Kleiner Parteitag SPD will Normalverdiener entlasten

Auf einem Kleinen Parteitag in Berlin hat SPD-Chef Gabriel seine Parteigenossen auf einen konsequenteren Gerechtigkeitskurs eingestimmt, um die bürgerliche Mitte zu erobern. Zugleich teilte er gegen die Union aus.

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Der SPD-Vorsitzende beim Parteikonvent am Sonntag. Quelle: dpa

Berlin SPD-Chef Sigmar Gabriel will das Profil seiner Partei in Gerechtigkeitsfragen schärfen und sich von den schlechten Umfragen im Bund nicht beirren lassen. Auf einem Kleinen Parteitag in Berlin kam Gabriel am Sonntag innerparteilichen Kritikern entgegen, indem er die Steuerpolitik als Mittel für mehr Verteilungsgerechtigkeit nicht ausschloss. „Nur höhere Steuern bringen noch nicht mehr Gerechtigkeit“, warnte Gabriel zugleich vor Journalisten. Die SPD wolle „dafür sorgen, dass die Menschen, die den Wohlstand erarbeiten, mehr davon haben“. CDU und CSU warf er vor, mit ihrem Streit die Koalition zu belasten.

Für seine gut halbstündige Rede erhielt Gabriel von den rund 200 Delegierten nach Angaben von Teilnehmern Applaus, der länger ausgefallen sei als sonst bei internen SPD-Veranstaltungen. Der Parteikonvent findet regelmäßig unter Ausschluss der Öffentlichkeit der statt. Gabriel galt seit seinem historisch schlechten 74-Prozent-Ergebnis bei seiner Wiederwahl auf dem Bundesparteitag im Dezember als angeschlagen. In den Umfragen ist die SPD seither auf 21 Prozent gesunken.

Gabriel vermied es, sich darauf festzulegen, ob die SPD auf einem Kurs der Mitte oder einem Linkskurs sei. „Links heißt eben nicht, auf die Mitte zu verzichten, sondern links heißt, die Mitte zu erobern.“ Ähnlich hatte sich Gabriel auch 2009 bei seiner erstmaligen Wahl zum Parteichef geäußert.

Dem SPD-Chef zufolge will seine Partei Normalverdiener entlasten. Die SPD solle darüber diskutieren, wie sie mithelfe, dass mittlere und niedrige Einkommen mehr Geld in den Taschen hätten: „Ob man das über die Steuerpolitik macht oder über andere Instrumente, das werden wir beraten.“

Den Delegierten lagen mehrere Leitanträge der Parteispitze vor, die mit großen Mehrheiten angenommen wurden. Innerparteilich kontrovers diskutierte Festlegungen wie eine Vermögensteuer oder ein höheres Rentenniveau standen nicht zur Entscheidung an. In einem Antrag „Solidarprojekt - Politik für die solidarische Mitte“ wurden Forderungen zusammengefasst, die deutlich machen sollen, dass die Politik sich nicht allein auf Flüchtlingshilfe konzentriere. Dazu gehörten etwa eine Solidarrente, bezahlbarer Wohnraum und gleiche Bildungschancen für alle.

Personalfragen wie etwa die Kanzlerkandidatur 2017 kamen beim Parteikonvent nach Angaben von Teilnehmern nicht zur Sprache. Nach bisherigen Angaben will die SPD dies Anfang nächsten Jahres klären. Einzelne in der Partei halten aber auch eine Festlegung bereits im Herbst nicht für ausgeschlossen. In der Parteiführung herrscht der Eindruck vor, dass Gabriel derzeit entschlossen ist, die Kandidatur selbst zu übernehmen.

Ähnlich wie Gabriel äußerten sich auch seine Stellvertreter. „Gerechtigkeit ist Maßstab und Kompass für uns“, sagte Vizechef Ralf Stegner. Sein hessischer Kollege forderte, seine Partei müsse „mutiger und klarer werden“. Gabriel sprach von einem „spannenden und gut gelaunten Konvent“. Die SPD „diskutiert über die Zukunft unseres Landes, während CDU und CSU miteinander streiten“. Der Zwist zwischen CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer belaste ernsthaft die Koalition und beschädige den Ruf der Bundesregierung: „Deswegen muss Frau Merkel mit Herrn Seehofer Klarheit schaffen.“

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