Brexit-Notfallplan Easyjet erwägt, seine britischen Aktionäre loszuwerden

Easyjet hat einen Brexit-Notfallplan Quelle: dpa

Um weiter in ganz Europa fliegen zu dürfen, wendet sich Easyjet gegen seine britischen Aktionäre. Das Unternehmen will auf das Geschäft unter anderem in Berlin nicht verzichten, auch wenn es dort noch nicht rund läuft.

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Der britische Billigflieger Easyjet treibt seine Vorbereitungen für den bevorstehenden Brexit voran. Ziel ist es, den paneuropäischen Flugbetrieb für den Fall eines ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU zu sichern. Wie die Rivalin Ryanair aus Irland versucht das Unternehmen, einen Teil seiner Aktionäre aus Großbritannien und anderen Ländern außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums loszuwerden.

Easyjet-Chef Johan Lundgren will damit sicherstellen, dass die Fluggesellschaft spätestens am 29. März mehrheitlich Eignern aus dem EU-Wirtschaftsraum gehört. Dies gilt als Voraussetzung dafür, dass eine Airline auf Strecken innerhalb der EU fliegen darf.

„Die EU und Großbritannien haben versprochen zu gewährleisten, dass Flüge zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU auch im Falle eines Brexits ohne Abkommen weiterhin stattfinden“, teilte Easyjet am Dienstag bei der Vorlage der Quartalszahlen in Luton mit. Geliefert haben Brüssel und London trotz aller informellen Versprechen aber bislang nicht und über das Geschäftsmodell in ganz Europa ist damit noch nichts gesagt.

Easyjet-Maschinen fliegen auch auf Strecken zwischen anderen EU-Ländern und seit 2018 auf innerdeutschen Strecken. Am größten Standort Berlin gibt es zwar auch im laufenden Geschäftsjahr noch rote Zahlen, dafür aber nach weiteren Flugplanoptimierungen auch bessere Geschäftsaussichten. Easyjet hat längst parallel einen österreichischen Flugbetrieb gegründet, auf den bereits 130 der aktuell 318 Airbus-Flugzeuge übertragen sind. Bis zum Brexit-Datum 29. März sollen auch die Lizenzen der Besatzungen dort landen.

Zum Jahresende 2018 befand sich die Airline nach eigenen Angaben zu 49 Prozent in der Hand von Anteilseignern aus dem europäischen Wirtschaftsraum - ohne Großbritannien. Damit lag die Quote immerhin 2 Prozentpunkte höher als Ende September. Um die Quote über die notwendigen 50 Prozent zu treiben, denkt Easyjet darüber nach, den Nicht-EU-Aktionären notfalls die Stimmrechte für die Hauptversammlung zu entziehen. Auch könnte man sie zwingen, ihre Anteile an europäische Eigner zu verkaufen, überlegt die Airline nun öffentlich.

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von Yvonne Esterházy

In einer Stellungnahme vom Dienstagabend betonte das Unternehmen, man sei „bestrebt, alle Anteilseigner gleich zu behandeln – unabhängig ihrer Nationalität“. Man wolle daher vor der Ergreifung von Zwangsmaßnahmen zuerst versuchen, die Erhöhung der Quote europäischer Anteilseigner organisch zu erreichen.

Ryanair hatte bereits vor Wochen angekündigt, die Stimmrechte seiner britischen Aktionäre für den Fall eines ungeregelten Brexits zu beschränken. Von weiteren Zwangsmaßnahmen wollen die Iren bislang aber absehen. Mitte Oktober befand sich Ryanair zu 46 Prozent in der Hand von EU-Aktionären - ohne die Briten.

Das Problem der Eigentümerstruktur betrifft aber nicht nur britische und irische Fluggesellschaften. Auch die Mutterkonzerne der deutschen Ferienflieger Condor und Tuifly müssen notgedrungen an Lösungen basteln. So gehört Condor zur Airline Group des britischen Reiseveranstalters Thomas Cook (Neckermann), der wiederum mehrheitlich britischen Aktionären gehört. Tuifly ist eine Tochter des Reisekonzerns Tui aus Hannover, der zu einem Viertel dem Russen Alexej Mordaschow und zu einem großen Teil britischen Aktionären gehört.

Bei einem Brexit könnten die EU-Fluglizenzen beider Ferienflieger in Gefahr geraten. Ihre Mutterkonzerne haben daher wiederholt versichert, sich für einen ungeregelten Brexit zu wappnen. „Wenn man nicht weiß, was passieren wird, bereitet man sich auf alles vor“, hatte Tui-Chef Fritz Joussen gesagt. Zu Details hielten sich beide Unternehmen jedoch bedeckt. Sie hoffen wie viele in der Branche, dass ihr Flugbetrieb nach dem 29. März mehr oder weniger unverändert weitergeht. Eine rechtliche Grundlage dafür steht aber weiterhin aus.

Die Unsicherheit betrifft auch die International Airlines Group (IAG), zu der Fluggesellschaften wie British Airways, die spanischen Airlines Iberia und Vueling und die irische Aer Lingus gehören. Die neue Grenze zwischen EU und Großbritannien verläuft voraussichtlich mitten durch den IAG-Konzern, der zudem eine sehr internationale Eigentümerstruktur hat: IAG gehört zu 21 Prozent der arabischen Fluggesellschaft Qatar Airways, weitere große Anteile befinden sich im Besitz von Anlegern aus Großbritannien und den USA.

Sollten Iberia und Vueling nach einem ungeregelten Brexit nicht mehr fliegen dürfen, würde dies einen großen Teil des innerspanischen Flugverkehrs lahmlegen. Der EU zufolge muss IAG bis 29. März nachweisen, dass sich Iberia und Vueling im Eigentum von EU-Investoren befinden. IAG vertritt die Auffassung, dass die Airlines diese Vorschrift erfüllen - etwa durch die Registrierung von Iberia und Vueling in Spanien und die Bündelung der Stimmrechte bei dort angesiedelten Dachgesellschaften. Am Ende könnte die spanische Luftfahrtbehörde entscheiden müssen, ob das ausreicht.

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