Wirecard-Ausschuss am 28. Januar 2021 Der Finanzvorstand, der seine Zahlen nicht kennt

Quelle: ddp images

Alexander von Knoop war mehr als 15 Jahre bei Wirecard. Vom heiklen Geschäftsbereich der Drittpartner sei er aber von Jan Marsalek ausgeschlossen worden. Der Milliarden-Schwindel blieb auch deshalb unentdeckt, weil sich weder BaFin noch Bayern für die Aufsicht zuständig fühlten.

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Thema des Tages:
Die Vorgänge im Topmanagement von Wirecard

Die Zeugen:
- Alexander von Knoop, ehemaliger Finanzvorstand von Wirecard
- Martin Mulzer, Bezirksregierung von Niederbayern

Alexander von Knoop war seit 2005 bei Wirecard beschäftigt, ab 2018 als Finanzvorstand. Wie kann es sein, dass ein Finanzvorstand keinen Zugriff auf Treuhandkonten im Ausland hat? Wie kann es sein, dass der Mann der Zahlen seine Zahlen nicht kennt? Zuständig für die Treuhandkonten war nicht von Knoop, sondern der mittlerweile flüchtige Vorstandskollege Jan Marsalek. Von Knoop stellte sich bei seiner Vernehmung als Opfer dar: Zu keiner Zeit seien ihm kriminelle Machenschaften bekannt gewesen, sagte von Knoop den Abgeordneten. „Ich hatte davon keine Kenntnis.“ Marsalek habe ihm versichert, dass das Geld auf den Treuhandkonten real sei. Kontakte zu Geheimdiensten habe er nicht gehabt, sagte der ehemalige Finanzvorstand. Weitere Angaben machte er nicht – er verwies auf seine Kooperation mit der Münchner Staatsanwaltschaft und machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Martin Mulzer von der Bezirksregierung Niederbayerns war mit seinen Kollegen für die Geldwäscheaufsicht in Bayern zuständig. Normalerweise beschäftigt er sich mit Auto-, Greifvögel- und Schmuckhändlern, die Geld waschen. Und Wirecard? „Mit einem Dax30-Konzern hatten wir vorher eher nicht zu tun. Da kommt eher ein Kfz-Händler mal an und fragt, ob er bei einer Barzahlung eines Kunden tätig werden muss“, sagte Mulzer den Abgeordneten. Bis zum Februar 2020 hätte man sich für Wirecard nicht zuständig gefühlt. Dann hätte sich ein Vertreter von EY hätte gemeldet und erklärt, dass die Bezirksregierung für die Geldwäscheaufsicht über die Wirecard AG zuständig sei – die BaFin beaufsichtige lediglich die Wirecard-Bank. Die Bayern erkundigten sich bei der BaFin, wer zuständig sei – und bekamen keine Antwort. Erst im Mai 2020 kam die Antwort – die BaFin verwies weiter ans Bundesfinanzministerium. Dann ging Wirecard unter.

Erst kurz vor der Insolvenz kamen die Bayern zu folgender Entscheidung: Sie fühlten sich nicht zuständig. Auch wegen der vielen sonstigen Aufgaben. Sechs von sieben Vollzeitkräften seien Corona-bedingt mit anderen Aufgaben als der Geldwäschebekämpfung beschäftigt gewesen. Mulzer selbst sei in der Führungsgruppe Katastrophenschutz tätig gewesen. Er habe erst einmal Schutzausrüstung für Altenheime und Krankenhäuser organisieren müssen. „Da waren wir monatelang eingespannt und total weg von der Geldwäscheprävention.” Mulzers Fazit: „Wenn keiner sich zuständig fühlt, kann es passieren, dass Unternehmen aufsichtslos bleiben.“

Der große Wirecard-Liveblog zum Nachlesen: So berichteten die WiWo-Reporter aus dem Wirecard-Untersuchungsausschuss

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Mehr zum Thema: Bei dem mittlerweile insolventen Wirecard-Konzern wurde seit jeher getäuscht. Das zeigt das Buch „Die Wirecard-Story“ zweier WirtschaftsWoche-Reporter. Die Erfolgsgeschichte war zu schön, um wahr zu sein. Von Anfang an.

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