Rettungsprogramm Staatsbeteiligung: So wenig wie möglich, soviel wie nötig?

Gesellt sich in der Coronakrise neben die soziale Markt- nun eine schützende Staatswirtschaft? Wirtschaftsminister Altmaier verneint. Quelle: imago images

Die Bundesregierung bereitet milliardenschwere Rettungsprogramme für die deutsche Wirtschaft vor. Wirtschaftsminister Peter Altmaier versichert, dass Staatsbeteiligungen die Ausnahme bleiben werden. Was ist von dem Versprechen zu halten?

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Selbst dem Letzten wird in diesen Tagen bewusst, dass der Markt sich nicht selbst retten kann; dass unser Wirtschaften von Voraussetzungen abhängt, die die Unternehmen nicht selbst garantieren können. The business of business is business? Klingt gerade seltsam hohl. Man muss den berühmten Satz des Ökonomen Milton Friedman wohl neu fassen: The business of politics is business. Gerade schlägt die Stunde des Staates.

Man nehme nur den insgesamt 600 Milliarden Euro schweren Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der Teil des mehr als eine Billion Euro umfassenden Rettungspaket ist, das die Bundesregierung in den vergangenen Wochen unter höchstem Druck geschnürt hat.

Die Kriterien, nach denen sich der Bund über den Fonds in den kommenden Wochen und Monaten an deutschen Unternehmen beteiligen kann, sind im Gesetz mit voller Absicht schwammig formuliert. Denn zur Not, heißt es in der Hauptstadt, soll ein Rettungseinsatz nicht an Formulierungen scheitern. Die Lufthansa gilt als Kandidat, Condor, vielleicht Autozulieferer oder gar ein Dax-Konzern wie Daimler. Auch kleinere Hightechfirmen wie der Impfstoffspezialist Curevac werden in Berlin mit höchster Wachsamkeit beäugt.

In der CDU wird die Forderung lauter, die deutsche Industrie auch nach der Coronakrise weiter zu schützen. So müsse rechtzeitig etwas gegen den Ausverkauf unternommen werden.
von Cordula Tutt, Max Haerder

Gesellt sich neben die soziale Markt- nun eine schützende Staatswirtschaft? Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verspricht das Gegenteil. Staatsbeteiligungen und -übernahmen aufgrund der Coronakrise würden der Ausnahmefall bleiben werden, sagte er der WirtschaftsWoche: „Die bewährten Prinzipien der Marktwirtschaft bleiben auch in der Krise gültig“, versicherte der Wirtschaftsminister. „Deshalb kann es staatliche Unternehmensübernahmen oder -beteiligungen immer nur ausnahmsweise und für begrenzte Zeit geben.“ Und weiter: „Privates Unternehmertum ist und bleibt die Stärke unserer Volkswirtschaft.“

Ausnahmsweise? Für begrenzte Zeit? Man darf Altmaier persönlich seine Beteuerungen glauben, dass er sich und den Staat nicht für den besseren Unternehmer hält. Er beteuert dies zu jeder Gelegenheit. Doch Zweifel an der Endlichkeit der staatlichen Kriseninterventionen sind dennoch geboten.

So viel Beteiligung wie nötig, so wenig wie möglich? Das klingt zwar gut, garantieren kann das aus heutiger Sicht jedoch niemand, auch ein Bundesminister nicht. Man erinnere sich nur an den prominentesten Fall aus der Finanzkrise: An der Commerzbank ist die Bundesrepublik seitdem beteiligt, und ein Ausstieg kam nie in Sicht.

Sehr wahrscheinlich, dass es nun wieder so kommt, nur in weitaus größerem Ausmaß. Denn schon in anderthalb Jahren sind Bundestagswahlen, die Krise dürfte bis dahin volkswirtschaftlich allenfalls halbwegs ausgestanden sein – und eine neue Regierung würde sich an Altmaiers politisches Versprechen nicht mehr gebunden fühlen.

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