
Meistens ist Aufmerksamkeit für Marken etwas Gutes. Für Volkswagen gerade weniger. Im YouGov-Markenmonitor BrandIndex messen wir sie in der Kategorie „Attention“. Hier fragen wir, wer aktuell über eine Marke etwas wahrgenommen hat. Bei Volkswagen meldete sich im September einer von vier Deutschen. Kein schlechter Wert. Aber jetzt liegt er viel höher: Vier von fünf Deutschen geben an, über VW etwas wahrgenommen zu haben. Nur: In der aktuellen Situation um die Abgas-Manipulation bedeuten diese hohen Werte natürlich nichts Gutes.
Der VW-Abgas-Skandal im Überblick
Die US-Umweltbehörde EPA teilt in Washington mit, Volkswagen habe eine spezielle Software eingesetzt, um die Messung des Schadstoffausstoßes bei Abgastests zu manipulieren. In den Tagen darauf wird klar, dass weltweit Fahrzeuge von VW und der Töchter betroffen sind – darunter auch Audi und Porsche. Die VW-Aktie bricht ein.
VW-Chef Martin Winterkorn tritt nach einer Krisensitzung der obersten Aufseher zurück. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig prüft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen VW. Anlass dafür seien auch eingegangene Strafanzeigen von Bürgern, heißt es.
Der VW-Aufsichtsrat tagt. Nach langer Sitzung beruft das Gremium Porsche-Chef Matthias Müller zum neuen Konzernchef und trifft einige weitere Personal- und Strukturentscheidungen. Verantwortliche Motorenentwickler werden beurlaubt.
Nach mehreren Strafanzeigen startet die Braunschweiger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsvorwürfen. Entgegen einer ersten Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Braunschweig gibt es keine Ermittlungen gegen Ex-Chef Martin Winterkorn persönlich.
Das Aufsichtsrats-Präsidium beschließt, Hans Dieter Pötsch per registergerichtlichen Anordnung in den Aufsichtsrat zu berufen. Das ist möglich, weil mehr als 25 Prozent der Aktionäre Pötsch favorisiert haben. Die Familien Porsche und Piëch, die Pötsch gegen die Bedenken des Landes Niedersachsens und der Arbeitnehmer durchgesetzt haben, halten über die Porsche SE rund 52 Prozent der VW-Anteile. Julia Kuhn-Piëch, die erst dieses Jahr nach dem Rücktritt von Ferdinand und Ursula Piëch in das Kontrollgremium aufgerückt war, verlässt den Aufsichtsrat wieder.
Es ist klar, dass die betroffenen VW-Fahrzeuge in die Werkstatt müssen, damit die Schummel-Software verschwindet. Bei einigen Motorenwerden die Techniker selbst Hand anlegen müssen. Eine Rückruf-Aktion, so wird es am nächsten Tag bekannt werden, soll 2016 starten. Die geschäftlichen und finanziellen Folgender Krise sind nicht absehbar. Die Kosten der Abgas-Affäre werden jedoch enorm sein. Der neue Chef muss sparen: "Deshalbstellen wir jetzt alle geplantenInvestitionen nochmal auf denPrüfstand", kündigt Müller an.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnet einen verpflichtenden Rückruf aller VW-Dieselautos mit der Betrugssoftware an. In ganz Europa müssen 8,5 Millionen, in Deutschland 2,4 Millionen Wagen in die Werkstatt. VW hatte eine freiwillige Lösung angestrebt.
Der Skandal beschert dem Konzern im dritten Quartal einen Milliardenverlust. Vor Zinsen und Steuern beläuft sich das Minus auf rund 3,5 Milliarden Euro.
Der Skandal erreicht eine neue Dimension. VW muss - nach weiteren Ermittlungen der US-Behörden - einräumen, dass es auch Unregelmäßigkeiten beim Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) gibt. Rund 800.000 Fahrzeuge könnten betroffen sein. Die VW-Aktie geht erneut auf Talfahrt.
Der Diesel-Skandal in den USA weitet sich aus. Erneut. Es seien mehr Drei-Liter-Diesel der Marken Volkswagen und Audi betroffen, als bislang angenommen, erklärt die US-Umweltbehörde EPA. Die Autobauer bestreiten dies zunächst. Wenige Tage später, am 24. November, müssen sie allerdings einräumen, ein sogenanntes „Defeat Device“ nicht offengelegt zu haben. Die Software gilt in den USA als illegal.
Die Auswirkungen des Skandal zwingen VW zudem zum Sparen: VW fährt die Investitionen für das kommende Jahr runter. 2016 sollen die Sachinvestitionen um eine Milliarde Euro verringert werden. „Wir fahren in den kommenden Monaten auf Sicht“, sagt VW-Chef Müller. Weitere Ausgaben bleiben auf dem Prüfstand.
Neuer Ärger für Volkswagen: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt nun auch wegen mögliche Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit falschen CO2-Angaben. Die könnten dazu geführt haben, dass zu wenig Kfz-Steuer gezahlt wurde.
Zumindest etwas Positives für die Wolfsburger: Zur Nachrüstung der millionenfach manipulierten Dieselmotoren mit 1,6 Litern Hubraum in Europa reicht nach Angaben von Volkswagen ein zusätzliches, wenige Euro teures Bauteil aus. Bei den 2,0-Liter-Motoren genügt ein Software-Update. Das Kraftfahrtbundesamt genehmigt die Maßnahmen. Auch wenn VW keine Angaben zu den Kosten macht – es hätte schlimmer kommen können.
Der Buzz hilft uns, sie zu interpretieren. Er gibt Auskunft darüber, wie positiv oder negativ eine Marke aktuell im öffentlichen Gespräch ist. Volkswagen ist bekannt, war bisher eines der Vorzeige-Unternehmen Deutschlands, ein Symbol für die deutsche Wirtschaft, einer der größten Arbeitgeber – entsprechend viele Medien berichten über die Manipulationen seitens VW, und entsprechend viele Menschen haben davon erfahren. Als Konsequenz belegt Volkswagen aktuell mit -70 Punkten und großem Abstand den letzten Platz im Buzz-Ranking der Automarken (auf einer Skala von -100 bis +100). Vor einem Monat stand VW hier noch auf Platz 1.
Zur Einordnung: Dieser Wert (der in den kommenden Tagen und Wochen auch erfahrungsgemäß wieder steigen wird) gehört zu den niedrigsten, die wir im BrandIndex je registriert haben. Zum Vergleich: Der Toyota-Rückruf im Januar 2010 erzielte einen ähnlichen großen Buzz, aber bei einer deutlich geringeren Attention. Im Vergleich zu Toyota liegt Volkswagen den Deutschen doch spürbar näher am Herzen. Die Rahmenbedingungen für einen niedrigen Buzzwert, wenn man so will, sind aber auch nahezu perfekt: höchste Bekanntheit des Unternehmens, omnipräsente Berichterstattung, ein leicht zu verstehendes Ereignis und ein Produkt mit Alltagsanbindung.
Auch negative öffentliche Wahrnehmung über VW-Schwestermarken und in den USA
In den USA, dem Land, in dem die Abgaswerte-Manipulation per Software aufgeflogen ist, ist Volkswagen ebenfalls deutlich negativ im öffentlichen Gespräch. Zwar ist der Verlust nicht ganz so groß wie in Deutschland, doch -49 Punkte im Buzz zeigen: Die breite US-amerikanische Öffentlichkeit nimmt über den deutschen Autobauer aktuell nur negative Schlagzeilen wahr. Auf Audi als Teil des VW-Konzerns färbt der Skandal in den USA kaum ab: nur sechs Punkte Verlust im Buzz im Vergleich zu Mitte September.