Fields gab sich auch redlich Mühe, es nicht als Verneigung vor Trump darzustellen – auch wenn es stark danach aussieht. Die Entscheidung, die Produktion des Ford Focus doch nicht von Michigan in das geplante Werk im mexikanischen San Luis Potosí zu verlagern, sei allein den Marktkräften geschuldet. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die Nachfrage zu gering sei, um die Milliardeninvestition zu rechtfertigen. Es habe „keinen Deal“ mit Trump gegeben.
Das mit dem Deal ist sogar glaubhaft, denn es ist fraglich, ob Trump zugestimmt hätte: Ford baut zwar kein neues Werk in Mexiko, die Fertigung des Focus wird aber dennoch aus den USA verlagert. Aber nicht nach Luis Potosí, sondern einfach in das bestehende Werk Hermosillo. Lediglich die Investition in die künftige High-Tech-Schmiede in Flat Rock ist in den USA geblieben.
Die US-Werke der deutschen Autokonzerne
Pkw-Werk in Vance (Tuscaloosa)
Bundesstaat: Alabama
Mitarbeiter: 3.500
Modelle: C-Klasse (für Nordamerika), GLE, GLS
Lkw-Werk in Cleveland
Bundesstaat: North Carolina
Mitarbeiter: ca. 3000
Lkw-Werk in Mount Holly (Freightliner)
Bundesstaat: North Carolina
Mitarbeiter: 1.000
Lkw-Werk in Portland (Western Star)
Bundesstaat: Oregon
Mitarbeiter: 1.000
Van-Werk in Charleston (im Bau)
Bundesstaat: South Carolina
Mitarbeiter: bis zu 1.300 (geplant)
Modelle: Sprinter
Pkw-Werk in Spartanburg
Bundesstaat: South Carolina
Mitarbeiter: 8.000
Modelle: X3, X4, X5, X6
Pkw-Werk in Chattanooga
Bundestaat: Tennessee
Mitarbeiter: 2.200
Modelle: US-Passat, künftig Midsize-SUV
Trump ist die boomende Autoproduktion Mexikos ein Dorn im Auge. Das Nachbarland hat in den vergangenen Jahren selbst den vergleichsweise günstigen US-Südstaaten den Rang abgelaufen – Autobauer aus aller Welt haben in den vergangenen zehn Jahren rund 20 Milliarden Euro in den Aufbau neuer Mexiko-Werke investiert. VW ist dort seit Jahren vertreten, Audi hat gerade das Werk für den Q5 eröffnet, Daimler baut noch zusammen mit Nissan und will 2017 fertig sein, BMW erst 2019.
Schutzzölle für Importe aus Mexiko würden also nicht nur GM und Ford, sondern auch die drei deutschen Autobauer treffen. VW aber besonders hart. Denn während Daimler und BMW ihre wichtigen US-Modelle in den Südstaaten fertigen, kommt das derzeit in den USA meistverkaufte VW-Modell, der Mittelklassewagen Jetta, aus dem mexikanischen Puebla. Womöglich kann das Volkswagen mit dem Start des großen US-SUV Atlas aus Tennessee bald kompensieren, schmerzhaft würden die möglichen Einschnitte beim Jetta aber trotzdem.
Bei VW kommt noch erschwerend hinzu: Die letzten Verhandlungen mit den US-Behörden im Dieselskandal laufen noch. Werden hier nach der Vereidigung Trumps wichtige Beamte ausgetauscht, könnte das den Ablauf erheblich verzögern oder gar VW zum Spielball der protektionistischen Wirtschaftspolitik werden.
Ein weiterer Punkt in Trumps handelspolitischer Agenda könnte aber nicht nur VW und die anderen deutschen Autobauer treffen, sondern die globale Wirtschaft: der mögliche Austritt der USA aus diversen Freihandelszonen.
US-Absatz deutscher Hersteller 2000-2025
Audi: 80.372 Einheiten, Marktanteil 0,5 Prozent
BMW: 189.424 Einheiten, Marktanteil 1,1 Prozent
Mercedes: 205.615 Einheiten, Marktanteil 1,2 Prozent
Porsche: 22.926 Einheiten, Marktanteil 0,1 Prozent
Volkswagen: 355.479 Einheiten, Marktanteil 2,1 Prozent
Audi: 90.116 Einheiten, Marktanteil 0,5 Prozent
BMW: 266.200 Einheiten, Marktanteil 1,6 Prozent
Mercedes: 224.257 Einheiten, Marktanteil 1,3 Prozent
Porsche: 31.934 Einheiten, Marktanteil 0,2 Prozent
Volkswagen: 224.195 Einheiten, Marktanteil 1,3 Prozent
Audi: 101.594 Einheiten, Marktanteil 0,9 Prozent
BMW: 219.121 Einheiten, Marktanteil 1,9 Prozent
Mercedes: 224.939 Einheiten, Marktanteil 1,9 Prozent
Porsche: 25.322 Einheiten, Marktanteil 0,2 Prozent
Volkswagen: 256.831 Einheiten, Marktanteil 2,2 Prozent
Audi: 180.372 Einheiten, Marktanteil 0,5 Prozent
BMW: 357.967 Einheiten, Marktanteil 2,1 Prozent
Mercedes: 381.279 Einheiten, Marktanteil 2,3 Prozent
Porsche: 55.457 Einheiten, Marktanteil 0,3 Prozent
Volkswagen: 373.756 Einheiten, Marktanteil 2,2 Prozent
Quelle: IHS Global
Audi: 242.466 Einheiten, Marktanteil 1,4 Prozent
BMW: 372.418 Einheiten, Marktanteil 2,2 Prozent
Mercedes: 406.387 Einheiten, Marktanteil 2,4 Prozent
Porsche: 62.417 Einheiten, Marktanteil 0,4 Prozent
Volkswagen: 572.524 Einheiten, Marktanteil 3,4 Prozent
Quelle: IHS Global
Audi: 244.833 Einheiten, Marktanteil 1,5 Prozent
BMW: 359.314 Einheiten, Marktanteil 2,1 Prozent
Mercedes: 392.827 Einheiten, Marktanteil 2,3 Prozent
Porsche: 51.421 Einheiten, Marktanteil 0,3 Prozent
Volkswagen: 603.310 Einheiten, Marktanteil 3,6 Prozent
Quelle: IHS Global
Denn ohne den zollfreien Handel könnte es mit „America first“ bald vorbei sein: BMW baut etwa fast sämtliche SUV-Modelle in South Carolina. Trotz der SUV-Beliebtheit in den USA geht der überwiegende Teil der Produktion von X3, X4, X5 und X6 (und künftig des X7) in den Export. Mit Handelsbeschränkungen wäre das nicht mehr attraktiv – wenn einige Kilometer weiter das neue Werk in Mexiko lockt.
Ähnliches gilt auch für Ford-Chef Mark Fields. Eine Investition in die Zukunftstechnologien wäre ohnehin notwendig gewesen - egal ob unter Präsident Trump oder Präsidentin Clinton. Der Focus wird dennoch künftig in Mexiko gebaut. Und niemand weiß, wie schnell Fields die fertigen Pläne für ein neues Mexiko-Werk wieder aus der Schublade holen wird. „Es ist ein Vertrauensvotum für den designierten US-Präsidenten“, sagte Fields in Flat Rock.
Ein Vertrauen, das auch Trump irgendwann erfüllen muss. Sonst kommt die Abwanderung womöglich doch noch.