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Künstliche Intelligenz„Ich sehe eine Aufbruchsstimmung bei KI in Deutschland“

Agnes Heftberger, Chefin von Microsoft Deutschland, fordert die schnelle Nutzung von KI – dann habe die Technologie einen großen wirtschaftlichen Hebel.Michael Kroker 06.04.2025 - 13:46 Uhr
Agnes Heftberger übernahm im April 2024 den Vorsitz der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland Foto: PR

WirtschaftsWoche: Frau Heftberger, Sie sind seit rund einem Jahr Geschäftsführerin von Microsoft Deutschland. Wie blicken Sie als Österreicherin auf den hiesigen Standort und die aktuellen Diskussionen um Bürokratie und wirtschaftliche Stagnation?
Agnes Heftberger: Wir sehen am Standort Deutschland sehr großes Potenzial – das sieht man ja nicht zuletzt auch in unserer Ankündigung, hierzulande rund 3,2 Milliarden Euro in Rechenzentrumskapazitäten zu investieren. Vielleicht ist die Sicht von Microsoft daher eine positivere, als wenn Sie sich anderswo in Deutschland umhören. Vor allem künstliche Intelligenz sehen wir als eine enorme Chance für Deutschland und für die deutsche Industrie.

Für künstliche Intelligenz (KI) benötigen Sie Rechenzentren vor Ort als Infrastruktur. Gleichzeitig hat Deutschland enorm hohe Energiepreise. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?
Zum einen haben wir uns für Nordrhein-Westfalen als Standort entscheiden, weil es dort sehr gute Rahmenbedingungen mit gutem Zugang zu erneuerbaren Energien gibt. Microsoft hat ja angekündigt, global alle Rechenzentren mit grüner, also erneuerbarer Energie zu betreiben. Außerdem basieren die Rechenzentren, die jetzt in Deutschland entstehen, auf dem allerneusten Rechenzentrumsdesign. Das bedeutet beispielsweise, dass wir gar keine zusätzliche Wasserzufuhr benötigen, sondern die Rechner in einem geschlossenen Wasserkreislauf kühlen. Dies zeigt, dass man über technologische Innovationen auch beim Bau und Betrieb von Rechenzentren noch eine Menge Verbesserungspotenzial hat.

Microsoft engagiert sich auch stark im Cloud-Markt und liefert unter anderem die Technologie für Delos, eine souveräne Cloud für den öffentlichen Dienst. Gerade bei Cloud in der Verwaltung und Behörden liegt Deutschland aber noch weit zurück...
Delos ist eine 100-prozentige Tochter von SAP, Arvato übernimmt den Betrieb – und Microsoft liefert die Technologie. Wir hätten dies vermutlich nicht gemacht, wenn wir hier kein Geschäftspotenzial sähen. Zudem erfüllt Delos die Cloud-Plattform-Anforderungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) – wenn ich das richtig sehe, als derzeit einziger Anbieter.

Zur Person
Agnes Heftberger

Microsoft hat vor einigen Jahren schon ein ähnliches Angebot an den Start gebracht, die sogenannte Deutschland Cloud, die von der Deutschen Telekom betrieben wurde. Das Angebot war teurer und durch die Abschottung vom weltweiten Microsoft-Netzwerk auch limitiert – und ist 2018 eingestellt worden. Was überzeugt Sie denn, dass dieser Anlauf funktioniert?
Die Fokussierung auf die Vorgaben des BSI und damit auch auf die Anforderungen der Bundesregierung unterscheidet dieses Angebot von früheren Versuchen. Wir stehen im täglichen Austausch mit Delos, und Delos wiederum mit den Behörden – da gibt es sehr viel Kooperation und Austausch zwischen allen Seiten. Daher gibt es für mich keinen Grund, in irgendeiner Form nicht zuversichtlich zu sein.

Und wie schnell werden Behörden in Deutschland, die ja nicht gerade als technologieaffin gelten, auf den Cloud-Zug aufspringen?
Ich glaube, dass Delos einen positiven Impuls für die deutsche Verwaltung und für die deutsche Behördenlandschaft geben wird. Ende dieses Jahres oder Anfang kommenden Jahres können diese dann tatsächlich auch auf die neue Plattform umsteigen – das ist keine große Zeitspanne mehr. Und dann wird man hier auch schnell Veränderungen sehen.

Es gibt deutsche Wettbewerber, die Delos wegen der Nutzung der Microsoft-Technologie kritisieren und meinen, dieses Angebot sei nicht wirklich souverän, weil es wegen des Cloud Acts in den USA dort immer noch einen Generalschlüssel gebe, der nicht ausgeliefert werde. Was antworten sie auf solche Vorwürfe?
Jeder von uns kann die eigene Technologie am besten beurteilen, das gilt auch für Microsoft. Wir wissen also sehr genau, was wir an technologischen Fähigkeiten liefern werden und dass eben auch der Schlüssel bei Delos und nicht bei Microsoft liegt. Diese einfache und klare Positionierung kann ich auch deshalb einnehmen, weil es sich hier um eine neutrale Anforderung handelt, die das BSI definiert hat und die wir erfüllen müssen. Die Technologie, die Microsoft an Delos liefert, erfüllt 100 Prozent dieser Anforderungen.

Microsoft ist einer der weltweiten Antreiber der Verbreitung von KI, etwa mit seinem Copilot in Office und anderen Produkten. Wie bewerten Sie als wichtige Landesgesellschaft den AI Act der EU als Regulierung von künstlicher Intelligenz? Behindert diese die Ausbreitung nicht zu sehr?
Der AI Act ist die erste umfassende KI-Regulierung weltweit, das haben wir mit Experten in Brüssel viele Jahre lang begleitet. Jetzt besteht unsere Aufgabe und unser Fokus darin, Unternehmen in Deutschland und Europa dabei zu unterstützen, die Vorgaben des AI Acts rechtlich verbindlich umzusetzen und bei der Einführung und Verwendung von Microsoft-Produkten sicherzustellen, dass diese den Anforderungen der KI-Richtlinie vollumfänglich entsprechen.

Schneller schlau: AI Act
„AI Act“: Der EU-Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz

Als Beobachter fragt man sich aber manchmal, ob es sinnvoll ist, dass die EU bei Themen wie KI ein umfangreiches Regelwerk vorlegt, bevor es überhaupt eine nennenswerte Zahl von Start-ups und sonstigen Aktivitäten gibt. Das handhaben andere Regionen wie die USA deutlich offener. Wie bewerten Sie den hiesigen Weg?
Hier gibt es meines Erachtens zwei Perspektiven. Zum einen – und das halte ich für sehr fundamental: Vertrauen in Technologien wie KI ist enorm wichtig – und davon leitet sich auch Verantwortung für uns als Anbieter ab, der so eine Technologie herstellt und verkauft. Nur wenn man hier gewisse Regeln von Anfang an mitdenkt, kann es eine breite Akzeptanz von künstlicher Intelligenz geben. Zum anderen können auch Start-ups in Deutschland jetzt beweisen, dass man starke KI-Produkte auf Basis unserer Technologie entwickeln kann, die sehr stark KI nutzen. Hier gibt es bereits zahlreiche Beispiele – daher sehe ich bei KI tatsächlich eine Art Aufbruchsstimmung – wir müssen nur noch mehr Breite hineinbekommen. Laut einer Bitkom-Studie verwenden erst knapp die Hälfte der deutschen Unternehmen KI. Ist das ausreichend? Nein. Ist es daher eine schlechte Zeit? Nein, ist es eben auch nicht – wir sehen hier also ein gemischtes Bild.

Und wie würden Sie die KI-Nutzung in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern bewerten?
Auch hier sehen wir ein gemischtes Bild. In vielen Ländern wie etwa den USA oder China wurden sehr große Investitionen in KI angekündigt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass wir uns nicht nur auf eine Position reduzieren, in der wir so etwas wie der KI-Forschungsweltmeister bleiben. Vielmehr müssen wir anstreben, Anwendungsweltmeister zu werden. Ich glaube, dass das möglich ist, denn künstliche Intelligenz ist eine ähnliche Querschnittstechnologie wie andere, die wir in Deutschland erfolgreich umgesetzt haben – denken Sie etwa an Buchdruck, Elektrizität oder die Dampfmaschinen, die alle jeweils industrielle und gesellschaftliche Revolutionen ausgelöst haben. Im Rückblick ist die Wertschöpfung nicht dort am stärksten gestiegen, wo eine Technologie erfunden wurde – sondern dort, wo sie möglichst schnell in die Anwendung gekommen ist.

Heißt das nicht, dass Deutschland und die EU ähnlich wie die USA mehr Geld in die Hand nehmen müssten, um hier eine höhere Geschwindigkeit auf die Straße zu bekommen?
Ich könnte mir vorstellen, dass wir auf diesem Gebiet in den nächsten Monaten auch einiges an Bewegung in Deutschland sehen werden. Zugleich muss sich jedes Unternehmen selbst auf den Weg machen – da hilft es auch nicht, wenn nur die öffentliche Hand investiert. Nur wenn KI als Anwendung in die wirtschaftliche Breite geht, wird sie auch einen großen Hebel für Deutschland ausmachen.

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