Bahn-Betriebsratschef Schwarz „Alle sind unzufrieden, überall“

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„Der Vorstand muss aufhören zu sparen“

Wo fehlt denn qualifiziertes Personal?
Wir brauchen überall mehr Personal, aber vor allem in der Instandhaltung. In den Werkstätten in Hamburg und München arbeiten einfach zu wenige Leute. Auch Köln hat Probleme. Aber gute Leute bekommt man nicht so schnell. Viele ICE-Züge verlassen die Werkstatt daher mit vielen kleinen Störungen, die zwar nicht sicherheitsrelevant, aber ärgerlich sind. Kaputte Toiletten, defekte Kaffeemaschinen, kaputte Sitzplatzanzeigen. Das Bordbistro ist gerade ein Riesenthema. Und dann müssen die Mitarbeiter an Bord die Probleme wieder ausbaden. Auf Dauer fährt die Bahn die Leute sauer. Das Maß ist voll.

Was fordern Sie?
Zunächst einmal muss der Vorstand aufhören zu sparen. Es darf keinen Ausgabenstopp geben, sondern es muss mehr investiert werden. Das Reformprojekt „Zukunft Bahn“, das in vielen Bereichen vorsah, weniger statt mehr Leute einzusetzen, ist gescheitert. Das will der Vorstand natürlich nicht hören.

Bei der Aufsichtsratssitzung Mitte November hatte der Vorstand das Kontrollgremium über die neuen Maßnahmen informiert. Was wurde da entschieden?
Nichts wurde entschieden. Es ist diskutiert worden, aber eine Beschlusslage gibt es erst im Dezember bei der turnusmäßigen Aufsichtsratssitzung. Die entscheidende Frage wird dann sein: Wo kommt das Geld her? Bei der Sanierung des Schienennetzes verhandelt der Vorstand gerade mit dem Bund über Milliarden. Wenn die Politik den Schienenverkehr stärken will, muss da mehr kommen.

Die Deutsche Bahn könnte profitable Töchter verkaufen, etwa die Logistikfirma Schenker und den Nahverkehrsbetreiber Arriva. Steht das bald an?
Der Verkauf von Arriva und Schenker ist derzeit völlig offen. Ich halte einen Verkauf ohnehin für falsch. Er würde einmalig Geld bringen, aber damit ist nicht viel gewonnen. Die Tochtergesellschaften verdienen Geld, das langfristig der Eisenbahn in Deutschland zugutekommt. Und das letzte, was wir brauchen, ist eine Trennung des Konzerns in ein Schienennetz und die Transporteinheiten. Das fordern ja die Grünen und die FDP. Aber dann hätten wir englische Verhältnisse. Die Bahn dort ist nicht leistungsfähig.

Die Bahn investiert in neue Fahrzeuge, etwa den ICE4. Das neue Flaggschiff ist seit einem Jahr in Betrieb. Sind die Mitarbeiter hier zufrieden?
Es gibt ein paar Kinderkrankheiten. Die Türen machen zum Beispiel Probleme. Aber im Großen und Ganzen ist das ein guter Zug, der auch bei den Mitarbeitern an Bord gut ankommt. Probleme machen zurzeit eher die älteren ICE-Modelle. Die Bordbistros im ICE1 zum Beispiel sind ständig defekt. In der Werkstatt Nürnberg läuft gerade ein neues Modernisierungsprogramm, das den Betrieb des ICE1 stabilisieren soll. Auch beim ICE3 steht das Bordbistro auf der Agenda. Ingenieursteams bauen gerade ein neues Bistro, das weniger anfällig ist.

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