Sieg der Mitte-Rechts-Allianz Gigantische Geldgeschenke und unfreiwillige Wahlhelfer

Giorgia Meloni, Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens). Quelle: dpa

Giorgia Meloni wird laut vorläufigem Wahlergebnis die erste Regierungschefin in Rom. Ihre Regierung wird Italien und vielleicht auch Europa verändern. Leider kaum zum Guten. Ein Kommentar.

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Es kam ja nicht überraschend. Seit Längerem sagten Meinungsforscher einen Sieg der Mitte-Rechts-Allianz in Italien voraus. Und die Mitte-Links-Parteien haben es ergeben hingenommen. Sechs kleine linke Parteien waren im aktuellen Parlament vertreten. Ein Schritt zur Allianz mit der großen sozialdemokratischen Führungsorganisation, dem Partito Democratico (PD), hätte genügt, um dessen Stimmenanteil um ein paar Prozent anzuheben. Aber die kleinen linken Parteiführer wollten sich dem großen linken Parteiführer nicht unterordnen – jetzt sind alle linken Männer klein.

Groß dagegen ist nun eine Frau: Giorgia Meloni, die erste Anführerin einer rechtsextremen Partei und die erste Regierungschefin in Italiens Geschichte. Ohne Vater, unter schwierigen Bedingungen im Zentrum Roms groß geworden, landet sie als 15-Jährige bei der Jugendorganisation des „Movimento Sociale Italiano“ (MSI), einer Partei, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Faschisten gegründet worden war. Weil die Gruppierung nie wirklich erfolgreich wurde, gründete Meloni mit ein paar Gleichgesinnten eine neue Partei, die – nach mehreren Namens-Änderungen – nun „Fratelli d´Italia“ (Brüder Italiens) heißt. In ihrem Logo züngelt eine grün-weiß-rote Flamme – aus dem Archivar der faschistischen Vorgänger-Parteien – über dem symbolisierten Sarg des Diktators Benito Mussolini.

Bei der letzten Wahl vor vier Jahren lag die Partei noch bei vier Prozent, jetzt sind es nach ersten Hochrechnungen des Senders La7 24,6 Prozent. Die rechte Allianz kommt demnach auf 42,2 Prozent der Stimmen im Senat. Was ist passiert?

Die Männer im Rechts-Club: Abgehängt

Abgehängt hat die 45-Jährige nicht nur die Linke, sondern auch die beiden Alpha-Männchen in ihrem Polit-Trio. Lega-Chef Matteo Salvini war lange Zeit der Anführer im rechten Spektrum, mit 34 Prozent bei den Europawahlen 2019. Mit nunmehr 8,5 Prozent erreicht er zwar Platz zwei der Rangordnung. Doch sein Stern ist gesunken, seit sein langjähriges Erfolgsthema – Schluss mit dem Migranten-Strom! – ins Abseits gerutscht ist und im Übrigen auch von Frau Meloni abgegrast wird.

Selbst der langjährige große Zampano in Italiens Politik, Silvio Berlusconi, landet mit 8,0 Prozent deutlich hinter der bislang unbedeutenden Frau. Doch Berlusconi, auch wenn er viermal Regierungschef und mithin die Nummer eins im Lande war, ist damit wohl zufrieden. In drei Tagen wird er 86 Jahre alt, ist einer der reichsten Italiener (7,7 Milliarden Dollar, sagt die „Forbes“-Liste) und will wohl nach all jenen schlimmen Geschichten in seiner Vita – von den Bunga-Bunga-Partys bis zu etlichen Verurteilungen vor Gericht – zum Ende seines prallen Lebens nur noch mit etwas grandios Positivem in Erinnerung bleiben: Mit einer Brücke zwischen Sizilien und dem italienischen Festland. Ein Bauwerk, von dem viele seit fast zweitausend Jahren träumten.



Er hat es 2011 schon einmal versucht, ohne Erfolg. Jetzt hätten ihm Meloni und Salvini die nötigen acht Milliarden Euro zugesagt, heißt es.

Gigantische Geldgeschenke...

Nur, ob das noch übrig bleibt, bei den gigantischen Summen die die neuen Machthaber in Rom im Wahlkampf versprochen haben, ist kaum vorstellbar. Monatlich 1000 Euro für die Armen soll es geben, Kosten: 30 Milliarden im Jahr, eine „Flat Tax“ für die Steuer, 58 Milliarden. Unberechenbar sind Verheißungen wie: Start-ups fördern, die Energiekosten der Familien abfedern, Geburten belohnen, Schulen, Gefängnisse und Krankenhäuser verbessern, Geld für Gesundheit, Frauen, Jugendliche, Tourismus, Kultur, Sport und Bauern ausgeben. Dazu will die neue Regierung einen „Steuerfrieden“ mit den Bürgern schließen: 500 Milliarden ausstehende Steuerforderungen sollen gegen einen kleinen prozentualen Teilbetrag – auf Raten, ohne Straf- oder Zinsaufschläge – aus der Welt geschafft werden.

...und unfreiwillige Wahlhelfer

Aber es waren nicht nur die Geschenkartikel, auch die unfreiwilligen Wahlhelfer und politischen Fehler der Konkurrenten haben ihren Teil zum Sieg der Rechts-Parteien beigetragen. Da kann sich Ursula von der Leyen geehrt einreihen. Während noch im Wahlkampf dies und jenes diskutiert, aber nichts beschlossen wird, droht die EU-Kommissionspräsidentin, „sollten EU-Richtlinien verletzt werden, habe Brüssel Werkzeuge“ dagegen. „Toll“, hat Lega-Boss Salvini gedacht und die Deutsche in Brüssel aufgefordert, sich ob der Unverschämtheit „zu entschuldigen oder zurückzutreten“. Und viele Italiener – wie viele weiß natürlich keiner – haben sich bei Salvini wohl dafür mit ihrer Stimme bedankt.

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Und Frau Meloni hat sich auch gefreut, lieferte von der Leyen doch einen neuen Beleg, dass „die in Brüssel“ sich hochmütig und ungefragt über alles stellen – und einen neuen Grund, sich gemeinsam mit den rechten Vox-Freunden in Spanien, mit Frankreichs Le-Pen-Anhängern, mit Freund Orbàn in Ungarn und – vielleicht ab jetzt auch intensiver – mit der deutschen AfD daran zu machen, das vermeintliche EU-Monstrum in Brüssel zur Strecke zu bringen.

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