OECD-Studie Deutschland ist für Studenten attraktiver als für Hochqualifizierte

Das IW fordert mehr Sprachkurse für Zuwanderer. Quelle: dpa

Zum Studieren kommen Zuwanderer sehr gerne nach Deutschland. Aber zum Arbeiten gehen Hochqualifizierte dann doch lieber in andere Länder. Für sie könnte Deutschland noch deutlich attraktiver werden.

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Für hochqualifizierte Zuwanderungswillige ist Deutschland zwar attraktiv. Allerdings gilt dies weniger für Arbeitnehmer, sondern vor allem für Studenten. Das zeigt eine Studie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung. Demnach belegt die Bundesrepublik bei der Attraktivität für ausländische Studenten nach der Schweiz und Norwegen im OECD-Ranking den dritten Platz und bei hochqualifizierten Selbstständigen noch den sechsten Platz. Anders bei hochqualifizierten Arbeitnehmern mit Master-Abschluss oder Doktor-Titel: Für sie steht Deutschland als potentielles Einwanderungsland nur an zwölfter Stelle.

„Es ist erfreulich, dass Deutschland besonders für internationale Studierende gute Möglichkeiten bietet. Wir brauchen aber auch kurz- und mittelfristig mehr Zuwanderung von bereits akademisch ausgebildeten Fachkräften, für die Deutschland leider nicht besonders attraktiv ist“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung. Die hohe Attraktivität Deutschlands für Studenten ist weniger auf den wissenschaftlichen Ruf der Universitäten zurückzuführen, sondern vor allem auf andere Faktoren: keine Studiengebühren, vergleichsweise niedrige Lebenshaltungskosten und die Möglichkeiten, nach dem Abschluss in Deutschland arbeiten zu können.

Die „OECD Indicators of Talent Attractiveness“ analysieren anhand von Indikatoren sieben Dimensionen: Qualität der beruflichen Chancen, Einkommen und Steuern, Zukunftsaussichten, Möglichkeiten für Familienmitglieder, Kompetenzumfeld, Diversität und Lebensqualität. Auch die Einreise- und Aufenthaltsbedingungen für Hochqualifizierte werden berücksichtigt. „Viele Faktoren außerhalb der Migrationsgesetzgebung beeinflussen die Attraktivität eines Landes“, sagte Stefano Scarpetta, OECD-Direktor für Beschäftigung, Arbeit und Soziales. „Für Fachkräfte ist die Geschwindigkeit der Visaerteilung ein wichtiger Faktor, aber für viele Hochqualifizierte sind auch die Rahmenbedingungen für Partner und Kinder wichtig“.

Für hochqualifizierte Arbeitnehmer sind Australien, Schweden, die Schweiz, Neuseeland, Kanada, Irland, die Vereinigten Staaten, die Niederlande, Slowenien, Norwegen und Luxemburg deutlich attraktiver als Deutschland. Am unteren Ende der Attraktivität der OECD-Staaten stehen in allen Kategorien Griechenland, Mexiko und die Türkei. Die Untersuchung beruht allerdings in Teilen auf veralteten Daten aus dem Jahr 2013. Damals war die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt noch deutlich weniger günstig als heute.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln reagiert auf die Ergebnisse mit der Forderung, die Attraktivität für hochqualifizierte Zuwanderer zu stärken. „Vor allem fehlen Sprachkurse, die nicht nur Alltagskenntnisse vermitteln, sondern darüber hinausgehen,“ heißt es in einer Stellungnahme. „Wir brauchen außerdem bessere Beratungs- und Vermittlungsangebote, damit die hochqualifizierten Zuwanderer schnell den für sie richtigen Arbeitgeber finden“, sagt IW-Ökonom Wido Geis-Thöne. Auch eine verbesserte Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen wäre wichtig, heißt es beim IW. Das neue Einwanderungsgesetz könnte gute Dienste leisten, um die Fachkräftezuwanderung zu fördern: Die Regierung sollte es möglichst zeitnah beschließen und schnell umsetzen.

Die OECD-Studie betont allerdings, dass auch in den meisten anderen Ländern, die sowohl als Arbeitsmarkt als auch durch ihre Lebensbedingungen sehr attraktiv für hochqualifizierte Arbeitnehmer sind, die politischen Regelungen für Zuwanderung diese Attraktivität deutlich senken. Das gilt nicht zuletzt für die USA. Australien ist mit seinen niedrigeren staatlichen Sanktionen daher auf Platz eins der OECD-Liste der attraktivsten Einwanderungsländer.

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