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50 Ideen für eine bessere WeltInnovationen für eine gesündere Welt

Sieben Milliarden Menschen leben auf der Erde. Mehr als eine Milliarde hungert, ebenso viele haben kein sauberes Trinkwasser. Und die Mehrheit ist medizinisch unterversorgt. Die Vereinten Nationen wollen das Elend beseitigen. Weltweit machen sich Initiativen daran, das Versprechen einzulösen – mit preisgünstigen Medikamenten für die Ärmsten oder Biolandbau in Städten.Susanne Kutter, Jürgen Rees, Dieter Dürand und Martin Roos 08.06.2012 - 06:00 Uhr

Christian Hiß glaubt, dass sich die Idee des biologischen Landbaus seiner Regionalwert AG auch auf andere Regionen übertragen lasse

Foto: Christian Schnur für WirtschaftsWoche

Bürger sponsern Biobauern

Höfesterben ist etwas, das Christian Hiß aus nächster Nähe kennt: Der 51-jährige Gründer der Freiburger Regionalwert AG stammt von einem Bauernhof am Fuße des Kaiserstuhls, wurde Gärtner und gründete mit 21 Jahren seinen eigenen biologischen Gemüseanbaubetrieb. Den wollte er eines Tages erweitern. Er ging zur Bank, um sich Geld zu leihen. Doch dort wies man ihn ab: Die Zeit der kleinen Höfe sei vorbei, das sei nicht lukrativ. Geld bekam er keines. Rundherum sah er, wie schwer Bauern sich taten, Finanzmittel für Traktoren oder Umbauten zu beschaffen oder gar auf eine umweltfreundliche, biologische Produktion umzustellen.

Laut Agrarbericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums machten in den vergangenen drei Jahren knapp 21 000 Landwirte ihren Hof dicht. Die Folgen findet Hiß fatal: Die überlebenden Großbetriebe setzen auf Hochleistungs-Monokulturen und industrielle Tiermast. Zwar fallen dadurch die Preise, doch zugleich häufen sich die Skandale.

Und so suchte Hiß nach einem Ausweg: 2006 gründete er die Regionalwert AG und sammelte seither fast zwei Millionen Euro von knapp 500 Aktionären ein. Die Investoren der Bürger-AG können Aktien im Wert von je 525 Euro kaufen. Die AG investiert das Geld anschließend in regionale Betriebe, um die Bioland-Kultur zu unterstützen. Macht sie eines Tages einen Gewinn, wird der ausgeschüttet. Bislang ist es aber noch nicht so weit. Und Hiß macht auch keine Angaben zu Höhe und Zeitpunkt. Die Rendite sei seinen Investoren ohnehin nicht das Wichtigste, glaubt Hiß. Eher, dass auch diejenigen die Ökobewegung unterstützen können, die nicht täglich auf einem Biohof oder im Bioladen einkaufen.

Gestapelte Gewächshäuser

Nahrungsmittel wie Kartoffeln oder Gurken könnten bald in städtischen Hochhäusern wachsen. Das würde Einsparungen an Kosten und Ressourcen wie Benzin und Strom bedeuten, die für den Transport von Lebensmitteln von den Feldern zum Konsumenten verbraucht werden.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Selbst anbauen auf Dachfarmen

Die US-Universität New Jersey führte ein Studie zu in Metropolen angebautem Gemüse durch. Das Ergebnis ist überraschend: Auch großer Stadtverkehr schadet den angebauten Lebensmitteln nicht. Die eigene Ernte sei sogar gesünder als Gemüse vom Land. Vorreiter für Dachfarmen gibt es bereits New York.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Fruchtbarer Ackerboden

In Städten gibt es viel ungenutzte Fläche. Dieser Platz kann neben Hausdächern als Anbaufläche für Nahrung genutzt werden, oder...

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Fischen in der Stadt

... für stadteigene Fischfarmen. Auch hier könnten Transportkosten- und Wege eingespart werden.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Hydroponische Gewächshäuser

Da Städte wenig Anbaufläche bieten, kann der Anbau von Lebensmitteln in der Stadt nur mit hydroponischen Gewächshäusern funktionieren. Dort besteht der Nährboden nicht aus herkömmlicher Erde, sonder aus einer recyclebaren, wässrigen Nährlösung, die sich in Töpfen befindet. Diese Töpfe können, wie vom amerikanischen Vorreiter-Unternehmen Valcent praktiziert, in einem Gebäude platzsparend gestapelt werden. Ein Rotationsmechanismus würde jedes Gemüse mit ausreichend Licht versorgen.

Um eine Millionenstadt zu versorgen, bräuchte man mindestens 7000 große Gewächshäuser.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Den Haupteffekt ihrer Anlage sähen viele darin, Biobauern Überleben und Auskommen zu sichern – und so die Qualität von Lebensmitteln zu erhalten. Die AG, deren geschäftsführender Vorstand Hiß ist, steckte das Kapital in 16 Betriebe rund um Freiburg. Darunter ist auch Hiß’ Gemüsehof, ein Obstgut, mehrere Biohöfe, ein Weingut, eine Bio-Catering-Firma, ein Naturkostgroßhandel und zwei Biomärkte. Außerdem kümmert sich die Regionalwert AG darum, dass die Landwirte vorzugsweise alte, regional typische, aber nahezu verschollene Obst- und Gemüsesorten anbauen. Das sei nicht nur ein Beitrag zur Biodiversität, sondern auch ein geschmacklicher Gewinn, sagt Hiß. Für sein Engagement wurde er mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt kürte ihn 2011 die Schwab-Stiftung des Wirtschaftsprofessors Klaus Schwab, dem Gründer des Weltwirtschaftsforums, zum Social Entrepreneur 2011.

Hiß glaubt, dass sich das Finanzierungsmodell und die Idee des biologischen Landbaus seiner Regionalwert AG auch auf andere Regionen übertragen lasse. Die AG gründete 2011 deshalb einen Dachverband und einen ersten Ableger in Bayern. In diesem Jahr sollen weitere Regionen Deutschlands folgen. Hiß sieht sein AG-Modell aber auch als Vorbild für weniger entwickelte Länder. Denn was hierzulande den Bioanbau so teuer mache – die viele Handarbeit –, sei dort kein Problem: „Dort fehlt es am Geld, nicht aber an Arbeitskräften.“

Weltweit leiden Milliarden Menschen an Wassermangel. Der Franzose François Jaquenoud hat ein Finanzierungskonzept ersonnen, mit dem sich wenig begüterte Dorfgemeinschaften eine fortschrittliche Reinigungstechnik leisten können, um anschließend das saubere Trinkwasser zu verkaufen

Foto: AP

Platz 10: N.Y.-Newark (USA)

Bereits 1960 lebten rund 14 Millionen Menschen im Großram New York- Newark. Laut Prognosen sollen es 2020 über 20 Millionen sein. Das würde einem Wachstum von 44 Prozent entsprechen. (Quelle: UN)

Foto: dapd

Platz 9: Tokio (Japan)

Um 122 Prozent soll Japans Hauptstadt zwischen den Jahren 1960 und 2020 wachsen. Schon 1960 lebten in Tokio 16,5 Millionen Menschen - 2020 sollen es aber fast 38 Millionen sein. Zwar reicht es mit dieser Wachstumsprognose nur für einen der hinteren Plätze - allerdings wäre Tokio mit dieser Bevölkerungszahl 2020 die weltweit größte Stadt!

Foto: Reuters

Platz 8: Shanghai (China)

Fast 20 Millionen Menschen sollen im Jahr 2020 in Shanghai leben - 1960 belief sich die Zahl der Einwohner noch auf 6 Millionen. Dieser Anstieg würde einem Wachstum von 180 Prozent entsprechen.

Foto: Reuters

Platz 7: Kalkutta (Indien)

Knapp 6 Millionen Menschen lebten im Jahre 1960 in Kalkutta. Die Zahl der Einwohner soll bis 2020 um 227 Prozent steigen - dann soll die Stadt laut Prognosen Platz für über 18 Millionen Menschen bieten.

Foto: Reuters

Platz 6: Mexiko-Stadt (Mexiko)

Ein Wachstum von 309 Prozent hat Mexiko-Stadt zu erwarten. 4,5 Millionen Menschen lebten hier 1960 - im Jahr 2020 sollen es bereits über 20 Millionen sein.

Foto: dapd

Platz 5: São Paulo (Brasilien)

Noch stärker fällt der Wachstum mit 445 Prozent in Brasiliens größter Stadt aus. 2020 sollen in São Paulo fast 22 Millionen Menschen Platz finden - 1960 belief sich die Zahl der Einwohner auf "nur" 4 Millionen.

Foto: Reuters

Platz 4: Mumbai (Indien)

Mit stolzen 484 Prozent Wachstum muss eine der wichtigsten Hafenstädte Indiens rechnen. Auch Mumbai fasste im Jahr 1960 nur knapp 4 Millionen Einwohner. Allerdings soll die Stadt 2020 fast 24 Millionen Menschen Platz zum Leben bieten.

Foto: dapd

Platz 3: Karatschi (Pakistan)

Ein Wachstum von 800 Prozent bedeutet für Pakistans ehemalige Hauptstadt den 3. Platz. Zwar bleibt die Stadt mit für das Jahr 2020 prognostizierten 16 Millionen Einwohnern hinter Mumbai oder Tokio zurück - allerdings lebten hier 1960 auch nur knapp 2 Millionen Menschen.

Foto: AP

Platz 2: Delhi (Indien)

Indiens Metropole hat sogar mit einem Wachstum von 1.052 Prozent zu rechnen. So lebten hier im Jahr 1960 nur 2,2 Millionen Menschen - im Jahr 2020 soll die Zahl der Einwohner jedoch 26 Millionen betragen.

Doch auch dieser riesige Wachstum reicht nicht für den ersten Platz...

Foto: dpa

Platz 1: Dhaka (Bangladesch)

Den ersten Platz sichert sich mit einem unglaublichen Wachstum von 3.585 Prozent Bangladeschs Hauptstadt. Die Bevölkerungszahl soll bis 2020 auf über 18 Millionen steigen - ein enormer Wachstum, bedenkt man, dass im Jahr 1960 weit weniger als eine Millionen Menschen hier lebten.

Foto: AP

Die Wasser-Spender

Weltweit hat eine Milliarde Menschen kein sauberes Trinkwasser. Ihnen will der ehemalige Unternehmensberater François Jaquenoud helfen. Der Franzose hat ein Finanzierungskonzept ersonnen, mit dem sich wenig begüterte Dorfgemeinschaften die gleiche Reinigungstechnik leisten können, mit der Wohlhabende ihre Gartenpools keimfrei halten. In Kambodscha unterstützt seine 2003 in Paris gegründete Organisation 1001 Fontaines pour demain mit dem Modell bereits 100 000 Einwohner in 58 Ortschaften. Sie reinigen ihr teils schlammiges Wasser aus Seen und Flüssen mit Filtern und UV-Lampen. Deren ultraviolettes Licht tötet Bakterien. Ein
Solarpanel erzeugt den Strom. Die Dörfer verkaufen das saubere Trinkwasser in Kanistern und finanzieren daraus den Betrieb. Der Anlagenbauer Comap aus Lyon und der französische Lebensmittelkonzern Danone spendieren den Bau der Anlagen.

Gesunde Bevölkerung

Laut US-Forschern fördern viele Fußgängerzonen die Gesundheit der Bewohner einer Stadt. So leiden sie weniger unter Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Das neue Ideal einer Stadt

Stadtplaner denken um: Ziel ist es nicht mehr möglichst autogerecht zu sein, sondern Verkehrsströme gar zu verringern. Ein vorbildliches Beispiel ist Kolumbiens Hauptstadt Bogotá, die in verkehrsberuhigte Straßen und Radwege investiert haben.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Grüne Oasen

Zusätzlich legen Metropolen zunehmend Wert auf Grünflächen. Auch hier positioniert sich Bogotá mit der Errichtung von 1200 Parks weit vorne.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Taktischer Urbanismus

Nicht nur Städteplaner müssen umdenken, sondern auch die Bevölkerung. Phänomene wie das Guerilla-Gardening werden immer populärer. In den USA, aber auch in Deutschland. Durch das Bepflanzen von Straßen oder Plätzen wird versucht das eigene Wohnviertel aufzuwerten.

Die größte Aktion fand bisher in Memphis statt. 13.000 Freiwillige verschönerten die Broad Avenue.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Topf statt Tonne

Jeder Deutsche wirft jährlich 82 Kilogramm Lebensmittel weg. Zwei Drittel des Abfalls könnte man vermeiden, da die weggeworfenen Lebensmittel noch genießbar sind. Experten rechnen vor: Würden allein deutsche Konsumenten ihren Lebensmittelmüll halbieren, hätte das den gleichen Effekt auf das Weltklima, wie wenn jedes zweite deutsche Auto stillgelegt würde. Die FoodSharing GmbH bietet daher auf ihrer Internet-Plattform Verbrauchern an, nicht benötigte Lebensmittel via Internet anzubieten. Interessierte aus der Umgebung können diese dann kostenfrei abholen.

FoodSharing will mit dieser Idee Ressourcen schonen. Die US-Initiative Table for Two (TFT), der sich weltweit über 400 Restaurants, Cafés, Kantinen und Mensen angeschlossen haben, versucht über Spenden, Lebensmittel fair zu teilen. Die Gastrobetriebe berechnen für jede Mahlzeit 25 Cent extra, die als Spende nach Afrika fließen, um dort in Schulen die Mittagessen zu finanzieren.

Saubere Slums

Albina Ruiz Ríos war entsetzt. Als sie vor gut 25 Jahren nach Lima zog, stieß die Peruanerin auf Tausende Menschen, die im Müll der Slums nach Ess- und Verwertbarem wühlten. Für Ríos stand fest: Die Stadt muss sauberer, gesünder und hygienischer werden. Ihre Idee: Um das Müllproblem zu lösen, galt es, die Slumbewohner davon zu überzeugen, den Müll zu trennen statt ihn einfach nur aufzutürmen – und dafür sogar noch eine Müllabfuhrgebühr zu zahlen. Sie gründete Ciudad Saludable, ein dezentrales Müllentsorgungssystem mit selbstständigen Kleinunternehmen, das Arbeitsplätze schafft und die hygienischen Bedingungen in den Slums verbessert. Für diese Idee hat sie den Fairness Award erhalten, der weltweit Persönlichkeiten auszeichnet, die der armen Bevölkerung neue Lebensperspektiven eröffnen.

Urbane Oase. Das Potenzial von Dachgartenfarmen wird derzeit in den verschiedensten Ländern erprobt

Foto: Pressebild

Weil die Familien wegen des Mülls vor der Tür krank wurden und ständig Durchfall bekamen, mussten sie damals im Monat im Schnitt sechs Dollar für Medikamente ausgeben, erzählt Ríos. Die neue Müllgebühr hingegen betrug nur einen Dollar. Das überzeugte die Bewohner – sie konnten so sparen und gesund bleiben. Jeder neue Müllmann wird nun darin geschult, Müll zu trennen und zu recyceln. Zudem erhalten die neuen Entrepreneure von der Stadtverwaltung für den Transport des Mülls kleine Dreirad-Lastfahrzeuge. Ríos’ Idee hat Schule gemacht: Heute arbeiten in über 200 lateinamerikanischen Städten Müllmänner und -frauen für ähnliche Initiativen – allein in Peru gibt es über 12 000 Kleinunternehmer. Ciudad Saludable unterstützt zudem Initiativen im Kampf gegen illegales Müllablagern.

Blick aus der Röhre

Viele Bergfans wollen am liebsten im Einklang mit der Natur wandern. Wenn es aber im Hochgebirge abends kalt wird, benötigen sie nicht nur Schutz, sondern sie verbrauchen oft auch Kerosin, Gas oder Batterien für ihre Kocher. Eine überlebenssichernde und umweltfreundliche Übernachtungsmöglichkeit bietet jetzt die italienische Designfirma Leap-Factory. Ihre röhrenartige, schnee- und sturmsichere Mini-Lodge ist im Schnitt 3,5 Meter breit, acht Meter lang und 2,80 Meter hoch. In ihr sind Tische, Stühle, Toiletten und Waschbecken installiert. Nach Bedarf gibt es Kojenplatz für zwei bis zwölf Personen. Dafür dass es bei traumhafter Aussicht auf Himmel und Berge warm bleibt, sorgt die Fotovoltaikanlage auf dem Dach. Das Handicap: Mindestens 200 000 Euro kostet die 2500 Kilogramm schwere und mehrmodulige Schlafkapsel. Damit sich der Aufwand rechnet, bleibt das Biwak mehrere Wochen auf dem Berg und kann von verschiedenen Wanderern benutzt werden.

Foto: PR

Sonnengrill statt Feuerstelle

Studenten des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA wollen den ultimativen Traum aller grünen Barbecue-Fans Realität werden lassen: Sie entwickeln einen Grill, der Hitze mithilfe von Sonnenenergie erzeugt, Wärme speichern kann und dadurch sogar nachts funktioniert. Ihr Prototyp baut auf einer Technologie von MIT-Professor David Wilson auf: eine spezielle, besonders leichte Linse bündelt das Sonnenlicht, das in Lithiumnitrat-Zellen gespeichert wird. Mit der Hitze der Wärmespeicher lassen sich dann Steak und Wurst grillen. Vor allem aber ist der „Cooker“ laut Wilson als umweltfreundliche und energiesparende Alternative zu den offenen Holzfeuern gedacht, die die Menschen in Entwicklungsländern als Kochstelle nutzen. Jeden Tag verbrennen weltweit mehr als drei Millionen Tonnen Feuerholz unter Töpfen und Pfannen. Vor allem in afrikanischen Regionen wird das Holz knapp. Wilsons Grill speichert Sonnenenergie für 25 Stunden und heizt auf über 230 Grad hoch. Solargrills mit derartiger Kapazität gab es zuvor nicht.

Foto: PR

Wirbel-Säule

Frischer Wind aus Bayern: Das Unternehmen MRT Wind hat eine neues Minikraftwerk für den Zuhause-Gebrauch entwickelt. Das Besondere: Das 2,50 Meter hohe Windrad dreht sich nicht wie die üblichen Propeller-Systeme um die Horizontalachse, sondern um die Vertikalachse. „Dadurch kann man unabhängig von der Windrichtung Strom erzeugen“, erklärt Geschäftsführer Neil Cook. Ab einer Windgeschwindigkeit von 1,5 Metern pro Sekunde gewinne die Anlage Energie. Die Miniwindräder sind nach Herstellerangaben lautlos und lassen sich genehmigungsfrei installieren. Die ersten Testgeräte sind in Betrieb. Preis: ab 7000 Euro pro Stück.

Foto: PR

Leselicht in Hülle und Fülle

Der US-Hersteller SolarFocus bringt Licht ins Dunkle des E-Readers von Amazon: Mit einer leuchtenden Hülle namens Solar Kindle Lighted Cover. Sie schützt das Gerät nicht nur vor Kratzern, sondern bietet dem E-Reader auch eine netzunabhängige Notstromversorgung sowie eine LED-Leselampe. Damit lässt sich der Kindle nun auch in absoluter Dunkelheit nutzen. Gespeist wird das Licht aus einem eingebauten Akku, der über die Solarzellen auf der Außenseite der Hülle geladen wird. Auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, eine der weltweit größten Messen für Unterhaltungselektronik, ist die Hülle als eine der besten Innovationen 2012 in der Kategorie nachhaltige Technologien ausgezeichnet worden. Schon nach acht Stunden Sonnenlicht, so verspricht der Hersteller, habe die Batterie genug Saft, um dem Kindle drei Tage Strom zu liefern. Kosten: rund 80 Dollar.

Foto: PR

Insel-Lösung in der Südsee

Es könnte ein Entwurf des US-Verpackungskünstlers Christo sein. Tatsächlich haben sich japanische Architekten der Shimizu Corporation diese überdimensionale Seerosenstadt ausgedacht – mit kompletter Infrastruktur und üppiger Vegetation. In der Südsee auf der Höhe des Äquators soll die klimafreundliche, selbstversorgende Trauminsel schwimmen. Dort gibt es viel Sonne und kaum Taifune. Das Fundament soll aus wabenförmigen, mit Wasser und Luft gefüllten Betonröhren bestehen, um so der Insel Auftrieb und Stabilität zu verschaffen. Die Technik haben die Japaner bereits bei schwimmenden Bohrinseln erprobt. Jede ihrer sogenannten grünen Flossen hat einen Durchmesser von drei Kilometern und einen Hauptwohnbezirk mit einem kelchartigen, 1000 Meter hohen Wohn- und Arbeitsturm, in und um den herum 40.000 Menschen wohnen sollen. 350 Hektar Nutzfläche bleiben den Bewohner, um ihre Lebensmittel zu produzieren. Baubeginn soll 2050 sein.

Foto: PR

Stadt-Tomaten

Weil es Kosten und Energie spart, erobert die Landwirtschaft die Innenstädte. In Deutschland soll nun „inFarming“ beginnen, ein Erntesystem fürs Büro, in dem Pflanzen vom gereinigten Abwasser und der Abwärme der Gebäude gedeihen. „Wir wollen Dächer für den Anbau von Gemüse nutzen“, sagt Volkmar Keuter, der verantwortliche Leiter am Oberhausener Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik. Die Idee: Nach dem Job erntet der Angestellte noch im Gewächshaus auf dem Bürodach sein Gemüse. Auf einem Viertel der 1200 Millionen Quadratmeter deutschen Büroflachdächer könnten die Pflanzen gedeihen, rechnet Keuter vor. Sie würden in Städten jährlich rund 28 Millionen Tonnen CO2 binden. Das entspreche 80 Prozent der CO2-Emissionen von industriellen Betrieben in Deutschland. Erste Versuche laufen derzeit im Fraunhofer-Testhaus für neue Gebäudesysteme in Duisburg.

Foto: dpa

Superunkräuter und Powerwanzen

Gentechnisch veränderte Pflanzen schaden Bauern mehr als sie nutzen. Das ist das Fazit einer Studie von 20 führenden Umwelt- und Verbraucherschutzvereinigungen aus aller Welt, die auch Regierungen beraten. Dabei waren die Verheißungen groß: schmackhaftere Erdbeeren, weniger Unkrautvernichtungsmittel und höhere Erträge für Raps, Mais, Soja und Baumwolle. Sogar Welthunger, Klima- wandel und Bodenerosion sollten die Pflanzen zurückdrängen, deren Erbgut Biologen im Labor gezielt verändert haben. „Doch keines der Versprechen, das die Hersteller vor 20 Jahren zur Einführung der vermeintlichen Wunderpflanzen gaben, haben sie erfüllt“, heißt es in der Studie.

Stattdessen leiden Bauern unter negativen Auswirkungen: In Brasilien und Argentinien setzen sie auf ihren Feldern heute doppelt so viel Unkrautvernichtungsmittel ein wie auf konventionellen Feldern; auf Indiens Baumwollfeldern ist der Einsatz von Pestiziden sogar um das 13-Fache gestiegen. In China hat sich durch den Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle eine an sich harmlose Population von Wanzen verzwölffacht und bedroht jetzt die Pflanzen. In den USA, wo die meisten genmanipulierten Pflanzen wachsen, fördert ihr Anbau die Ausbreitung von Superun-kräutern, die Unkrautvernichtungsmitteln widerstehen.

Die drei großen Saatgutunternehmen Monsanto, Dupont und Syngenta kontrollieren heute mehr als zwei Drittel der weltweiten Saatgutverkäufe. Monsanto hat zudem 95 Prozent des indischen Saatgutmarktes für Baumwolle im Griff. Die Folge: Die Preise steigen stetig.

Foto: dpa/dpaweb

Erneuerbare Energien

11 Milliarden Euro haben die Deutschen beim Import von Brennstoffen wie Öl und Gas durch erneuerbare Energien 2011 eingespart. Ihr Anteil an der Stromversorgung lag im Jahr 2011 bei rund 20 Prozent. Das ergab eine Studie des Bundesverbandes Erneuerbare Energie.

Foto: dpa

Mit Geld von Nichtregierungsorganisationen, Entwicklungshilfeministerien oder Stiftungen nehmen immer mehr Pharmakonzerne den Kampf gegen vernachlässigte Krankheiten auf

Foto: David Klammer für WirtschaftsWoche

Die Wüste lebt

Alles begann 1977 auf einem 70 Hektar großen Stück Wüste im Nordwesten der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Ibrahim Abouleish, der in Graz Chemie und Medizin studiert und einige Jahre in der Pharmaindustrie gearbeitet hatte, wollte das unwirtliche Stück Wüstensand mithilfe biologisch-dynamischer Anbaumethoden à la Demeter beackern. Anthroposophische Grundsätze, wie sie der Demeter-Verband verfolgt, hielt er für am besten geeignet, um Wüstenboden fruchtbar zu machen. Aus der kleinen Farm, die anfangs Heilkräuter wie die Blüten der Königskerze für den Export anbaute, ist heute ein Firmenkonglomerat mit 2000 Mitarbeitern an drei Standorten geworden: Unter dem Firmendach Sekem konnte es als Biopionier schon Anfang der Achtzigerjahre Westkunden Kräuter und Gewürze liefern, die Demeter-Standards genügten. Heute steigt die Nachfrage nach Biolebensmitteln auch in Ägypten. So entstanden neben den drei Biohöfen sechs weitere Firmen, die Biolebensmittel, Naturmedikamente und Ökotextilien vertreiben.

Als jüngste Gründung kam 2007 Ecotec hinzu. Das von Sohn Helmy geführte Unternehmen baut und vertreibt Anlagen zur Wasseraufbereitung und Gewinnung von regenerativer Energie. Der Vater, der aus den Gewinnen eine anthroposophische Schule betreibt und gerade eine Universität für nachhaltige Entwicklung aufbaut, bekam neben vielen anderen Auszeichnungen 2003 den alternativen Nobelpreis. Gerade wurde ihm der Business for Peace Award der gleichnamigen Osloer Organisation zuerkannt. Nachhaltigkeit sei eine der dringlichsten Aufgaben, sagt Abouleish: „Es bedeutet, heute Lebensbedingungen zu schaffen, die es zukünftigen Generationen erlauben, in Würde zu leben.“

Frisch vom Dach

Dunkelrote Tomaten, knackige Kopfsalate und duftendes Basilikum gedeihen mitten in der Stadt auf dem Flachdach des Supermarktes. Nur wenige Stunden nach der Ernte liegen sie dort zum Verkauf – frisch, reif und lokal hergestellt. Diese Art der urbanen Landwirtschaft gibt es heute schon in New York. Dort hat das Unternehmen Brightfarm Systems 1500 Quadratmeter Dachfläche von Büros und Privathäusern für den Anbau von Gemüse erschlossen und plant gerade die mit gut 9000 Quadratmeter weltgrößte Dachgartenfarm im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Das Unternehmen ist Kooperationspartner des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Oberhausen.

„Integrated Farming“, kurz Infarming, nennt Fraunhofer-Projektleiter Volkmar Keuter die Stadtfarmen. „Unser Ziel ist es, bestehende Bauten für den Anbau von Gemüse zu nutzen“, sagt Keuter. Allein in Deutschland gibt es rund 1200 Millionen Quadratmeter Flachdächer. Würde nur ein Viertel dieser Flächen zum Anbau von Gemüse und Obst genutzt, könnten laut Keuter 28 Millionen Tonnen CO2 gebunden werden.

Die zusätzlichen Grünflächen sollen zudem das Mikroklima der Städte verbessern. Die Vorteile der Stadttomaten sind enorm: dank neuer Technik geringerer Flächen- und Wasserverbrauch als bei herkömmlichem Anbau, kaum Transportkosten und dadurch weniger CO2-Emissionen – und natürlich: frischere Produkte. Derzeit entsteht in Duisburg im Fraunhofer-inHaus-Zentrum ein Prototyp für das Infarming.

Medizin für Arme

In den armen Ländern sterben jährlich Millionen Kinder und Erwachsene an Tropenkrankheiten. Die Killer heißen Malaria und Schlafkrankheit oder – weniger bekannt – die Leishmaniose. Ihre nach Südeuropa vorrückenden Erreger werden durch den Stich von Sandmücken weitergegeben und befallen die Haut und die inneren Organe. Gegen all diese Krankheiten ließen sich längst Medikamente entwickeln. Doch weil weder die Patienten noch die Regierungen in diesen Ländern das Geld haben, sie zu bezahlen, blieben die Pharmakonzerne lange untätig. Auch der Behördenmoloch der Weltgesundheitsorganisation war nicht imstande, daran etwas zu ändern.

Erst seit sich 2003 in Genf eine Initiative dieser vernachlässigten Krankheiten annahm, die Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi), kam Bewegung in die Sache. 1999 hatte die Organisation Ärzte ohne Grenzen ihr Preisgeld vom gerade gewonnenen alternativen Nobelpreis gestiftet, um einen Non-Profit-Verband zu gründen, der das Problem angeht. Schließlich beteiligten sich noch weitere Forschungseinrichtungen aus Indien, Kenia und Frankreich sowie das Malaysische Gesundheitsministerium an der Aktion. Mit DNDi (sprich Dindi) entstand dadurch eine schlagkräftige Organisation, die Pharmafirmen mit Geld dazu bringt, in die Entwicklung von Medikamenten gegen die Tropenkiller einzusteigen.

Dabei organisiert DNDi Spendengelder, mit denen Pharmakonzerne, aber auch universitäre Wissenschaftler, die Forschung und Entwicklung finanzieren – mitunter aber auch Produktion und Vertrieb der neuen Heilmittel. Die Gelder stammen von Nichtregierungsorganisationen, Entwicklungshilfeministerien oder Stiftungen. Die Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen: Forscher erproben sieben Medikamente am Menschen. Ein Mittel gegen die Schlafkrankheit und je zwei neue gegen Leishmaniose und Malaria sind schon zugelassen. Weltweit bringt alleine die Malaria pro Jahr über eine Million Menschen um, in Afrika sterben daran jede Minute zwei Kinder.

Aidstest to go

Etwa 34 Millionen Menschen weltweit haben nach Schätzungen der Vereinten Nationen den Aidserreger HIV im Blut. Die meisten Erkrankten leben in ärmeren Regionen Asiens und Afrikas. Um sie zielgerichtet behandeln zu können, hat das Jenaer Unternehmen Alere ein preiswertes, transportables Minilabor entwickelt. Mit dem batteriebetriebenen Gerät können medizinische Helfer von Dorf zu Dorf ziehen und testen, ob die Bewohner sich mit Aids infiziert haben. Sie nehmen den Menschen per Stich in die Fingerkuppe etwas Blut ab und stecken die Probe zur Analyse in das Gerät. Die Auswertung zeigt aber nicht nur, ob das Ergebnis positiv oder negativ ist, sondern anhand der Menge der Abwehrzellen im Blut darüber hinaus, ob die Immunschwäche so weit fortgeschritten ist, dass sie sofort behandelt werden muss. So können die Ärzte die begrenzten Hilfsmittel auf die dringenden Fälle konzentrieren. Der Test kostet pro Person sechs Dollar.

Klimafreundliche Tofuwürstchen

Er ist reich an Eiweiß, rein pflanzlich und frei von Cholesterin: Tofu. Der Fleischersatz wird stets beliebter. Um zehn Prozent wächst der deutsche Markt für Tofu jährlich. Marktführer für das aus Sojabohnenteig hergestellte Lebensmittel ist in Deutschland Tofutown mit 150 Mitarbeitern. Der Mittelständler aus der Eifel setzt mehr als 30 Millionen Euro im Jahr mit Sojawürstchen und Räuchertofu um. Noch vertilgt jeder Deutsche im Schnitt 90 Kilogramm Fleisch pro Jahr.

Doch zu viel Steaks schadeten der Gesundheit, meinen Ärzte. Bei der Tiermast entstehen zudem enorme Mengen Treibhausgas. Und mit pflanzlicher Nahrung lassen sich viel mehr Menschen ernähren: Um ein Kilogramm Rindfleisch zu erzeugen, müssen sieben Kilo Mais verfüttert werden. Tofu wäre eine Alternative. Auf einer Fleischereimesse gewann Tofutown den Preis für die beste Wurst. Die Jury merkte nicht, dass sie rein vegetarisch war.

Bereits erschienen:

Ideen für saubere Energien

Innovationen für eine gesündere Welt

Visionäre Mobile für Megacitys

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