Immobilienexperte Michael Voigtländer vom Institut für Wirtschaftsforschung (IW) Köln empfiehlt denn auch, den umgekehrten Weg zu gehen. Er will die Mietspiegel näher an die Realität rücken. „Der Mangel an aktuellen Daten ist ein Hauptproblem der Mietspiegel“, sagt Voigtländer. Dieses Problem über die klassischen Mietspiegel zu lösen, sei aus Kosten- und Effizienzgründen kaum möglich.
Stattdessen will der Immobilienexperte den Datenschatz von Immobilienportalen wie Immobilienscout nutzen. Die Idee: Die Angebote laufen automatisch bei einer zentralen Stelle ein, etwa der Stadt. Kommt es zu einem Kauf, müssen Käufer und Verkäufer kurz bestätigen, ob der wirklich zu den Konditionen des Angebots erfolgt ist. So bekommt die Stadt in Echtzeit Daten über alle Immobilientransaktionen, und das quasi ohne Kosten.
Dass ein solches Modell jemals umgesetzt wird, ist jedoch mehr als unwahrscheinlich. Mieter- und Vermieterverbände hängen am jetzigen Mietspiegel, wohl auch deshalb, weil sie ihn im Großteil der Fälle selbst bestimmen.
So schwärmt etwa Helena Klinger, Rechtsexpertin beim Eigentümer-Verein Haus und Grund: „Aufgrund der Beteiligung aller Interessengruppen an der Erstellung genießen sie regionale Akzeptanz von Mietern und Vermietern und entfalten eine befriedende Wirkung.“ Und Mieterbund-Chef Ropertz sekundiert: „Mietspiegel sind aus unserer Sicht die beste und preiswerteste Variante zum Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete.“
Doch selbst die beteiligten Stakeholder sehen ein, dass sich etwas ändern muss. GdW-Justiziar Herlitz fordert mehr „Rechtssicherheit und Transparenz“. Und Mieter-Vertreter Ropertz regt an, das System an „verschiedenen Stellen nachzubessern“. So sollten vor allem die Vorgaben zur Erstellung von Mietspiegeln in einer Verordnung zusammengefasst werden.
Dass es politischen Handlungsbedarf gibt, ist auch bis zum zuständigen Justizministerium vorgedrungen. Das hatte schon unter der letzten Großen Koalition einen Entwurf für eine vereinheitlichende Vorschrift erstellt. Letzten Endes konnte das auch damals schon SPD-geführte Ministerium den Koalitionspartner jedoch nicht von seinem Miet-Paket überzeugen.
Diese Legislaturperiode startet das nun von Katharina Barley geführte Ressort einen neuen Versuch. Bereits Ende 2018 wurden Städte und Kommunen konsultiert, auf deren Bedürfnisse das neue Regelwerk eingehen soll. Noch im Laufe dieses Jahres soll der Gesetzesentwurf vorgelegt werden, heißt es aus dem Ministerium, „wenn es gut läuft schon bis Herbst“.
Was genau darin stehen wird, ist noch geheim. Es fußt auf dem alten Vorschlag, soll aber auch die neueren Urteile mit einarbeiten. Eins ist jedoch schon jetzt klar: Die Grundzüge des jetzigen Systems sollen beibehalten werden, darunter auch die Dualität aus einfachen und qualifizierten Mietspiegeln.
Für einfache Mietspiegel werden damit auch künftig kaum Vorgaben gelten. Das heißt im Umkehrschluss: Sie bleiben intransparent und kaum vergleichbar. Es sieht so aus, als könnten die Mietspiegel auch nach der großen Reform eine Mogelpackung bleiben.