Erst die Silicon Valley Bank, dann die Credit Suisse – und nun? War es das? Oder geht das große Zittern gerade erst los? Und überhaupt, was ist „das“: eine überschaubare Marktbereinigung nach der Zinswende oder nur das Vorbeben einer neuen globalen Finanzkrise?
Ersteres – sagt jedenfalls die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. „Anders als 2008 geht es dieses Mal nicht um weitgehend wertlose Finanzprodukte und intransparente Verflechtungen“, sagte die Ökonomin der WirtschaftsWoche. Die Silicon Valley Bank sei eine sehr spezielle Bank, deren Kunden etwa zur Hälfte Start-ups waren. Die Credit Suisse wiederum steckte schon seit längerem in der Krise. Es hätten sich hier Risiken materialisiert, die bekannt waren, meint Grimm. Viele Banken bewältigten die aktuellen Zinsänderungen hingegen sehr gut. Gleichwohl, sagt sie, „herrscht sehr große Unruhe, und es ist immer Psychologie im Spiel. Insbesondere für die Notenbanken ist die Lage sehr herausfordernd.“
Die Nervosität ist also weiterhin groß, die Lage fragil. Und die Wirtschaft wirkt nach Corona- und Kriegsjahren, gefolgt von hohen Staatsdefiziten, angezählt. Die fünf Mitglieder des Sachverständigenrates stellen hierzu an diesem Mittwochvormittag ihr Konjunkturupdate für Deutschland vor. Ihr Befund unterstreicht die Stimmung; ein Miniwachstum von 0,2 Prozent in diesem und bescheidene 1,3 Prozent im kommenden Jahr, mehr prognostizieren die Wirtschaftsweisen nicht.
Die Aussichten sind also bescheiden. Und noch dazu alles andere als garantiert, warnt Grimm. Kurzfristig habe die Bundesrepublik sogar noch Glück gehabt, unterstreicht die Professorin von der Universität Erlangen-Nürnberg. Ein milder Winter und geringe Gasnachfrage aus Asien hätten ihren Teil dazu beigetragen, dass der Energiepreisschock gemildert und eine Mangellage verhindert werden konnte. Doch „die Unsicherheit wächst eher wieder“, warnt Grimm.
Und damit zurück zur Bankenkrise der vergangenen Tage. Grimms größte Sorge in diesem Zusammenhang betrifft die möglichen Folgen für die Inflationsbekämpfung: Hier dürften die Zentralbanken nicht nachlassen, fordert sie. Die Unruhe an den Finanzmärkten erschwere sie leider. „Wir sind hier noch nicht über den Berg, weitere Zinsschritte werden nötig sein“, sagte sie der WirtschaftsWoche. „Sollte die geldpolitische Reaktion aus Sorge um die Finanzmarktstabilität zu gering ausfallen, so könnte die Inflation länger als erwartet hoch bleiben oder sogar nochmal anziehen.“
Das, fügt sie hinzu, dürfe „nicht passieren“. Zumal die Wirtschafts- und Energiepolitik der Bundesregierung bisher eher noch zu weiterer Unsicherheit führe. Olaf Scholz‘ optimistischer Erzählung von den bevorstehende neuen Wirtschaftswunderjahren kann die Ökonomin jedenfalls nicht so richtig viel abgewinnen.
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