Wahlprogramm der Union Die Richtung stimmt. Aber die Rechnung?

Der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat der Unionsparteien Armin Laschet und der CSU-Vorsitzende Markus Söder haben das Wahlprogramm der CDU/CSU für die Bundestagswahl vorgestellt. Quelle: imago images

CDU und CSU setzen in ihrem Wahlprogramm auf wirtschaftliche Angebotspolitik und verzichten auf mehr Steuern und höhere Schulden. Die Finanzierung der Ziele ist allerdings eine Wette auf die Zukunft.

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Bei allem demonstrativen Willen zur Harmonie: Es war ein Kraftakt für die beiden Unionsparteien, sich zu einem gemeinsamen Programm durchzuringen. Der erbitterte Kampf um die Kanzlerkandidatur zwischen Armin Laschet und Markus Söder wirkt nach und wird sich zur Belastung für den kommenden Wahlkampf auswirken, wenn vor allem der unterlegene Bayer nicht auf die ständigen Sticheleien verzichtet. Immerhin hat Söder bei der Vorstellung des gemeinsamen Wahlprogramms jetzt Zusammenarbeit und Einigkeit versprochen – wir werden sehen. Dass es trotzdem noch einen eigenen „Bayernplan“ gibt, in dem die CSU gegen den erklärten Willen der CDU zum Beispiel noch einen Zuschlag bei der Mütterrente fordert, lässt nichts Gutes ahnen.

Inhaltlich hat es sich die Union alles andere als einfach gemacht – im Gegenteil. Während die roten und grünen Wettbewerber neue Schulden, höhere Steuern und steigende CO2-Preise als Allheilmittel für Gerechtigkeit und Klimaschutz anpreisen, versuchen CDU und CSU einen marktwirtschaftlichen Ansatz. Versprochen werden sinkende Steuern und mehr Anreize für die Unternehmen. Daraus soll mehr Wachstum entstehen, das den Staat in die Lage versetzt, die vielen Wünsche im Bereich Haushalt und Investitionen zu finanzieren.



Die Richtung stimmt, aber ob die Wette aufgeht ist unter den Ökonomen umstritten. Wenn die Konjunktur nach Corona wieder anspringt und die im Lockdown aufgestauten Konsumwünsche nachgeholt werden, könnte die Wachstumsthese funktionieren. Allerdings braucht es dann schon Idealbedingungen. Die Weltwirtschaft müsste mitspielen, die Inflation im Zaum gehalten und die Gefahr neuer Pandemien gebändigt werden.

Vorsichtshalber kündigen Laschet und Söder im Fall einer Regierungsübernahme erst einmal einen „Kassensturz“ an. Erst danach, so die Einschränkung, werde man sehen, was sich verwirklichen lasse. Der Vorteil: Wenn die Kassenlage am Ende die Rücknahme einzelner Versprechen erzwingt, kann man die Schuld dafür leicht auf den bisherigen Kassenwart und SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz schieben.

Lücken im Wahlprogramm

Trotz vieler Seiten bleiben Leerstellen im Wahlprogramm: Die absehbaren Probleme bei der Rentenversicherung werden nur angetippt, die Idee der Generationenrente löst nicht die demografische Zwangslage. Auch die Rückkehr zur schwarzen Null wird nur angekündigt, aber nicht mit Jahreszahlen hinterlegt. Immerhin ist das Ziel erhalten geblieben, perspektivisch auf neue Schulden zu verzichten - andere halten Ausgabendisziplin inzwischen ja schon für volkswirtschaftlichen Unsinn.

Mit Leben muss noch der Wunsch erfüllt werden, Deutschland nachhaltig verändern und modernisieren zu wollen. Das zielt auf einen dringend notwendigen Mentalitätswechsel. Laschet kleidet das in die Formulierung „geht nicht, gibt’s nicht mehr, unser Land gehört an die Spitze“. Dass ein Staat, der noch mehr regulieren will, am Ende scheitert, ist eine richtige Erkenntnis. Die politische Leistung wird allerdings darin bestehen, diesen Anspruch auch in Regierungshandeln zu verwandeln.

Für den Wahlkampf bietet das Unionsprogramm eine gute Grundlage. Einerseits finden die Wählerinnen und Wähler genug Unterschiede zwischen den politischen Angeboten der Parteien. Andererseits verzichtet die Union auf revolutionäre Umgestaltungen. Die Sehnsucht nach allzu viel Veränderung ist nach den Erschütterungen der Coronakrise recht überschaubar. Ob diese im Titel angekündigte Mischung aus Stabilität und Erneuerung eine Mehrheit überzeugt, werden die kommenden drei Monate zeigen.

Mehr zum Thema: Das Wahlprogramm der Union gleicht der Quadratur des Kreises: Die vielen Versprechen und Ziele sollen mit Wachstum und staatlich abgesichertem Privatkapital finanziert werden. Ökonomen warnen: Das ist schwer erreichbar, selbst wenn nach der Pandemie die Konjunktur anspringt.


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