„Sicher nicht aus reiner Liebe zum Automobilbau“, bewertet Peter Fintl, Automobilexperte der französischen Innovationsberatung Altran, Apples Ambitionen. „Apple hat viel Geld mit Produkten wie dem iPod oder dem iPhone gemacht. Im Smartphonebereich habe Apple 90 Prozent der Profite abgegriffen, schätzt auch Wolfgang Bernhart, Partner im Automobilkompetenzzentrum bei der Beratung Roland Berger. Viel mehr sei nicht zu holen.
Sein Portfolio will Apple daher nun um smarte Dienste im Mobilitätssektor erweitern. Ende August lag der Börsenwert des Unternehmens bei 480 Milliarden Euro – das entspricht dem geschätzten Wert aller deutschen und US-amerikanischen Fahrzeughersteller zusammen. „Um diese Bewertung zu rechtfertigen, muss Apple weiter so stark wachsen“, sagt Bernhart.
In der Autobranche wittern die Kalifornier fette Beute. Zu Recht. Automobiler Transport und Mobilität machen mit etwa zehn Billionen Dollar etwa 15 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes aus. Der Umsatz der Hersteller aus Fahrzeugproduktion und Verkauf beträgt weltweit fast zwei Billionen Dollar jährlich – bei einem Rekordgewinn von etwa 180 Milliarden Dollar im Jahr 2014.
Wie gut Autokonzerne auf Angriffe von Apple & Co. vorbereitet sind
Vernetzung
Gutes Angebot mit Connected Drive, DriveNow-Carsharing, Kooperation mit chinesischer Suchmaschine Baidu
Elektromobilität
Innovatives Angebot mit eigener Elektro-Modelllinie i3, i8
Autonomes Fahren
Testmodelle für autonomes Fahren, erste Features ab 2016 in der nächsten 7er-Reihe
Fazit
Viel Erfahrung mit E-Mobilen, Kooperation mit Toyota, wenig Chancen für Apple und Google
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Umfangreiches Angebot mit Comand-System, Car2Go -Carsharing per Smartphone
Elektromobilität
Lange Erfahrung mit Elektromobilität (vollelektrisch, Plug-in-Hybride, Brennstoffzelle); Kooperation mit Tesla
Autonomes Fahren
S-Klasse und C-Klasse bereits in Serie teilautonom unterwegs; autonome Trucks
Fazit
In allen Bereichen sehr gut aufgestellt; Kooperation mit Apple oder Google allenfalls punktuell
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Blue&Me-Entertainment (mit Microsoft entwickelt), Carsharing-Dienst Enjoy in Mailand und Rom
Elektromobilität
Sehr überschaubares Angebot: ein E-Modell (Fiat 500e); Jeep stellt Hybridmodelle in Aussicht
Autonomes Fahren
Keine konkrete Ankündigung
Fazit
Finanziell angespannte Lage, könnte bei E-Mobilität, Vernetzung und autonomem Fahren starke Partner brauchen
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes Angebot mit Ford Sync-System (mit Microsoft entwickelt); stark in den USA, in Europa im Aufbau
Elektromobilität
Überschaubares Angebot: Focus Electric Drive; C-Max Plug-in-Hybrid, Mondeo Hybrid
Autonomes Fahren
Bremsassistent im Test, Parkassistent im Focus; neues Forschungszentrum im Silicon Valley
Fazit
Aktuell noch Schwächen beim autonomen Fahren, aber starke Investitionen in das Thema, Partner sind denkbar
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes Angebot mit GM On Star Infotainment
Elektromobilität
Geringes Angebot: ein Hybrid (Chevrolet Volt), ein Elektro-Auto angekündigt (Bolt)
Autonomes Fahren
Pläne für teilautonome Fahrzeuge bis 2017
Fazit
Wenig eigene Lösungen; Google oder Apple könnten zum Mitmachen verführen
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes bis ausreichendes Angebot, Kooperation mit chinesischem Suchmaschinenanbieter Baidu
Elektromobilität
Ein Elektroauto (Kia Soul); Vorsprung bei Brennstoffzelle mit Hyundai iX 35
Autonomes Fahren
Arbeitet am teilautonomen Fahren für Autobahnen und Parkassistenz; keine Serienreife
Fazit
Stark bei neuen Antriebstechnologien, schwach bei autonomem Fahren, Aufholbedarf bei Vernetzung
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes bis gutes Angebot mit Peugeot Connect, Carsharing Mu
Elektromobilität
Überschaubares Angebot: zwei Elektroautos Peugeot iOn, Citroën C-Zero, eine Plug-in-Studie Quartz
Autonomes Fahren
Noch im Forschungsstadium
Fazit
Finanziell angespannte Situation, wenig eigene Lösungen. PSA könnte starken Partner wie Google und Apple brauchen
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes Angebot mit Nissan connect und Renault My Z.E. connect
Elektromobilität
Breites Angebot beider Marken an Elektroautos, Nissan Leaf ist meistverkauftes E-Auto weltweit
Autonomes Fahren
2020 will Nissan erschwingliche autonomfahrende Autos auf den Markt bringen
Fazit
Renault/Nissan sind bei der Elektromobilität mit vorne, Nissan setzt auf autonomes Fahren, Vernetzung ausbaufähig
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes Angebot mit T-connect, Testlauf zu Vernetzung mit Elektrovehikeln in Grenoble
Elektromobilität
Hybridpionier; sehr viel Erfahrung mit Batterie-und Brennstoffzellenfahrzeugen (Mirai 2015 in Serie)
Autonomes Fahren
Testautos; bis 2017 bei Nobeltochter Lexus Autobahn- und Sicherheitsassistenten
Fazit
Stark bei Antrieben, schwach bei Konnektivität, Mittelmaß beim autonomen Fahren – Google könnte Druck machen
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Wachsendes Angebot etwa durch CarNet und Audiconnect; Übernahme der Blackberry-Forschung in Bochum
Elektromobilität
Wachsendes Angebot an Plug-in-Hybriden und E-Modellen bei VW, Audi, Porsche; keine Brennstoffzellen in Serie
Autonomes Fahren
900 km Testfahrt im selbstfahrenden Audi A7, 2016 sollen A7, Q7 teilautonom fahren können; autonomes Parken
Fazit
Volkswagen-Konzern beherrscht Elektromobilität und Connectivity, Umsetzung neuer Technologie in Serie dauert
Quelle: eigene Recherche, Statista
Würde Apple nur zehn Prozent des auf 500 Milliarden Dollar geschätzten US-Automarktes erreichen, könnte das den Absatz des Konzerns nennenswert beeinflussen, rechnet Gene Munster vor, Analyst der Investmentbank Piper Jaffray.
„Apple kann in zwei Jahren eigenes Auto entwickeln“
Für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und Gründer von Tesla Motors, Martin Eberhard, "ist es ziemlich offensichtlich, dass Apple an einem Auto arbeitet."
Die Umsetzung sei kein großes Problem. Kaum ein Autohersteller fertige heute ein neues Modell allein. Zulieferfirmen wie Bosch, Continental oder Magna könnten das iCar unter der Leitung der Apple-Projektleiter bauen, meint der Altran-Experte Fintl. Nur um Design und Unterhaltungselektronik würde sich das Unternehmen vermutlich selbst kümmern.
Für Fintl ist es ebenfalls „absolut realistisch“, dass Apple schon in vier Jahren mit einem Auto auf dem Markt erscheint. „Mit dem passenden Partnernetzwerk aus Automobil- oder Zuliefererunternehmen kann man problemlos in zwei bis drei Jahren ein eigenes Auto entwickeln.“
Doch warum sollte Apple überhaupt ein Auto bauen? Das Unternehmen könnte sich darauf beschränken, Fahrzeuge mit seinen Diensten wie der Kartenanwendung Apple Maps oder der Spracherkennung Siri auszurüsten.
Schließlich beansprucht auch ein Firmengigant wie Google nicht für sich, Automobilhersteller zu werden.
Apple hingegen scheint mehr zu wollen. Neben den Daten und der Herrschaft über die Benutzeroberfläche soll ein weiteres mobiles Endgerät entstehen, das sich in sein Ökosystem aus Hardware und Dienstleistungen fügt. Langfristig will das Unternehmen autonom fahrende Stromer in Großstädten mit Carsharing verbinden und Mobilität effizienter und nutzerfreundlicher machen, schätzen Branchenexperten. Ein smartes Auto für die smarte Stadt.