Regeln im Netz Kabinett beschließt Urheberrechtsreform

Erst mal geschafft: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat dem Kabinett das neue Urheberrecht vorgelegt. Quelle: dpa

Die Bundesregierung will das Urheberrecht mit der größten Reform seit zwei Jahrzehnten an die digitale Welt mit Internetplattformen anpassen. Das schwarz-rote Kabinett beschloss dazu am Mittwoch einen Gesetzentwurf.

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Die Bundesregierung hat den umstrittenen Gesetzentwurf zur Reform des Urheberrechts auf den Weg gebracht und damit massive Kritik von Rechteinhabern aus Musik, Film, Sport und TV geerntet. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht sprach nach dem Kabinettsbeschluss am Mittwoch von der „größten euroDie Bundesregierung hat den umstrittenen Gesetzentwurf zur Reform des Urheberrechts auf den Weg gebracht und damit massive Kritik von Rechteinhabern aus Musik, Film, Sport und TV geerntet. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht sprach nach dem Kabinettsbeschluss am Mittwoch von der „größten europäischen Urheberrechtsreform der letzten 20 Jahre“. Damit sollten die Regeln fit für das digitale Zeitalter werden. Geklärt werde die Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen wie YouTube oder Facebook. „Kreative und Verwerter sollen fair an den Gewinnen der Plattformen beteiligt werden“, sagte die SPD-Politikerin. Künstler bekämen unmittelbare Zahlungsansprüche gegenüber den mächtigen Plattformen. Der Digitalverband Bitkom monierte, „ein ausgewogener Interessenausgleich zwischen Nutzern, Plattformen und Rechteinhabern ist gescheitert“.

Ein breites Bündnis von Rechteinhabern verschiedener Branchen – von der Deutschen Fußball Liga über die Vertreter privater Fernseh- und Radiosender bis hin zur Film-, Bild- und Musikindustrie - zeigte sich „bestürzt“. Denn der Entwurf stärke letztlich globale Online-Plattformen und schwäche zugleich die Rechtsposition von Kreativen und ihren Partnern. „Künftig sollen bis zu 15 Sekunden aus einem Musikstück, Filmwerk oder Laufbild, bis zu 160 Zeichen Text, 125 Kilobyte für Fotos und Grafiken gegen eine (geringe) kollektivierte Pauschalvergütung von jedem Menschen erlaubnis- und haftungsfrei öffentlich verwendet werden können“, kritisierte das Bündnis. Die Rechteinhaber könnten also nicht mehr primär darüber bestimmen, wie und wo ihre Werke genutzt würden. Auch andere Details aus dem Entwurf stellten die deutsche Kreativbranche gegenüber den globalen Mitbewerbern schlechter und schadeten dem Kreativstandort Deutschland.

Ministerin Lambrecht betonte hingegen: „Unser Entwurf sieht einen fairen Interessenausgleich vor, von dem Kreative, Rechteverwerter und Nutzer gleichermaßen profitieren werden.“ Zudem wolle man die Kommunikations- und Meinungsfreiheit von Internet-Nutzern wahren und vor „Overblocking“ schützen – also dem Sperren von hochgeladenen Inhalten, die eigentlich legal sind.

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Die Linken-Politikerin Petra Sitte kritisierte, dass die Regierung ihre Versprechen, wie erwartet nicht habe einlösen können. „Eine Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie ohne Uploadfilter war von Anfang an eine Illusion.“ Auf EU-Ebene war das Urheberrecht bereits im April 2019 unter Dach und Fach gebracht worden. Die in der Reform verankerten Uploadfilter ermöglichen die automatische Löschung von Inhalten, die gegen das Urheberrecht verstoßen könnten. Kritiker sehen darin ein Mittel zur Zensur.

Verlegerverbände mahnten eine zügige Umsetzung und wirksame Schutzrechte für journalistische Inhalte an. „Die EU-Urheberrechtsrichtlinie gibt den Mitgliedsstaaten einen besseren Schutz der Urheber und Rechteinhaber gegenüber den Megaplattformen vor“, erklärten die Verbände der Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie der Zeitschriftenverleger (VDZ). Dies müsse auch Ziel in Deutschland bleiben. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Leistungsschutzrecht sei ein Schlüssel, „um die Ausbeutung journalistischer Inhalte durch kommerzielle Plattformen künftig einzudämmen“. Das vorige Leistungsschutzrecht war gerichtlich gekippt worden.

Schwerpunkt des Entwurfs ist nach Lambrechts Worten das sogenannte Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz. Dies sei aber „an Komplexität nicht mehr zu überbieten“, kritisierte Bitkom. Die praktische Umsetzung werde genau dazu führen, was man immer habe vermeiden wollen: „Online-Plattformen werden verpflichtet, Nutzerinhalte beim Upload automatisiert zu scannen“, sagte Verbands-Expertin Susanne Dehmel. Es werde zu hohen Fehlerquoten kommen. Die Grünen-Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz, Tabea Rößner, bezeichnete die Gesetzesvorlage als Großbaustelle. In der parlamentarischen Beratung müsse man nachbessern, um einen fairen Interessenausgleich zu finden.

Der Gesetzentwurf wird nun dem Bundesrat für eine Stellungnahme zugeleitet und soll anschließend im Bundestag beraten werden. „Die Richtlinien sind bis zum 7. Juni 2021 in deutsches Recht umzusetzen“, erklärte das Justiz- und Verbraucherschutzministerium.päischen Urheberrechtsreform der letzten 20 Jahre“. Damit sollten die Regeln fit für das digitale Zeitalter werden. Geklärt werde die Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen wie YouTube oder Facebook. „Kreative und Verwerter sollen fair an den Gewinnen der Plattformen beteiligt werden“, sagte die SPD-Politikerin. Künstler bekämen unmittelbare Zahlungsansprüche gegenüber den mächtigen Plattformen. Der Digitalverband Bitkom monierte, „ein ausgewogener Interessenausgleich zwischen Nutzern, Plattformen und Rechteinhabern ist gescheitert“.

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Ein breites Bündnis von Rechteinhabern verschiedener Branchen - von der Deutschen Fußball Liga über die Vertreter privater Fernseh- und Radiosender bis hin zur Film-, Bild- und Musikindustrie - zeigte sich „bestürzt“. Denn der Entwurf stärke letztlich globale Online-Plattformen und schwäche zugleich die Rechtsposition von Kreativen und ihren Partnern. „Künftig sollen bis zu 15 Sekunden aus einem Musikstück, Filmwerk oder Laufbild, bis zu 160 Zeichen Text, 125 Kilobyte für Fotos und Grafiken gegen eine (geringe) kollektivierte Pauschalvergütung von jedem Menschen erlaubnis- und haftungsfrei öffentlich verwendet werden können“, kritisierte das Bündnis. Die Rechteinhaber könnten also nicht mehr primär darüber bestimmen, wie und wo ihre Werke genutzt würden. Auch andere Details aus dem Entwurf stellten die deutsche Kreativbranche gegenüber den globalen Mitbewerbern schlechter und schadeten dem Kreativstandort Deutschland.

Ministerin Lambrecht betonte hingegen: „Unser Entwurf sieht einen fairen Interessenausgleich vor, von dem Kreative, Rechteverwerter und Nutzer gleichermaßen profitieren werden.“ Zudem wolle man die Kommunikations- und Meinungsfreiheit von Internet-Nutzern wahren und vor „Overblocking“ schützen - also dem Sperren von hochgeladenen Inhalten, die eigentlich legal sind.

Die Linken-Politikerin Petra Sitte kritisierte, dass die Regierung ihre Versprechen, wie erwartet nicht habe einlösen können. „Eine Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie ohne Uploadfilter war von Anfang an eine Illusion.“ Auf EU-Ebene war das Urheberrecht bereits im April 2019 unter Dach und Fach gebracht worden. Die in der Reform verankerten Uploadfilter ermöglichen die automatische Löschung von Inhalten, die gegen das Urheberrecht verstoßen könnten. Kritiker sehen darin ein Mittel zur Zensur.

Verlegerverbände mahnten eine zügige Umsetzung und wirksame Schutzrechte für journalistische Inhalte an. „Die EU-Urheberrechtsrichtlinie gibt den Mitgliedsstaaten einen besseren Schutz der Urheber und Rechteinhaber gegenüber den Megaplattformen vor“, erklärten die Verbände der Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie der Zeitschriftenverleger (VDZ). Dies müsse auch Ziel in Deutschland bleiben. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Leistungsschutzrecht sei ein Schlüssel, „um die Ausbeutung journalistischer Inhalte durch kommerzielle Plattformen künftig einzudämmen“. Das vorige Leistungsschutzrecht war gerichtlich gekippt worden.

Schwerpunkt des Entwurfs ist nach Lambrechts Worten das sogenannte Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz. Dies sei aber „an Komplexität nicht mehr zu überbieten“, kritisierte Bitkom. Die praktische Umsetzung werde genau dazu führen, was man immer habe vermeiden wollen: „Online-Plattformen werden verpflichtet, Nutzerinhalte beim Upload automatisiert zu scannen“, sagte Verbands-Expertin Susanne Dehmel. Es werde zu hohen Fehlerquoten kommen. Die Grünen-Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz, Tabea Rößner, bezeichnete die Gesetzesvorlage als Großbaustelle. In der parlamentarischen Beratung müsse man nachbessern, um einen fairen Interessenausgleich zu finden.

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Der Gesetzentwurf wird nun dem Bundesrat für eine Stellungnahme zugeleitet und soll anschließend im Bundestag beraten werden. „Die Richtlinien sind bis zum 7. Juni 2021 in deutsches Recht umzusetzen“, erklärte das Justiz- und Verbraucherschutzministerium.

Mehr zum Thema: Nach der Reform ist vor der Reform: Ein Kommentar zum Gesetzentwurf für Urheberrechts-Reform.

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