Sie ist ein früher Vogel, liebt Wiesen und Heiden, sie singt im Flug – und ist vom Aussterben bedroht. Laut dem Naturschutzbund (Nabu) ist die Zahl der Feldlerchen in Deutschland in den vergangenen zwanzig Jahren um ein Viertel zurückgegangen. Die Gründe: intensive Landwirtschaft, Versiegelung von Flächen, Gebrauch von Umweltchemikalien wie Pestiziden.
Ausgerechnet BASF, einer der großen Hersteller solcher Pestizide, wollte dabei helfen, die Feldlerche, den „Vogel des Jahres 2019“ zu erhalten. Der gute Wille war da, das Konzept schlüssig – doch am Ende scheiterten die BASF und ihre Kooperationspartner an den Verbrauchern. Die redeten zwar gerne über Umwelt- und Artenschutz. Doch wenn es ans eigene Geld gehe, verschöben sich die Prioritäten der Konsumenten schon mal. Der Erhalt der Feldlerche hätte einen Cent-Betrag gekostet.
Ernten und erhalten
Solche Kritik sei unberechtigt, findet Michael Wagner, gelernter Landwirt und Leiter der BASF-Agrarsparte: „Bei der BASF haben wir schon vor über zehn Jahren über Biodiversität und Artenschutz gesprochen.“ Produktive Landwirtschaft und Arterhaltung gehe durchaus zusammen, findet der BASF-Manager. Das wollte der Ludwigshafener Chemiekonzern dann auch praktisch beweisen und startete gemeinsam mit vier Landwirten aus der Südpfalz eine konzertierte Aktion: Die Landwirte ließen auf ihren Weizenfeldern einige Quadratmeter frei, in denen die Lerchen ungestört brüten konnten – sogenannte Lerchenfenster, etwa 10 bis 20 Meter lang. Die Experten der BASF hatten zuvor mithilfe digitaler Methoden analysiert, an welchen Standorten die Lerchen die besten Bedingungen vorfinden.
Lesen Sie auch: „In Brüssel hat man den Ernst der Situation noch nicht erkannt“
Und tatsächlich nahmen die Feldlerchen das Angebot der BASF an. Im Frühjahr hegten und pflegten die Vögel ihre Brut. Im Sommer, wenn sich die Lerchen zurückgezogen hatten, ernteten die Landwirte den Weizen. Die ortsansässige Walter Mühle verarbeitete das Getreide zu Mehl, die in der Region bekannte Bäckereikette Görtz buk daraus das „Lerchenbrot“. Damit die Kunden auch erfuhren, was hier Gutes entstanden ist, wurden eigens noch speziell designte Papiertüten mit einem Lerchenlogo bedruckt. Im Verkauf kostete der Brotlaib dann allerdings zehn Cent mehr – eine Art Solidaritätszuschlag für die Landwirte, denen die Lerchenfenster einen entsprechenden Ernteausfall beschert hatten.
Kein Cent für die Lerche
Nach anfänglicher Begeisterung ließ das Interesse der Kunden allerdings stark nach. Ernüchterung kehrte ein. Mittlerweile hat die Bäckerei den Verkauf des speziell beworbenen Brotes gestoppt, das Konzept wird gerade überarbeitet. So sollen auch künftig in Bäckereien Brote, deren Getreide aus Agrarflächen mit Lerchenfenstern oder Blühwiesen für Insekten stammt, besonders herausgestellt werden – wie genau, ist noch unklar. Bei der BASF registrierten sie enttäuscht, dass es mit dem Engagement für Artenschutz in der Bevölkerung offensichtlich doch nicht so weit her sei. Womöglich war es auch zu schwierig, den Kunden die komplexe Idee mal eben an der Ladentheke zu vermitteln.
Dass zwischen Worten und Taten der Verbraucher zuweilen Welten klaffen, hat sich in der Lebensmittelbranche inzwischen herumgesprochen. Zwar geben Kunden in Umfragen gerne an, für Qualität, artgerechte Tierhaltung oder Artenschutz mehr bezahlen zu wollen – die Realität sind aber oft anders aus. „Die Moral endet am Regal“, bringt ein Lidl-Manager den vermeintlichen Widerspruch auf den Punkt.
Künftig könnte es sogar noch anspruchsvoller werden, die Verbraucher für mehr Bio zu begeistern, schwant Markus Roeser, der bei der BASF in Nordeuropa für das Thema Nachhaltigkeit verantwortlich zeichnet: „Da nun die Lebensmittelpreise stark steigen, dürfte es künftig noch schwieriger werden, die Verbraucher an den Kosten zu beteiligen.“ Für das Überleben der Feldlerche sind das keine guten Aussichten.
Lesen Sie auch: BASF – der Boom vor dem Sturm