USA und China „Der Handelskrieg kann in einen Rüstungswettlauf münden“

Quelle: Getty Images

Die USA und China ringen um die Führungsrolle in der Welt. Jetzt warnt der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Gabriel Felbermayr, vor den ökonomischen und geopolitischen Folgen dieses Machtkampfs.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Professor Felbermayr, hinter dem Handelskrieg zwischen den USA und China verbirgt sich der Kampf beider Länder um die politische und ökonomische Führungsrolle in der Welt. Können Zölle, Sanktionen und Belieferungsverbote, wie die USA sie einsetzen, Chinas Aufstieg stoppen?
Wenn die USA den Chinesen den Zugang zu den westlichen Märkten und zur westlichen Technologie versperren, ist China gezwungen, sich auf sich selbst zu beschränken, um wirtschaftlich vorwärts zu kommen. Statt wie bisher zu imitieren, muss China dann selbst Innovationen hervorbringen. Das ist nicht einfach. Technologische Aufholprozesse verlaufen einfacher und kostengünstiger, wenn ein Land in die internationale Wertschöpfungsketten eingebunden ist und mit anderen Ländern kooperiert. Wenn China in Zukunft mehr eigene Ressourcen in die Entwicklung neuer Produkte steckt, verlangsamt sich der Aufholprozess und er wird teurer. Die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten steigen. Langfristig könnte das die Stabilität des Regimes unterlaufen.

Heißt das, US-Präsident Donald Trump macht alles richtig, um Chinas Aufstieg auszubremsen?
Wenn Trump China auf Abstand halten will, dann ist seine Strategie zielführend. Die Situation erinnert an den Kalten Krieg zwischen Amerika und der Sowjetunion. Damals hatte die Sowjetunion technologisch lange Zeit mit dem Westen mithalten können. Aber die Ressourcen, die das erforderte, fehlten für den Konsum. Die wirtschaftliche Basis des Sowjetreichs war zu schwach, am Ende kollabierte das System.

China ist ökonomisch potenter als die damalige Sowjetunion.
Richtig, aber die USA haben einen Riesenvorteil. Amerika ist seit Jahrzehnten in die wichtigen Forschungsnetzwerke und die Arbeitsteilung mit anderen technologisch führenden Regionen der Welt wie Europa, Japan und Südkorea eingebunden. Die Größenvorteile und technologischen Impulse, die Amerika dadurch erhält, kann China allein nicht erreichen. Dafür müssen die USA aber mit ihren Partnern auch weiter kooperieren. Die Frage ist, ob Donald Trump dies klar ist.

Gabriel Felbermayr Quelle: dpa

Die Falken in den USA wollen China am liebsten komplett von der Arbeitsteilung mit dem Westen abschneiden…
…was nicht nur China, sondern auch dem Westen großen Schaden zufügen würde. Je stärker die Arbeitsteilung zurückgedrängt wird, desto größer ist die Gefahr, dass sowohl in China als auch im Westen Arbeitskräfte und Kapital in Bereiche gelenkt werden, in denen die Länder keine komparativen Vorteile haben. Wenn Trump China langfristig auf Abstand halten will, muss er den Chinesen zudem den Besuch der Eliteunis in den USA verbieten, wo chinesische Studenten viel Know-how erwerben. Die Unis erlitten dadurch große finanzielle Schäden. Denn die Chinesen finanzieren mit ihren hohen Studiengebühren einen großen Teil der amerikanischen Eliteunis.

China könnte eigene Wertschöpfungsketten in Asien aufbauen als Ersatz für die Arbeitsteilung mit dem Westen.
Das wird Peking vermutlich versuchen. Das Problem ist jedoch, dass die meisten Länder Asiens nicht genug entwickelt sind, als dass sie einen technologischen Ersatz für den Westen böten. Länder wie Thailand, Malaysia und Pakistan sind attraktive Absatzmärkte, aber keine technologischen Impulsgeber.

Welche Rolle spielt Europa in dem Konflikt?
Europas Vorteil ist, dass es über eine ähnliche Marktgröße wie China und die USA verfügt. Daher kann die EU auf Augenhöhe mit beiden Ländern verhandeln und Äquidistanz wahren. Das ist ein Drahtseilakt, der auch Gefahren birgt. Ökonomisch ist es die bessere Option, wenn sich Europa nicht auf eine Seite schlägt und die andere verprellt.

Mündet der Handelskrieg in ein militärisches Wettrüsten?  
Wenn es den USA gelingt, die Arbeitsteilung mit China zurückzudrängen und das Land zu isolieren, wächst die Gefahr, dass Peking seine militärischen Ambitionen in Asien vorantreibt, um einen eigenen Hegemonialbereich zu schaffen. Die USA werden dem nicht tatenlos zusehen und deshalb ihre eigene militärische Präsenz in der Region ausbauen. Insofern kann der Handelskrieg in einen Rüstungswettlauf münden.   

Wer wird den Wettlauf gewinnen?
Die Frage, wer am Ende einen solchen geostrategischen Konkurrenzkampf gewinnt, entscheidet sich nicht heute oder morgen. Das ist ein Prozess von mehreren Jahrzehnten. Mein Eindruck ist, dass das innovativere System die besseren Karten hat. Nach aktuellem Stand der Dinge sind das die USA. Amerika ist in der besseren Ausgangsposition. Aber China wird sich wandeln und anpassen. Deshalb muss die Frage vorerst offenbleiben, wer im Wettbewerb der Systeme langfristig obsiegt.

Der Konflikt zwischen den USA und China dauert also über die Präsidentschaft von Trump hinaus an?
Die geostrategische Einhegung Chinas fand schon unter Barack Obama statt. Allerdings ging Obama subtiler und diplomatischer vor als Trump. Obama setzte auf die demografische Karte. Chinas Bevölkerung altert rasch. Das bremst das Wachstum. Die OECD erwartet, dass der relative Aufholprozess Chinas in den 2040er Jahren zu Ende geht und Chinas Anteil an der Weltproduktion dann nicht mehr steigt. Trump ist da offenbar skeptischer. Darum hat er den Handelskonflikt vom Zaun gebrochen, um China wirtschaftlich einzuhegen. Weil es in den USA eine parteiübergreifende Anti-China-Koalition gibt, wird die Rivalität zwischen beiden Mächten andauern und die nächsten Dekaden prägen.

Die Globalisierung hat die Inflation bisher in Schach gehalten. Kommt mit der De-Globalisierung die Inflation zurück?
Das ist nicht auszuschließen. Der Abwärtsdruck auf Löhne und Preise durch Billigprodukte und Arbeitskräfte aus China lässt nach. Allerdings gibt es zwei Faktoren, die der Rückkehr der Inflation entgegenwirken. Zum einen dürften die Industrieländer aufgrund der Arbeitskräfteknappheit verstärkt Arbeitskräfte aus Schwellenländern anwerben, was den Aufwärtsdruck auf die Löhne verringert. Zum anderen könnte die Kapitalintensität der Produktion infolge der Automatisierung zunehmen. Die Wertschöpfung findet dann wieder in der Heimat statt. Doch statt teurer Arbeitskräfte setzen die Unternehmen hierzulande dann Roboter, künstliche Intelligenz und 3-D-Drucker ein. Das hält die Preise niedrig. Insgesamt lässt sich derzeit noch nicht beurteilen, ob mit der De-Globalisierung die Inflation zurückkommt.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%