Koalitionsausschuss Weil wirbt für „gesunden Pragmatismus“ in Altschulden-Frage

Die Pläne zu Schuldenerleichterungen für Kommunen sollen Städten und Gemeinden mehr Spielraum geben. Doch vor allem Bayern lehnt die Vorschläge kategorisch ab.

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Union und FDP sperren sich noch gegen die Pläne zur Entschuldung der Kommunen. Quelle: dpa

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat die Union aufgefordert, ihren Widerstand gegen die Altschulden-Pläne von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) aufzugeben. „Ich würde für gesunden Pragmatismus plädieren, der hilft gerade in finanzpolitischen Fragen gelegentlich sehr“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Es sei richtig, hoch verschuldeten Städten eine Chance zu geben, wieder auf die Beine zu kommen. Im Koalitionsausschuss wollen die Spitzen von Union und SPD die Pläne am Sonntag diskutieren.

Scholz will rund 2500 der 11.000 Kommunen entlasten, indem er ihre Kassenkredite in die Bundesschuld überträgt. Auch die betroffenen Bundesländer sollen mit einspringen. So sollen die Gemeinden wieder mehr Spielräume für Investitionen etwa in Schulen, Straßen und Krankenhäuser bekommen. Damit die Umbuchung verfassungskonform ist, soll es eine Art Ausnahmegenehmigung für die Schuldenbremse geben, die dem Bund bei der Aufnahme neuer Kredite enge Grenzen setzt.

Weil unterstützt das: „Lieber sollten wir die Handlungsfähigkeit von wichtigen Teilen der kommunalen Landschaft wieder herstellen, als die Schuldenbremse wie eine Monstranz vor uns her tragen“, betonte er. Wenn die Schuldenbremse für einen Ausnahmefall und einen befristeten Zeitraum modifiziert werde, „wird die Welt mit Sicherheit nicht untergehen“.

Für eine Änderung im Grundgesetz ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig. Linke und Grüne hat die SPD auf ihrer Seite, Union und FDP sehen den Plan allerdings kritisch. Die CSU lehnt eine Lockerung der Schuldenbremse kategorisch ab. Mit Bayern sei das nicht zu machen, sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU).

42 Milliarden Euro Altschulden

Nach Angaben des Deutschen Städtetags summieren sich die Altschulden der Kommunen auf rund 42 Milliarden Euro. Allein bei Banken, Sparkassen und anderen Kreditinstituten haben die Gemeinden laut Statistischem Bundesamt Ausstände von 35 Milliarden Euro, dazu kommen Schulden bei Sozialversicherungen, Ländern oder dem Bund. Problematisch sind vor allem die sogenannten Kassenkredite, die ursprünglich nur als eine Art Dispokredit zur kurzfristigen Überbrückung gedacht waren.

Verschuldete Kommunen gibt es in allen Bundesländern, nicht alle Regionen sind aber gleich stark betroffen. Vor allem in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland haben die Kommunen hohe Kassenkredite.

Laut Kommunalem Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung liegt die Kreditlast in NRW bei 1343 Euro je Einwohner, in Rheinland-Pfalz bei 1812 Euro und im Saarland sogar bei 2070 Euro. In Bayern und Baden-Württemberg dagegen spielen Kassenkredite kaum eine Rolle – in Bayern lagen sie im Schnitt bei 14 Euro, in Baden-Württemberg bei 19 Euro pro Einwohner.

Während Hessen und das Saarland kommunale Schulden zumindest schon teilweise auf die Landesebene übertragen haben, wartet vor allem das CDU-geführte Nordrhein-Westfalen auf die Bundeshilfen. Man werde selbst einen Beitrag leisten, wenn auch die Bundesregierung helfe, machte das dortige Finanzministerium klar.

Bundesländer, die ihre Kommunen zuletzt bereits stärker unterstützt haben, sehen dagegen nicht ein, dass sie kaum von den Bundeshilfen profitieren sollen. Auch Weil forderte zusätzliche Unterstützung für Niedersachsen, das zwischen 2012 und 2016 mehr als zwei Milliarden Euro in die Entschuldung von 68 Kommunen gesteckt hat. „Solche Anstrengungen dürfen nicht unter den Tisch fallen, sie müssen berücksichtigt werden“, verlangte der Ministerpräsident.

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