Bei der Deutschen Bank wächst nach dem zweiten Milliardenverlust in Folge die Zuversicht. „Wir hoffen in diesem Jahr Gewinn zu machen, das ist unsere Absicht“, sagte Konzernchef John Cryan am Donnerstag in Frankfurt. Finanzvorstand Marcus Schenck bekräftigte: „Wir werden alles daran setzen, dass wir nicht wieder einen Verlust ausweisen.“
Der Großteil teurer Rechtslasten sei abgearbeitet, im Tagesgeschäft laufe es wieder besser, nach der Unsicherheit im Herbst kehrten die Kunden zurück. Das Jahr 2017 habe vielversprechend begonnen, sagte Cryan: „In wesentlichen Bereichen unserer Bank läuft es deutlich besser als im Vorjahr, zum Beispiel im Kapitalmarktgeschäft.“
Im vergangenen Jahr sorgten der radikale Konzernumbau und der Abbau teurer Altlasten erneut für tiefrote Zahlen: Mit 1,4 Milliarden Euro fiel der Verlust 2016 zumindest deutlich geringer aus als das Rekordminus von 6,8 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.
Wie Wettbewerber auch tat sich der deutsche Branchenprimus wegen der Zinsflaute im Tagesgeschäft schwer. Die Erträge 2016 lagen mit 30 Milliarden Euro zehn Prozent unter dem Vorjahreswert.
Die teuersten Rechtsstreitigkeiten der Deutschen Bank
In der Affäre um Geldwäsche von Kunden bei Wertpapiergeschäften in Moskau, London und New York muss die Deutsche Bank umgerechnet knapp 600 Millionen Euro an Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien zahlen. Deutsche-Bank-Kunden kauften zwischen 2011 und 2015 bei der Moskauer Filiale Aktien großer Konzerne in Rubel - um diese dann an westlichen Handelsplätzen in dortiger Währung wieder zu verkaufen. So sollen rund 10 Milliarden Dollar Rubel-Schwarzgeld gewaschen worden sein. Die Deutsche Bank habe wegen Aufsichtsversagens zahlreiche Gelegenheiten ungenutzt gelassen, das Komplott zu unterbinden, urteilte die New Yorker Finanzaufsicht DFS und verhängte ein Bußgeld von 425 Millionen Dollar. An die britische Finanzaufsicht FCA muss die Deutsche Bank 163 Millionen Pfund zahlen.
Kurz vor Weihnachten einigt sich die Deutsche Bank mit den US-Behörden auf einen Vergleich über 7,2 Milliarden Dollar (6,7 Mrd Euro) für dubiose Hypothekengeschäfte aus Zeiten vor der Finanzkrise 2007/2008. 3,1 Milliarden Dollar werden als Zivilbuße fällig, 4,1 Milliarden Dollar muss die Bank über fünf Jahre verteilt an „Erleichterungen für Verbraucher“ zur Verfügung stellen. Wie sich das auf die Bilanz auswirkt, ist noch offen. US-Justizministerin Loretta Lynch kritisiert das Institut harsch: „Die Deutsche Bank hat nicht nur Investoren getäuscht, sie hat direkt zu einer internationalen Finanzkrise beigetragen.“ Ursprünglich hatte US-Justizministerium mit 14 Milliarden Dollar Strafe gedroht.
Die Deutsche Bank muss wegen ihrer Verstrickung in den Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar zahlen. Das Institut verständigt sich mit Behörden in den USA und Großbritannien auf einen Vergleich. Es ist die höchste bislang verhängte Buße gegen eine Bank in diesem Fall.
Die Bank zieht einen teuren Schlussstrich unter den Dauerstreit um die Pleite des Kirch-Medienkonzerns. Insgesamt 925 Millionen Euro kostet der am Oberlandesgericht München besiegelte Vergleich. Damit beendete die Bank die juristische Auseinandersetzung um eine Mitverantwortung für die Pleite des Kirch-Konzerns 2002.
Das Institut zahlt 1,9 Milliarden Dollar in einem Streit um Hypothekenpapiere in den USA. Die beiden staatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac fühlten sich bei Hypothekengeschäften aus den Jahren 2005 bis 2007 übers Ohr gehauen.
Der Konzern steht für zwielichtige Hypotheken-Geschäfte der US-Tochter MortgageIT gerade. Um eine Klage aus der Welt zu schaffen, fließen 202 Millionen Dollar.
Das Geldhaus legt einen Streit mit der Stadt Mailand über umstrittene Zinswetten gegen eine Millionen-Zahlung bei. Insgesamt erhält die italienische Wirtschaftsmetropole 455 Millionen Euro. Die Entschädigungszahlung teilen sich vier Banken.
Dazu beigetragen habe auch die Unruhe an den Märkten im Oktober, als Investoren sich wegen einer drohenden 14-Milliarden-Dollar-Strafe aus den USA Sorgen um die Stabilität der Bank machten. „Unsere Ertragssituation hat unter den schlechten Nachrichten rund um die Deutsche Bank im vierten Quartal gelitten“, konstatierte Schenck. Sogar über mögliche Staatshilfen war spekuliert worden. Die Aktie schmierte damals ab und stürzte auf ein Rekordtief unter zehn Euro.
Letztlich erreichte die Bank kurz vor Weihnachten eine deutlich günstigere Einigung mit der US-Justiz im Verfahren um dubiose Hypothekengeschäfte aus Zeiten vor der Finanzkrise 2007/2008. Der Vergleich beläuft sich auf 7,2 Milliarden Dollar (6,7 Mrd Euro). Anfang dieser Woche zahlte die Bank dann noch umgerechnet knapp 600 Millionen Euro in den USA und Großbritannien wegen einer Geldwäsche-Affäre, in die Kunden des Instituts verwickelt waren.
„Sicher, noch gibt es weitere Verfahren, die unsere Ergebnisse belasten werden, aber wir haben nun wesentliche Rechtsfälle abgeschlossen“, sagte Cryan. Erst in der vergangenen Woche sei die Milliardenstrafe in die USA überwiesen worden.
Cryan hatte 2016 zu einem „Übergangsjahr“ erklärt - und verordnete dem Konzern eine Radikalkur: Weltweit will die Bank bis 2018 unter dem Strich 9000 Arbeitsplätze im eigenen Haus abbauen. Der Abbau von 4000 Stellen in Deutschland komme gut voran. Pläne zu einem weiteren Personalabbau gebe es derzeit nicht, versicherte Cryan.
Aus zehn Auslandsmärkten und manchen Geschäften im Investmentbanking zieht sich die Deutsche Bank ganz zurück. Im Inland schrumpft die Zahl der Filialen von 723 auf 535, der größte Teil der Schließungen soll bis Ende des ersten Halbjahres 2017 erledigt sein.
Grundlegende Änderungen an dieser Strategie seien nicht zu erwarten, betonte Cryan. Zu Spekulationen, die Bank wolle einen Teil ihrer Fondstochter Deutsche Asset Management an die Börse bringen, sagte er: „Vermögensverwaltung ist ein Kerngeschäft für uns.“
Auch an den Verkaufsplänen für ihre Bonner Tochter Postbank hält die Deutsche Bank fest. „Wir gehen davon aus, dass sich die Postbank 2017 selber in eine Position bringt, die deutlich attraktiver ist und dann wird man entscheiden können“, sagte Finanzchef Schenck.
Der angekündigte Verkauf der Postbank könnte in diesem Jahr über die Bühne gehen. „Wir gehen schon davon aus, dass sich die Postbank selber 2017 in eine Position bringt, die deutlich attraktiver ist und dann wird man entscheiden können“, sagte Deutsche-Bank-Finanzchef Marcus Schenck. Dazu brauche die Postbank aber eine hinreichende Eigenständigkeit. „Da sind wir noch nicht.“
Der Konzern hatte 2015 angekündigt, sich von der erst vor wenigen Jahren voll übernommenen Postbank wieder trennen zu wollen. Von einem Verkauf verspricht sich die Deutsche Bank eine deutliche Verbesserung ihrer Kapitaldecke.
Die Deutsche Bank selbst steht nach einem turbulenten Jahr auf einer solideren Kapitalbasis als erwartet: Die harte Kernkapitalquote lag zum Jahresende bei 11,9 Prozent nach 11,1 Prozent zum Ende des dritten Quartals. Kernkapital gilt als Puffer für Krisen, die Anforderungen der Aufseher steigen.
Anleger zeigten sich wenig überzeugt, schließlich hatten Analysten einen geringeren Jahresverlust erwartet. Zudem kochten erneut Sorgen über eine notwendige Kapitalerhöhung hoch. Cryan umschiffte dieses Thema: „Wir haben heute nichts bekanntgegeben.“ Ob es nach zwei Jahren ohne Gewinnausschüttung für 2017 wieder eine Dividende geben wird, sei derzeit nicht abschätzbar. Der Aktienkurs rauschte am Donnerstag um bis zu sieben Prozent in die Tiefe und stand gegen Mittag noch fünf Prozent im Minus.