Credit-Suisse-Übernahme Fünf Gründe, warum diese Fusion die denkbar schlechteste Lösung ist

Ein Staatseinstieg wäre bei der angeschlagenen Schweizer Großbank Credit Suisse besser gewesen. Quelle: REUTERS

Die Credit Suisse wird von der UBS geschluckt, um eine neue Finanzkrise abzuwenden. Das wird noch für Schwierigkeiten sorgen. Der Schweizer Staat wäre besser selbst bei der Credit Suisse eingestiegen. Ein Kommentar.

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Nun ist Schluss mit der Credit Suisse: Die taumelnde Großbank aus Zürich geht auf Drängen der Schweizer Behörden im Konkurrenten UBS auf, damit ihre Malaise nicht weitere Geldhäuser infiziert. Und der Welt eine neue Finanz- und Weltwirtschaftskrise erspart bleibt. Allein: Diese Rettung leidet unter einem Strauß an Problemen. Und diese Schwierigkeiten gäbe es nicht, wenn die Schweiz die Credit Suisse mit Steuergeld gerettet hätte. Ein Staatseinstieg wäre deshalb die bessere Lösung gewesen.

Nur um das einmal deutlich zu sagen: Noch sinnvoller wäre es gewesen, wenn die Schweiz die Credit Suisse abgewickelt hätte. Eine Abwicklung bedeutet, dass eine Bank ihr Geschäft Stück für Stück zurückfährt. Zugleich können die Kunden zeitweise nicht oder nur teilweise auf ihre Einlagen zugreifen, damit die Bank Kredite in Ruhe beenden und Vermögenswerte verkaufen kann, um ihre Kunden später auszubezahlen. Zudem verlieren die Aktionäre und andere Geldgeber der Bank ihr investiertes Kapital.

Eine Abwicklung wäre deshalb die marktwirtschaftlichste Lösung gewesen: Die Aktionäre hätten dafür haften müssen, dass sie die Bankführung nicht rechtzeitig zum Umsteuern bewegt haben.

UBS – das ist der neue Bankenriese aus der Schweiz

Doch offenbar scheuten die Schweizer Behörden eine Abwicklung, zumal es nie zuvor zum Rückbau einer solch großen Bank gekommen ist. Stattdessen kommt es zur Übernahme des kriselnden Geldhauses durch ein anderes. Das ist die denkbar schlechteste Lösung. Und zwar aus fünf Gründen:

  • Eine Notfusion fördert die Politikverdrossenheit. Sie erweckt zwar den Eindruck, eine marktwirtschaftliche Lösung zu sein, weil ein Privatunternehmen ein anderes rettet. Tatsächlich wird die Notfusion aber Steuergeld kosten. Denn die Schweiz erteilt der UBS Milliarden-Garantien, um Risiken aus üblen Deals der Credit Suisse abzusichern. Solche Garantien lassen sich besser verkaufen, weil das Geld ja noch nicht ausgegeben ist – und Politiker suggerieren können, es werde vielleicht nicht gebraucht. Aber wenn die UBS das Geld benötigt, wozu es mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt, werden sich die Bürger verschaukelt fühlen. Sie werden sich fragen: Warum haben die Politiker nicht gleich reinen Tisch gemacht und erklärt, weshalb die Bank Geld braucht?
  • Die Aktionäre der Credit Suisse bluten nicht genug. Zwar zahlt die UBS für jede Credit-Suisse-Aktie nicht einmal einen Franken. Das ist allein schon gegenüber dem Kurs der Credit Suisse vor dem Rettungswochenende ein unfassbarer Wertverlust, als dieser noch bei knapp zwei Franken stand. Aber das reicht nicht: Die Aktionäre hätten ihr gesamtes Geld verlieren sollen. Denn Eigentümer haben auch Pflichten, und die bestehen darin, ein Management rechtzeitig zu einer Strategie zu zwingen, die einen Kollaps verhindert. Bei einem Einstieg des Staates hätte es dagegen zu dem berechtigten Totalverlust kommen können: Der Staat hätte die Bank mit Milliarden auffrischen können, aber hätte die Aktien einfach eingezogen.
  • Durch die Übernahme droht die UBS selbst zum Sanierungsfall zu werden. Sie hat sich in den vergangenen Jahren als potente Bank mit einer sinnigen Strategie erwiesen. Doch das steht infrage, weil es ihr gelingen muss, die Credit-Suisse-Mitarbeiter zu integrieren. Auch weil die UBS zwei IT-Systeme zusammenbringen muss und es ihr obliegt, die skandalumtoste Investmentbank der Credit Suisse zu schrumpfen. Offenbar teilen diese Sorge die Aktionäre der UBS, ist deren Kurs doch am Montag gefallen – mit der Folge, dass auch weitere Bankaktien an Wert verloren haben. Und nun vielleicht eine neue Abwärtsspirale droht.
  • Die Übernahme macht die UBS zu einer potenziell extrem gefährlichen Mega-Bank. Denn je größer eine Bank ist, desto größer sind auch die Risiken, die von ihr ausgehen können, falls sie in Schieflage gerät. Sollte das einmal bei der UBS der Fall sein, ist die nächste Finanzkrise vorprogrammiert. Vielleicht sollte die Schweiz schon einmal anfangen, dafür Geld anzusparen.
  • Die Übernahme beschädigt den Ruf der Schweiz als Wirtschaftsstandort. Das Land entmachtet nämlich die Aktionäre der UBS, damit diese der für ihre Bank potenziell schädlichen Fusion nicht zustimmen müssen – und damit sie den Zusammenschluss nicht be- oder verhindern. Allerdings sind Eigentumsrechte einer der Schmierstoffe der Marktwirtschaft: Nur wer weiß, dass er morgen noch über seinen Besitz verfügen kann, investiert auch in ein Land. Wer kann der Schweiz jetzt noch vertrauen?

Die Krise um die Credit Suisse hat das Ansehen der Schweiz bereits massiv beschädigt. Die von Schweizer Politik und Behörden angeregte Notfusion zur Rettung der Credit Suisse könnte den Ruf nun vollends zerstören. Und dem Land neue und schwerste Probleme beschweren.

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