Innovationspreis Die spannendsten Innovationen des Jahres geehrt

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Preisträger Startup: Seefront

Christoph Großmann, Chef des Startups Seefront Quelle: Christian O. Bruch für WirtschaftsWoche

Seefront bringt 3-D-Bilder und Videos höchster Qualität auf fast jedes beliebige Display. Sie lassen sich ohne Stereobrille ansehen.

War es die großartige Aussicht aufs Meer, die seinen Geistesblitz auslöste? Oder die Ruhe, mit der er im Liegestuhl seinen Gedanken nachhing?

Christoph Großmann kann sich nicht mehr erinnern. Wohl aber daran, dass es im Strandurlaub geschah. Gewiss ist auch: Die Eingebung hat sein Leben verändert – und beschert Computernutzern eine neue Sicht auf die Welt.

„Jahrelang habe ich überlegt, wie sich Monitore bauen lassen, auf denen man 3-D-Bilder und -Videos in hoher Quali- tät ansehen kann, ohne eine lästige Stereobrille tragen zu müssen“, sagt der Chef des Hamburger Unternehmens Seefront. Am Strand kam ihm Mitte der Neunzigerjahre die Eingebung. Großmann eilte aufs Zimmer und hielt sie auf Hotelbriefpapier fest.

Dennoch verging mehr als ein Jahrzehnt bis zur Realisierung. Der heute 59-jährige Architekt war einfach zu sehr mit dem Bau zahlreicher Bürogebäude in Hamburg beschäftigt. Für die Weiterentwicklung seiner Idee blieb wenig Zeit. Das änderte sich erst, als er 2006 aus dem alten Job ausstieg und Seefront gründete, um die 3-D-Technik marktreif zu machen.

Bis zu 30 Zoll

Das ist ihm nach Ansicht der Juroren des Deutschen Innovationspreises vollauf gelungen. Sie wählten die sechs Köpfe starke Seefront-Truppe mit ihren sogenannten Autostereoskopie-Displays zum diesjährigen Sieger in der Kategorie Startups. „Auf 3-D-Bildschirmen, wie wir sie kennen, können sich Nutzer Videos und Bilder hoher Qualität nur mit lästigen Spezialbrillen ansehen“, sagt Klaus Engel, Vorstandschef des Technologiekonzerns Evonik und Co-Juror des Innovationspreises. „Auf diese entscheidende Schwäche hat Seefront eine überzeugende Antwort gefunden.“

Immerhin funktioniert die Technik mit Displays beliebiger Auflösung bis zu etwa 30 Zoll Diagonale.

Mehr noch: Monitore können sogar nachgerüstet werden. Und sie liefern selbst dann durchgehend scharfe, farbgetreue und lichtstarke Bilder, wenn sich der Betrachter vor dem Monitor bewegt. Ein großer Vorteil gegenüber anderen brillenlosen 3-D-Techniken, wie sie etwa die Spielekonsole Nintendo 3DS oder 3-D-Smartphones besitzen. Dort sieht der Betrachter räumliche Bilder nur, wenn er starr darauf blickt.

Bei Großmanns Lösung hingegen verfolgt eine sogenannte Eye-Tracker-Kamera die Bewegungen. „Basierend darauf optimiert das System die Bildwiedergabe in Echtzeit, sodass beide Augen auch ohne Brille immer das für den 3-D-Eindruck richtige Bild sehen“, erläutert der Seefront-Chef.

Drei Dimensionen im Auto

Allerdings kann seine Technik nur einen Betrachter erfassen. Sie ist nicht dafür ausgelegt, dass etwa ganze Familien Fußballspiele in 3-D vor dem Fernseher verfolgen können. Seefront konzentriert sich auf Anwendungen mit einem Betrachter.

So hat das Unternehmen für Armaturenbretter des Autokonzerns Daimler ein Spezialdisplay entwickelt, das Fahrzeug- und Verkehrsinformationen dreidimensional abbildet. Sie sind auf diese Weise für den Fahrer leichter zu erfassen.

Das ist jedoch nur eine von vielen Optionen: „Die Möglichkeit, Displays unterschiedlichster Größe nachzurüsten, öffnet eine Vielzahl von Einsatzgebieten“, urteilt Evonik-Chef Engel.

Ein Beispiel ist ein Aufsatz für Sonys Vaio-Notebook, der 3-D-Bildern Tiefe und Weite verleiht. Dafür hat der japanische Elektronikkonzern die Seefront-Technik lizenziert.

Dank solcher Aufträge wächst das Unternehmen seit der Gründung kontinuierlich und profitabel. Jetzt setzt Großmann zum nächsten Sprung an: Noch in diesem Jahr will der Unternehmer mit einem Hardwarepartner erstmals Displays unter eigener Marke fertigen und so kommendes Jahr eine Million Euro umsetzen. Die Mitarbeiterzahl soll sich bis 2015 gut verdreifachen.

Was der Ex-Architekt für den Ausbau seines Unternehmens jetzt noch sucht, ist „ein kapitalstarker Investor“, sagt Großmann. Der Deutsche Innovationspreis wird ihm dabei sicher helfen.

Nur die Zeit, die ihm in Zukunft bleibt, um am Strand über neue Technologien zu sinnieren, dürfte dann knapper werden.

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