ebenfalls stärker. 

In dieser Kategorie hat es Deutschland immerhin in die Top-Ten geschafft. Den Erfolg eines Landes messen die Wissenschaftler hier anhand des Forschungsstandes in der jeweiligen Disziplin. Entscheidend ist auch, inwiefern die öffentliche Hand die Wissenschaft bei der Entwicklung neuer Technologien unterstützt. Die USA, Japan, Südkorea und Finnland schneiden sehr gut ab. Griechenland, Mexiko und die Türkei sind weniger gut gerüstet.

Die skandinavischen Länder wie Dänemark, Finnland oder Schweden aber auch die Niederlande sind laut WEF generell vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen. Denn sie punkten durch gute soziale Sicherheitsnetze und starke Finanzsysteme, können Einwohner und Firmen mit Hilfsgeldern, Subventionen oder Krediten unterstützen. 

Wenn die Wirtschaft in einer Pandemie durchhalten soll, ist laut WEF vor allem die Digitalisierung entscheidend. Auch hier liegen Schweden, Südkorea, Island und die Niederlande in mehreren Bereichen weit vorne. Deutschland hinkt deutlich hinterher. Bei Einsatz und Umgang mit technischen Geräten schafft die Bundesrepublik nicht in die Top-Ten. Südkorea, Hong Kong und die Vereinigten Arabischen Emirate sind da besser aufgestellt.



An der Spitze des Gesamtrankings steht Finnland, das die Liste schon mehrmals anführte. Besonders erfolgreich sind die Finnen in der ständigen Weiterentwicklung ihres Bildungssystems. Noch vor den Niederlanden und Dänemark belegt Finnland in dieser Kategorie den ersten Platz. Tatsächlich gelten finnische Schulen in vielen Ländern als Vorbild, bei PISA-Studien belegen ihre Schüler die oberen Ränge.

Die großen Verlierer des diesjährigen Rankings? Russland und Griechenland. Bei Infrastrukturprojekten zur Beschleunigung der Energiewende und dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik schneidet Russland im Vergleich der 37 Länder am schlechtesten ab. Während der Westen des Landes relativ weit entwickelt ist, ist der zentrale und asiatische Teil durch die geringe Besiedlung kaum von Transport- und Verkehrswegen erschlossen.


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Saadia Zahidi, Managing Director beim WEF und Autorin des Reports, sieht in der Krise dennoch eine Chance. In Zeiten tiefgreifender Unsicherheit hätten die politischen Entscheidungsträger die Chance, neue Wirtschaftssysteme zu entwickeln, „die produktiv sind und gleichzeitig den gemeinsamen Wohlstand und die ökologische Nachhaltigkeit steigern“, erklärt sie. Klaus Schwab, Chef des Weltwirtschaftsforums und Co-Autor, leitet aus dem Bericht konkrete Handlungsempfehlungen ab. Die Wirtschaft müsse nach der Krise produktiver, nachhaltiger und integrativer werden.

Mehr zum Thema: Noch immer wird die Coronapandemie analog bekämpft. Nun sollen die Gesundheitsämter digitaler werden.

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