Konjunkturausblick EU-Kommission senkt Wachstumsprognose

Der Handelsstreit zwischen den USA und China bereitet der EU-Kommission Sorgen und auch der Brexit trübt die Konjunkturaussichten für die Euro-Zone. Quelle: dpa

Nach der schweren Finanzkrise geht es für Europas Wirtschaft seit Jahren stetig bergauf. Nun ziehen zunehmend dunkle Wolken auf. Vor allem Italien dürfte es 2019 schwer haben.

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Angesichts zunehmender internationaler Spannungen stehen Europas Wirtschaft schwierige Zeiten bevor. Die EU-Kommission korrigierte ihren Konjunkturausblick für die Eurozone am Dienstag erneut nach unten. Gründe sind vor allem die sich abkühlende Weltwirtschaft und der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China, was sich vor allem in Deutschland bemerkbar macht. Positiv wirken sich hingegen hohe Beschäftigungszahlen, steigende Löhne und günstige Finanzierungsbedingungen aus.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der 19 Staaten mit der Gemeinschaftswährung soll 2019 nach der neuen Prognose um 1,2 Prozent zunehmen. Schon im Februar hatte die EU-Kommission ihre Vorhersage von 1,9 auf 1,3 Prozent heruntergeschraubt. In den vergangenen sieben Jahren verzeichnete die Eurozone stets Wachstum, seit 2015 lag es bei etwa 2 Prozent oder darüber.

„Die europäische Wirtschaft zeigt sich widerstandsfähig angesichts eines ungünstigeren äußeren Umfelds“, sagte der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis. Das Wachstum werde sich in sämtlichen Staaten fortsetzen, vor allem wegen starker Binnennachfrage und steigender Beschäftigung.

Gleichzeitig steigen aus Sicht der EU-Kommission die Risiken. Dazu zählen eine schwächelnde Wirtschaft in wichtigen Wachstumsmärkten, vor allem in China, sowie nach wie vor die Gefahr eines chaotischen Brexits. Eigentlich hätte Großbritannien die Staatengemeinschaft schon Ende März verlassen sollen. Die britische Regierung und die 27 bleibenden EU-Länder verlängerten jedoch die Frist. Der Austritt soll nun bis zum 31. Oktober geordnet über die Bühne gehen.
US-Präsident Donald Trump hatte unlängst überraschend angekündigt, die bereits geltenden Sonderzölle auf Importe aus China im Wert von 200 Milliarden Dollar zu erhöhen - von bisher 10 auf 25 Prozent. Er war mit der chinesischen Verhandlungsführung unzufrieden und drohte auch damit, bald alle Einfuhren aus China im Wert von mehr als 500 Milliarden US-Dollar mit solchen 25-prozentigen Zöllen zu überziehen.

China könnte mit Vergeltung reagieren. Solche „Gegenzölle“ würden dann auch deutsche Autobauer wie BMW und Mercedes treffen. In der kommenden Woche könnte Trump zudem über zusätzliche Zölle für europäische Autos befinden.

Schlechtere Aussichten sieht die Kommission nun vor allem in Deutschland, der größten Volkswirtschaft der Eurozone. 2019 soll das Wirtschaftswachstum bei 0,5 Prozent liegen - zuvor war sie noch von 1,1 Prozent ausgegangen. Grund seien vor allem Schwächen in der Autobranche, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.

Die Weltwirtschaft hat sich zuletzt bereits abgekühlt, dies belastet auch die exportabhängige deutsche Wirtschaft. Die Bundesregierung hatte ihre Konjunkturprognose ebenfalls auf 0,5 Prozent revidiert - von zuvor 1,0 Prozent. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für das laufende Jahr nur noch 0,8 Prozent für Deutschland.

Die deutsche Industrie schwächelte im ersten Quartal. In den ersten drei Monaten gingen die Aufträge um 4,1 Prozent zurück, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Die Automobilbranche erhielt 5,3 Prozent weniger Bestellungen, im Maschinenbau betrug der Rückgang 7,3 Prozent. Insgesamt spreche die Auftragslage dafür, dass die Industriekonjunktur in den kommenden Monaten gedämpft bleibe.

Das schwächste Wirtschaftswachstum in der Eurozone erwartet die EU-Kommission nun in Italien - 2019 soll es bei nur 0,1 Prozent liegen. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion verzeichnet zudem eine steigende Neuverschuldung. Im vergangenen Jahr hatten die Regierung aus Populisten und Rechten in Rom und die EU-Kommission ihren Streit über zusätzliche Haushaltsausgaben zunächst beigelegt. Im Juni könnte die Behörde nun jedoch einen Verstoß gegen europäische Schuldenregeln feststellen.

Innerhalb Europas sieht die Kommission noch eine Reihe positiver Entwicklungen. In der Eurozone ist die Arbeitslosigkeit so niedrig wie seit 2008 nicht mehr, im laufenden Jahr wird eine Quote von 7,7 Prozent erwartet. In einzelnen Staaten - etwa in Griechenland, Spanien und Italien - liegt sie allerdings noch stark darüber. Auch die Schuldenquote - das ist das Verhältnis der Gesamtverschuldung zur Wirtschaftskraft - sinkt und soll in der Eurozone 2019 bei 85,8 Prozent und 2020 bei 84,3 Prozent liegen. Überdurchschnittliches Wachstum wird in Irland und der Slowakei erwartet (je 3,8 Prozent).

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