Merkel und Seehofer „Wir arbeiten ganz gelassen und vernünftig“

Zwar wird im Flüchtlingsstreit noch kein Kompromiss zwischen den Chefs von CDU und CSU erwartet. Aber zumindest beraten sie wieder im größeren Führungszirkel miteinander. Seehofer sagt: Alles Routine.

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Horst Seehofer Quelle: dpa

In der Union wird keine rasche Lösung des Streits zwischen CSU-Chef Horst Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über eine konkrete Obergrenze für Flüchtlinge erwartet. Zuvor müssten die beiden Parteivorsitzenden voraussichtlich erneut unter vier Augen über einen Kompromiss beraten, hieß es am Donnerstag vor einem Treffen der Unionsspitze am Abend in Berlin. Zugleich wurden die Erwartungen an Ergebnisse in der Flüchtlingspolitik bei der auf etwa zwei Stunden angesetzten Runde gedämpft. Die bayerische CSU-Landtagsfraktion legte einen langen Forderungskatalog dazu vor.

CSU-Chef Horst Seehofer sagte kurz vor Beginn des Treffens, er sehe es nicht so, dass der Streit in der Union immer weiter eskaliere. Die Zusammenkunft sei überhaupt keine Besonderheit, sondern ein Routine- Gespräch, das Unionsspitzen immer wieder am Vortag der Sitzung des Bundesrats führten. „Wir arbeiten ganz gelassen und vernünftig.“ Das könne man schon an der Einigung bei der Erbschaftsteuer in der Nacht zum Mittwoch sehen. „So geht es jetzt weiter“, sagte Seehofer. Es gebe eine Fülle von Themen, die die Koalition bearbeiten müsse.

Dazu zählen die weiteren Streitthemen Bund-Länder-Finanzen, die Zukunft der Renten oder die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Zu dem Treffen waren neben Merkel und Seehofer auch der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU), CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, die Generalsekretäre der beiden Parteien, Peter Tauber (CDU) und Andreas Scheuer (CSU), sowie Kanzleramtschef Peter Altmaier und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) geladen.

von Gregor Peter Schmitz, Sven Prange

In ihrem Forderungskatalog sprechen sich die CSU-Landtagsabgeordneten für befristete Aufenthaltsrechte für anerkannte Flüchtlinge, schnelle Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, nachträgliche Überprüfung von Zuwanderern und die Einführung einer Obergrenze für die Aufnahme von Schutzsuchenden aus. „Wir kämpfen für mehr Befugnisse für den Rechtsstaat, damit dieser nicht hinter den Möglichkeiten seiner Gegner zurückbleibt“, heißt es in der im oberfränkischen Kloster Banz beschlossenen Resolution.

Darüber hinaus fordern die Abgeordneten vom Bund eine deutliche Einschränkung des durch eine europäische Richtlinie geregelten Familiennachzugs für anerkannte Flüchtlinge. Der Bund müsse sich dafür einsetzen, dass nur bei echten Härtefällen ein Nachzug von Familienangehörigen möglich sei, damit die öffentlichen Haushalte nicht überfordert würden“. „Wir müssen durch entschlossenes Handeln den Menschen mehr objektives und subjektives Sicherheitsgefühl geben“, sagte Fraktionschef Thomas Kreuzer.

Merkel hatte nach den jüngsten schweren CDU-Wahlniederlagen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern am Montag Fehler in der Flüchtlingspolitik eingestanden. So sei der Flüchtlingszuzug 2015 vorübergehend außer Kontrolle geraten, sagte die CDU-Vorsitzende: „Die Wiederholung dieser Situation will niemand, auch ich nicht.“ Seehofer, der Merkels Vorgehen in der Flüchtlingskrise scharf attackiert, hatte das positiv bewertet. Er sieht aber keinen Kurswechsel der Kanzlerin, den seine Partei weiterhin fordert.

CSU-Landesgruppenchefin Hasselfeldt hatte im Streit über eine Obergrenze der Flüchtlingszahl in dieser Woche eine Kompromissmöglichkeit erkennen lassen. Es gehe um eine Richt- oder Orientierungsgröße. Ob es dabei eine Formulierung mit der auch von Seehofer genannten Zahl von 200 000 Flüchtlingen oder ohne diese Zahl gebe, werde man sehen, hatte sie gesagt. Sie verstehe die von Seehofer nicht so, dass der Erste, der nach 200 000 Flüchtlingen ankomme, nicht mehr ins Land dürfe. Der bayerische Ministerpräsident hatte intern höchst verärgert auf Hasselfeldts Äußerung reagiert.

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