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Begehrte RohstoffeE-Motoren-Entwickler finden Alternativen zu Chinas seltenen Erden

Mit dem Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen, wächst auch die Abhängigkeit von Rohstoffen aus China. Entwickler arbeiten darum längst an Alternativen. 14.11.2023 - 10:16 Uhr

Für Elektromotoren werden bislang noch seltene Erden gebraucht.

Foto: Handelsblatt

Leistungsfähige Elektroautos ohne superstarke Magnete aus China - die Autobranche kommt bei der Suche nach Alternativen zu seltenen Erden voran. Nicht zuletzt die chinesischen Exportrestriktionen für mehrere wichtige Rohstoffe bestärken Autobauer und Zulieferer darin, neue Technologien zu entwickeln, um ohne diese auszukommen. Otmar Scharrer, Technikvorstand beim Zulieferer ZF spricht von einem Technologiesprung, den die Branche derzeit macht. „Es ist ein wichtiger Beitrag, uns ein Stück weit unabhängiger von China zu machen.“

ZF hat einen Motor entwickelt, der statt der Magnete aus Neodym und anderen seltenen Erden Elektromagnete enthält - und ist nicht das einzige Unternehmen, das seine Anstrengungen in dieser Richtung verstärkt hat. Magnete werden in Elektromotoren gebraucht, um elektrische Energie in mechanische Leistung umzuwandeln. Elektromotoren bestehen im Grundsatz aus zwei Magneten, die sich gegenseitig anziehen und abstoßen und so Kraft entwickeln. Magnete aus seltenen Erden sind von selbst, also permanent magnetisch. Elektromagnete entwickeln dagegen ihre Kraft erst, wenn Strom durch eine Kupferspule fließt und so ein Magnetfeld entsteht. Diese Technik wird fremderregt genannt.

In den vergangenen Jahren hätten nur BMW und Renault fremderregte Systeme genutzt, sagt Scharrer. Doch in den kommenden Monaten und Jahren dürften weitere Hersteller dazukommen. Noch nicht bekannt war bislang, dass auch Autobauer wie General Motors oder Jaguar Land Rover (JLR) und Zulieferer wie BorgWarner an der Technik arbeiten; andere wie Nissan gehen weiter als bislang bekannt.

China dominiert den Markt für seltene Erden – auch wenn Metalle wie Neodym oder Dysprosium, die für besonders starke Permanentmagnete benötigt werden, auch in anderen Ländern vorkommen. Doch die europäischen Vorkommen sind vergleichsweise klein - und bis die geplante Förderung in einer neuen Mine in Skandinavien startet, dürfte es noch bis weit in das kommende Jahrzehnt dauern. Das liegt auch an den strengen Sicherheitsstandards, die in Europa gelten. Bei der Förderung trete häufig radioaktives Material zutage, sagt McKinsey-Partner Patrick Schaufuss. Zudem müssen die Metalle weiterverarbeitet werden, bevor sie zu Magneten werden - und hier hat China ebenfalls eine Vormachtstellung.

BMW will auf seltene Erden verzichten

Die Alternative für die Autobranche ist unter anderem der Einsatz von Elektromagneten. BMW habe 2016 beschlossen, ohne seltene Erden auszukommen, sagt Uwe Deuke, Projektleiter in der Elektromotoren-Entwicklung. Einfach sei das nicht gewesen: „Es war ein gewisser Kampf gegen Vorurteile.“

Elektromotoren mit Permanentmagneten gelten als besonders leistungsstark, vor allem beim Anfahren. Doch Elektromagnete ließen sich gezielter steuern, erläutert Deuke. „Eine stromerregte Maschine hat keine Nachteile in der Leistungscharakteristik. Im Gegenteil, denn sie kann ihre Spitzenleistung bis zur Höchstdrehzahl konstant abgeben. Das können permanent erregte Maschinen nicht.“

>> Lesen Sie außerdem: Mercedeswill Zulieferer bei Elektromotoren ausstechen – doch die geben sich nicht geschlagen

ZF-Ingenieur Scharrer verweist darauf, dass sein Unternehmen das Problem des größeren Bauraums gelöst habe - immerhin müssen für einen Elektromagnet Kupferdrähte gewickelt und Stromanschlüsse gelegt werden, was bei einem Permanentmagnet entfällt. Das Unternehmen verhandle mit Kunden in den USA, Europa und China und könnte seinen Motor binnen zwei Jahren in ein Serienmodell bringen, fügt er an.

Wer Rohstoffe spart, der spart auch Kosten

Dazu kommen Kostenvorteile. In einem durchschnittlichen permanent erregten Elektromotor sind rund 600 Gramm Neodym enthalten. Die Preise dafür haben zuletzt stark geschwankt - derzeit kostet ein Kilo ungefähr 125 Dollar, das ist deutlich weniger als die 223 Dollar vor einem Jahr, aber fast doppelt so viel wie noch 2020. Vitesco-Ingenieur Gerd Rösel sagt, mit stromerregten Maschinen entkomme man derartigen Preisausschlägen. Der Regensburger Antriebsspezialist hat unter anderem einen Motor für den Renault Zoe geliefert, der ohne Permanentmagnete auskommt. Das Unternehmen arbeitet nun an einer neuen Motorengeneration.

Andere Unternehmen wie das Startup Niron Magnetics setzen auf Permanentmagnete, die ohne seltene Erden auskommen, wie Eisennitrid-Magnete. Tesla hatte zuletzt angekündigt, in seiner nächsten Fahrzeuggeneration permanenterregte Motoren ohne seltene Erden zu verwenden - dafür sind aber neue Materialien nötig. Diese Ankündigung habe den Kunden die Augen geöffnet und gezeigt, dass man auch ohne seltene Erden auskomme, sagt Niron-Chef Jonathan Rowntree. Unter anderem Stellantis und GM beteiligten sich an der jüngsten Finanzierungsrunde des Unternehmens. Aus Neodym lassen sich besonders starke Magnete fertigen - das hat sie für die Autobranche interessant gemacht, weil sie weniger Platz benötigen als anderes Magnetmaterial.

James Edmondson, Analyst bei der Beratungsfirma IDTechEx, sagt, Autobauer hätten ihre Anstrengungen verstärkt, als die Preise für die seltenen Erden gestiegen seien. Inzwischen beobachteten viele die Lage genau um zu sehen, ob Regierungen den Einsatz der chinesischen Rohstoffe begrenzten - wie es in den USA mit dem Subventionspaket IRA der Fall sei. „Deswegen haben sie andere Technologien, die hinter der Bühne warten.“

Mehr: EU will per Gesetz Versorgung mit kritischen Rohstoffen sicherstellen

rtr
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