
Ein Jahr nachdem die Abgasmanipulationen bei Volkswagen ans Licht kamen, ist das Ausmaß in vielerlei Hinsicht immer noch nicht ganz klar. Dass es sich um einen Skandal außergewöhnlicher Dimension handelt, steht aber außer Frage. Seit einem Jahr ist das Thema permanent im Gespräch, seit einem Jahr wird die Marke VW immer wieder mit Negativschlagzeilen assoziiert. Wie sich das auf den Namen Volkswagen auswirkt und wie sich dadurch das Markengefüge im Automobilmarkt in den vergangenen zwölf Monaten verschoben hat, zeigt der YouGov-Markenmonitor BrandIndex.
„Haben Sie in den letzten zwei Wochen etwas über Volkswagen gehört?“ fragen wir täglich eine repräsentative Auswahl von Verbrauchern. Vor einem Jahr sagten bis zu drei von vier Befragten: ja. Inzwischen ist die Aufmerksamkeit etwas abgeflaut, aber immer noch auf einem hohen Niveau. Seit etwa sechs Monaten gibt rund jeder Zweite an, kürzlich etwas über Volkswagen gehört zu haben. Bei allen anderen Autobauern ist es aktuell höchstens jeder Fünfte. Und natürlich: Bei fast allen anderen Autoherstellern sind es Positivnachrichten, mit denen sie für Aufmerksamkeit sorgen, wie im BrandIndex der Buzz zeigt.
Tiefroter Buzz
Der Buzz misst auf einer Skala von -100 bis +100 wie negativ oder positiv Verbraucher die Nachrichten über eine Marke wahrnehmen. Der besseren Vergleichbarkeit halber werten wir nur Angaben von Befragten aus, die die jeweilige Marke kennen. Der Buzz von Volkswagen hat sich nach dem Absturz im September/Oktober 2015 zwar etwas erholt, verharrt aber seit Monaten bei etwa -30 Punkten. Mit je -1 Punkt befinden sich sonst nur noch Fiat und Tesla im negativen Bereich der Skala. Fiat ist selbst Schummel-Vorwürfen ausgesetzt; Tesla kämpft noch mit den Nachwirkungen des Autopilot-Unfalls.
Wie VW im ersten Halbjahr abgeschnitten hat
Bei der Marke Volkswagen Pkw ging das Operative Ergebnis vor Sondereinflüssen auf von 1,4 auf 0,9 Milliarden Euro zurück. Grund für diese Entwicklung waren Wechselkurs- und Mixeffekte sowie geringere Absatzmengen und höhere Vermarktungskosten infolge des Abgas-Skandals.
Audi erzielte ein operatives Ergebnis vor Sondereinflüssen in Höhe von 2,7 Milliarden Euro (Vorjahreszeitraum: 2,9 Milliarden Euro). Währungseffekte und weiter hohe Vorleistungen für neue Produkte und Technologien sowie für den Ausbau des internationalen Produktionsnetzwerks belasteten das Ergebnis. In den Finanzkennzahlen von Audi sind die Marken Lamborghini und Ducati enthalten.
Das Operative Ergebnis von Škoda stieg von 522 auf 685 Millionen Euro, was einem Zuwachs von 31,2 Prozent entspricht. Der Anstieg war im Wesentlichen auf positive Volumen- und Mixeffekte sowie Produktkostenoptimierungen zurück.
Seat setzte ihre positive Entwicklung fort und steigerte das Operative Ergebnis um 40 Millionen auf 93 Millionen Euro. Dabei wurden negative Volumen- und Wechselkurseffekte durch Kostenreduzierungen und Mixverbesserungen kompensiert.
Das Operative Ergebnis der Marke Bentley ging um 75 Millionen auf minus 22 Millionen Euro zurück – vor allem wegen veränderter Marktbedingungen und Wechselkursverhältnisse.
Porsche verbesserte das Operative Ergebnis um 7,7 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro. Gründe waren gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Absatzanstieg sowie Wechselkurseffekte. Die Modelle Boxster, Cayman, 911 und Macan wurden verstärkt nachgefragt.
Das Operative Ergebnis von Volkswagen Nutzfahrzeuge lag im 1. Halbjahr mixbedingt mit 299 statt 268 Millionen Euro über dem Vorjahreswert.
Scania konnte die rückläufige Nachfrage in Südamerika, der Türkei und Russland durch steigende Verkaufszahlen in Europa kompensieren. Dadurch verbesserte sich das Operative Ergebnis vor Sondereinflüssen auf 550 (503) Millionen Euro.
MAN konnte trotz des anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in Südamerika das Operative Ergebnis vor Sondereinflüssen auf 186 (54) Millionen Euro verbessern. Dazu trugen auch die eingeleiteten strukturellen Veränderungen positiv bei.
Volkswagen Finanzdienstleistungen steigerte das Operative Ergebnis um 2,6 Prozent auf 995 Millionen Euro. Positiv wirkten Volumeneffekte: Weltweit nahm die Zahl der Neuverträge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 15,2 Prozent auf 3,3 Millionen Kontrakte zu.
Der Buzz-Verlauf der vergangenen zwölf Monate zeigt gut, welche anderen Marken durch den VW-Skandal ins Schlingern geraten sind. Zuvorderst sind das die anderen Marken des VW-Konzerns: Audi, Seat und Porsche. Dann, im April und Mai, Opel und Mercedes, die ebenfalls Diesel-Autos zurück riefen. Der Unterschied zu Volkswagen ist jedoch, dass sich diese Marken sowohl im Buzz wie auch insgesamt rasch wieder erholt haben. Im Index, der den Buzz, aber auch Umfragewerte zum Preis-Leistungs-Verhältnis oder der Kundenzufriedenheit zusammenfasst, sind die meisten betroffenen Marken wieder auf einem vergleichbaren Niveau wie vor Diesel-Gate.
Ausnahme ist Audi, das von +43 auf +37 Punkte gefallen ist, ohne dass momentan eine positive Tendenz zu erkennen wäre. Und das Image von Volkswagen ist mit +14 Punkten immer noch nahe dem Tiefstwert von +8 Punkten, den wir Ende November gemessen haben.
Das Image bleibt positiv
Es mag überraschen, dass Volkswagen die ganze Zeit über im positiven Bereich unserer Image-Skala blieb. Doch die Verbraucher scheinen die Marke einfach zu mögen. Obwohl die Punktverluste in unseren Kategorien Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis groß sind, ist Volkswagen immer noch die Marke, von der die meisten Befragten sagen, dass sie für sie beim Autokauf in Frage kommen würde. Und wenn wir fragen, für welche Marke sie sich am ehesten entscheiden würden, sagt immer noch einer von zehn: Volkswagen. Damit liegt die Marke beim Kaufinteresse weiterhin vor allen anderen. Auf Platz zwei steht übrigens Audi, die Marke, die am zweitstärksten unter dem Abgas-Skandal gelitten hat. Selbst wenn wir nur Angaben von Diesel-Fahrern betrachten, liegen von Diesel-Gate betroffene Marken vorne: Audi, Mercedes, Volkswagen.
Auch wenn hohe Strafzahlungen und immense Kosten für Rückrufaktionen anfallen, auch wenn der Image-Schaden gewaltig ist: Es könnte sein, dass alle von Diesel-Gate betroffenen Marken zumindest in den Augen der Verbraucher mit einer Schramme davon kommen.