Und auch aus dem zuständigen wissenschaftlichen Gremium ist in diesen Tagen auffällig wenig Expertise zu vernehmen. Zum Fracking wolle man sich aktuell nicht äußern, heißt es auf mehrfache Anfrage der WirtschaftsWoche. Die Begründung: Es sei an der Politik, sich damit auseinander zu setzen. Auch die Kommissionsvorsitzende Charlotte Krawczyk, Geophysikerin am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam, verweist am Telefon nur auf den im Juni 2021 veröffentlichten Bericht der Kommission. Ein Interview lehnt sie zum jetzigen Zeitpunkt ab.
Diese Funkstille ist auch deshalb sonderbar, weil es nach Informationen der WirtschaftsWoche eine Absprache gibt, dass die Expertenkommission die Kommunikation zu Fragen des Frackings in Deutschland übernimmt. So verweisen etwa die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und das Umweltbundesamt bei entsprechenden Anfragen an die beim Forschungszentrum Jülich angesiedelte Stelle.
Erklären ließe sich das Schweigen mit der heiklen politischen Situation. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck lehnt nach wie vor Fracking in der Bundesrepublik ab – das ist eine Kernposition der Grünen. „Ich glaube, dass das nicht der Weg ist, den wir gehen sollten und der uns weiterhilft“, sagte Habeck jüngst. Außerdem kenne er momentan keinen Antrag auf Probebohrungen oder Durchführungen solcher Bohrungen.
Die Debatte zum Fracking erinnert damit an ein Ping-Pong-Spiel. Die Expertenkommission verweist auf die Politik, die Politik verweist darauf, dass die Industrie sowieso keine Anträge stellt, die wiederum verweist darauf, dass die Politik vorangehen müsse. So sagte etwa Ludwig Möhring, der Chef des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ klar: „Von mir werden Sie nicht hören, dass wir Fracking jetzt unbedingt machen sollen.“ Auch wenn das die einzige Möglichkeit sei, die heimische Erdgasförderung relativ schnell nach oben zu bringen.
Die Hoffnung, auf die Deutschland stattdessen setzt, heißt LNG, also Flüssigerdgas, und ist im Endeffekt wenig anderes als eine Auslagerung des Grundproblems ins Ausland. „Die Klimabilanz von Frackinggas, das bei uns gefördert wird, ist deutlich besser als die von Frackinggas, das wir aus anderen Staaten importieren,“ sagt Geophysiker Kümpel dazu.
Hätten wir in den vergangenen zehn Jahren schon auf deutsches Frackinggas gesetzt, hätten wir dem Klima einen Gefallen getan, ist Kümpel überzeugt. Der Grund: Die Förderbedingungen hierzulande wären strenger als etwa in Amerika, Katar oder Russland, dazu kämen kurze Transportwege. Beim Import hingegen käme es zu Energieverlusten – egal ob per Pipeline oder flüssig auf dem Schiff. „Solange wir Gas brauchen, würde man dem Klima etwas Gutes tun, wenn man das Gas bei uns fördert.“
Dieser Beitrag erschien erstmals am 12.04.2022 und wurde aktualisiert.
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