Nicht nur in Asien Coronavirus führt zu massiven Produktionsausfällen bei der Autoindustrie

Nach wie vor wird bei den meisten Firmen nur von zu Hause gearbeitet. Die Güterproduktion liegt bei Autoherstellern und Zulieferern seit längerem flach.

Nach dem Ausbruch des Coronavirus sind die Straßen der chinesischen Metropolen leergefegt. Niemand weiß, wann man zur Normalität zurückkehrt. Nun zittert die internationale Autoindustrie. Sie hängt am chinesischen Puls.

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Die glorreiche Dekade hatte an sich nur einen Grund: ein zunächst explodierendes und lange Zeit immerhin noch florierendes China. Doch nach Dieselskandal, Elektro-Wirrwarr sowie Handelskrieg zwischen China und den USA werden die internationalen Autohersteller derzeit von einer Bombe getroffen, die mittelfristig schmerzhafter denn je werden könnte. Seitdem die Atemwegserkrankung „2019-nCov“, besser bekannt als Coronavirus, am 31. Dezember 2019 – wohl knapp einen Monat zu spät – offiziell von den Behörden bestätigt wurde, ist die chinesische Wirtschaft beinahe völlig zum Erliegen gekommen. Ließ sich durch das chinesische Neujahrsfest zunächst vieles noch kaschieren, wurde schnell klar, dass die Chinesen nicht zum normalen Alltag übergehen können.

Das gilt nicht nur für das längst abgeriegelte Wuhan, Hauptstadt der chinesischen Provinz Hubei, das sich zum Dreh- und Angelpunkt des Coronavirus entwickelte, sondern für die meisten größeren Städte im Land. Einige tausend Menschen – insbesondere in China – sind mittlerweile infiziert; viele hundert sind gestorben und ein Ende ist nicht in Sicht. Das bereitet nahezu allen Verantwortlichen aus der Autobranche schlaflose Nächte. Wenn die Bevölkerung nicht auf die Straße geht und sich Lebensmittel allenfalls von einem Kurier nach Hause liefern lässt, ist es mit dem Kauf von neuen Autos nicht weit her. Bereits vor Beginn des chinesischen Neujahrsfests war der Handel von Fahrzeugen jeder Klasse weitgehend zum Erliegen gekommen.

Webasto, süddeutscher Zulieferer als Epizentrum der deutschen Virus-Erkrankungen, will seit Mittwoch in klinisch gereinigten Räumen langsam wieder zum Alltagsgeschäft übergehen. „Wir sind erleichtert, dass seit Anfang vergangener Woche kein neuer Krankheitsfall unter unseren Mitarbeitern dazu gekommen ist. Noch sind wir vorsichtig, weil immer noch recht wenig über den Virus bekannt ist“, sagt Holger Engelmann, Vorsitzender des Vorstands von Webasto, „aber es sieht so aus, als hätten wir durch unser schnelles und entschiedenes Handeln nach dem ersten positiven Test die Infektionskette im Unternehmen unterbrochen.“

In Asien sieht die Situation anders aus. Nach wie vor arbeiten bei den meisten Firmen die Mitarbeiter allenfalls von zu Hause. Die Güterproduktion liegt bei Autoherstellern und Zulieferern seit längerem flach. Längst treffen diese Unterbrechungen der Fertigungslinien nicht nur die Produktion und den Absatz in China, sondern auch in anderen Regionen. Hyundai und Kia beispielsweise mussten ihre Fertigungen im Heimatland Südkorea aussetzen, weil die aus China dringend benötigten Komponenten fehlten.

Ähnlich sieht es bei Renault-Samsung, General Motors und SsangYong aus, die allesamt in Korea fertigen. Da bereits die ersten Zulieferer wackeln, hat der Hyundai-Konzern beschlossen, knapp 850 Millionen Dollar in lokale Zulieferer zu investieren, denen die gekappte Nachfrage der Autohersteller finanzielle Probleme bereitet.

Premiumhersteller machen höhere Verluste

Volkswagen, die Nummer eins in China, ist unter Druck. So haben die Joint Ventures FAW-Volkswagen und Saic Volkswagen ihre Produktionspläne aktualisiert. Quelle: Presse

350 Unternehmen, die Autoteile an Konzernunternehmen wie Hyundai, Kia, Hyundai Mobis, Hyundai Wia und Hyundai Transys liefern, erhalten daher Vorauszahlungen in Höhe von 692 Milliarden Südkoreanischen Won (rund 540 Millionen Euro) sowie zinslose Darlehen in Höhe von 308 Milliarden KRW (240 Millionen Euro) für die Stabilisierung des eigenen Geschäfts. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Yonhap sinkt die Produktion von Hyundai Modellen in den Werken bei einer Unterbrechung von fünf Tagen bereits um mindestens 30.000 Fahrzeuge; ein Verlust von über 500 Millionen Dollar.

Härter denn je trifft der Coronavirus die Premiumhersteller, die in China seit Jahren den Großteil ihres weltweiten Ertrages generieren. Und da es zum Beispiel im Hause Daimler mit der Wertschöpfung ohnehin derzeit nicht zum Besten bestellt ist, drohen bei länger anhaltenden Unterbrechungen und keiner grundlegenden Verbesserung der Lage in China die nächsten Gewinnwarnungen. Gerade bei Daimler sind nach zuletzt fünf Gewinnwarnungen und einem deutlichen Einbruch in 2019 alle Warnleuchten auf Rot. Doch auch bei BMW, Audi, Volkswagen oder General Motors blickt man beim Thema Coronavirus in verzweifelte Augen.  

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