Tatsächlich hat sich bei der Postbank schon kurz nach dem Einstieg der Deutschen Bank eine Menge geändert. Ende Oktober 2008 erhöhte sie ihr Kapital und erklärte, dass sie keine Dividende zahlen und riskante Geschäfte aufgeben werde. Im Juni 2009 trennte sie sich von Vorstandschef Wolfgang Klein. Dass die Postbank all diese einschneidenden Schritte aus eigenem Antrieb und ohne Anweisung der Deutschen Bank vornahm, glauben die Exaktionäre nicht.
Ein Kläger unterstellt sogar, dass die gesamte Übernahme ein abgekartetes Spiel war, um die Postbank vor dem drohenden Kollaps zu retten. In der Tat war das Institut 2008 alles andere als eine solide Privatkundenbank. Kunden hatten der Postbank viel mehr Einlagen anvertraut als Kredite nachgefragt, den Überschuss hatte die Bank in Wertpapiere und Kredite für Gewerbeimmobilien angelegt. In der Spitze summieren sich die Engagements auf 80 Milliarden Euro. In der Finanzkrise, die sich ab dem Sommer 2007 rasend schnell durch die Bankbilanzen fraß, verloren nun ausgerechnet diese Positionen dramatisch an Wert. Die Deutsche Bank, so die Behauptung, soll die Postbank gerettet und sich dabei durch komplexe Transaktionen selbst gestärkt haben.
Belegt ist das nicht. Klarheit könnten Details aus den Verträgen zwischen Deutscher Bank und Post bringen, doch die halten beide unter Verschluss. Die Finanzaufsicht BaFin habe die Übernahme schließlich geprüft und genehmigt – warum also zweifeln?
Details kommen nur spärlich ans Licht, etwa im Februar 2016, als Post-Chef Frank Appel in Köln als Zeuge aussagt. Vorausgegangen ist ein ziemlicher Hickhack. Appels Anwälte melden unmittelbar vor seinem eigentlich für April 2015 geplanten Auftritt plötzlich Bedenken wegen angeblicher Verschwiegenheitspflichten an. Als der Post-Chef schließlich doch aussagt, erklärt er, dass er die Verträge nicht gelesen habe. Wesentliche Entscheidungen habe die Postbank nach 2008 allein getroffen. Über vertragliche Klauseln, die der Deutschen Bank einen Einfluss auf die Postbank gewähren, sei nicht verhandelt worden.
In der Folge müssen die Anwälte Details aus dem Vertrag preisgeben. Zu denen zählt eine Klausel, nach der die Post keine Handlungen vollführen darf, die die „Transaktion in Frage stellen, verhindern oder wesentlich verzögern könnten“. Beispielhaft nennt sie die Zahlung von Dividenden.
Deutsche Bank nimmt Einfluss auf Postbank
Für die Anwälte der Exaktionäre ist seitdem klar, dass die Deutsche Bank sich damit Einfluss auf die Postbank gesichert hat. Hinzu kommt noch, dass die Post ihre Aktien unmittelbar in ein Depot bei der Deutschen Bank übertrug und der Bank gewisse Rechte einräumte. Eine „lückenlose Stimmrechtsbindung“ sei nachgewiesen, heißt es in dem Schriftsatz eines Klägers.
Auch die Richter sehen die Vereinbarung offenbar kritisch. Die Anwälte der Deutschen Bank dagegen erklären, dass die Klausel eine „völlig untergeordnete Rolle“ gespielt, lediglich den „Status Quo“ gesichert und nur das klargestellt hätte, was „ohnehin Pflichten der Post gewesen wären“. Die Post habe ihre Interessen nicht denen der Deutschen Bank untergeordnet.
Dass die Deutsche Bank die Prozesse mittlerweile ernst nimmt, zeigt ihr aktueller Geschäftsbericht. In der umfangreichen Auflistung aller Rechtsverfahren tauchen die Aktionärsklagen erstmals auf. Ob die Bank für den Fall einer Niederlage Rückstellungen gebildet hat, lässt sie offen. Bei der Deutschen Bank heißt es, dass sie weiter optimistisch sei, die Prozesse zu gewinnen.
So ähnlich haben das ihre Vertreter in anderen Verfahren auch schon formuliert.