Immobilienentwickler Gröner „Wahrer Reichtum hat nichts mit Geld zu tun“

Oettinger, Schröder, Pofalla: Gröner Group setzt auf Politiker. Quelle: imago images

Günther Oettinger, Gerhard Schröder, jetzt Ronald Pofalla – der Immobilienentwickler Christoph Gröner nimmt auffallend oft Ex-Politiker in seiner Firmengruppe unter Vertrag. Warum er das tut – und welche Rolle Boris Becker für ihn spielte.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Christoph Gröner flaniert über die Polis-Messe im Böhler-Areal in Düsseldorf – eine der ersten Immobilien-Messen, die er seit dem Ausbruch der Pandemie wieder persönlich besucht. Sichtlich erfreut grüßt er links und rechts Menschen, bleibt stehen, um mit alten Bekannten zu sprechen. „Ich genieße es, mir das Treiben hier anzuschauen – wie die jungen Frauen sich herrichten und die älteren Männer versuchen, sie zu erobern“, sagt der Chef der nach ihm benannten Immobilienentwicklungsfirma Gröner Group. Seine Initialen CG blitzen als kleiner silberner Anstecker auf dem Revers seines Anzugjacketts. Er streckt plötzlich die Brust heraus, macht weit ausfallende Schritte und wirft dabei seine Arme nach vorn: „Wie manche Leute sich hier wichtig machen.“

Eigentlich gehört Gröner eher ins Lager der Macher als in das der stillen Beobachter. Doch das Asset der Introvertierten hat er sich zur Angewohnheit gemacht: „Ohne genaues Beobachten ist kein erfolgreiches Handeln möglich.“ Im Interview mit der WirtschaftsWoche spricht er über die Rolle von Ex-Politikern in seinem Unternehmen, sozialen Wohnungsbau und persönliche Vorbilder.

Herr Gröner, was wollen Sie in der Immobilienwirtschaft erreichen?
Wenn Deutschland klimaneutral werden will bis 2045, müssen wir innerhalb von 23 Jahren 44 Millionen Haushalte, rund 32.000 Schulen und 5.700 Bahnhöfe klimaneutral bauen oder umrüsten. Wie das gehen soll, ist die gigantische Frage, die die Politik sich nicht einmal zu stellen wagt. Als Unternehmer baue ich diese Kompetenz auf – von meinen 600 Mitarbeitern sind 300 Ingenieure, Planer und Architekten. Wir digitalisieren die Bauwirtschaft mit virtuellen Prototypen, an denen man transparent den Energieverbrauch, den CO2-Ausstoß beim Bau und beim Betrieb und die Kosten ablesen kann.

Christoph Gröner Quelle: imago images

Sie stellen in Ihrer Unternehmensgruppe auffallend viele Ex-Politiker ein. Warum machen Sie das?
Wir sprechen selbst ständig mit den zuständigen Baugremien bis hin zu Ministerpräsidenten. Einem Politiker fällt es jedoch ungemein leichter, bei Kommunen und Ländern Gehör zu finden. Deshalb haben wir einen hochkarätigen Beirat mit Politikern wie Günther Oettinger, dem früheren EU-Kommissar und Landesvater von Baden-Württemberg oder dem früheren Bahn-Chef Rüdiger Grube. Die Bahn fährt schon fast CO2-neutral, sie hat da einen enormen Vorsprung. Hören Sie den Politikern einmal zu – dann stellen Sie fest wie hochkompetent und überzeugungskräftig sie sind. Günther Oettinger beispielsweise ist ein Hammer. Aus unserer Sicht ist es sinnvoll und effizient sich von Leuten mit dieser Kompetenz beraten zu lassen und ihre Expertise zu nutzen. Ziel ist es, deren Horizont in unsere Strategie einzubeziehen.

Was genau versprechen Sie sich von Ronald Pofalla, den Sie zum 1. Mai in die Geschäftsführung berufen haben?
Herr Pofalla hat bei der Bahn über Green Tech alles gelernt. Er kennt sich mit Wasserkraft und Photovoltaik glänzend aus. Im Fernsehen kommt er vielleicht nicht so energiegeladen rüber. Als ich ihn vor zwei Jahren bei unserem Neujahrsempfang 2019 meines vorherigen Unternehmens näher kennenlernte, überzeugte er mich: gut informiert bis ins Detail, sympathisch und tiefgründig. Ich hatte ihn auf Rat von Herrn Grube als Redner angefragt. Wir überzeugten ihn dann von uns: Bei meinem jetzigen Unternehmen, der CG Elementum, wollen wir eine gesellschaftliche Aufgabe lösen, nicht das meiste Geld verdienen. Wir gestalten Lebens- und Arbeitsräume für die ganze Vielfalt unserer Gesellschaft.

Wofür genau werden Sie Herrn Pofalla einsetzen?
Er wird sich um Public Relations kümmern, um Green Tech und Nachhaltigkeitsthemen. Und er wird die Verhandlungen mit den großen Energiekonzernen führen. Das können schwierige Gespräche werden, denn die Unternehmen halten sich bislang bei CO2-neutralen Bauprojekten zurück, weil sie ihren Strom und ihre Fernwärme verkaufen wollen. Sie stehen unserem Interesse entgegen, die Atomkraftwerke durch kleine Blockheizkraftwerke im Vorgarten, durch Geothermie und Photovoltaik zu ersetzen. Dazu sind wir als diejenigen, die nah an der Immobilie sind, am besten in der Lage. Die Versorger haben Vorbehalte, diese Technologien nicht zu beherrschen – und Angst vor Reputationsschäden. Fakt ist: Die Großen verlieren zu Gunsten der Kleinen. Wir liefern die Blaupause der Immobilie der Zukunft.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder war bis vor kurzem Ihr Berater. Haben Sie ihm noch etwas zu sagen?
Ich habe zuletzt Ende Februar mit ihm telefoniert. Da musste ich akzeptieren, dass Herr Schröder angesichts des Überfalls auf die Ukraine so weit entfernt war von meiner persönlichen Vorstellung, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich war. Er hat es vehement abgelehnt, sich aus dem Rosneft-Aufsichtsrat zurückzuziehen oder den Sitz zumindest temporär niederzulegen. Er ist sehr sympathisch und es schmerzt, wenn man sieht, wie jemand sich in eine solche Sackgasse begibt. Wir waren eine der ersten, die die Zusammenarbeit mit ihm aufgekündigt haben. Wir machen kein Geschäft mit Russland und verdienen dort kein Geld.

Lesen Sie auch: Der Fall Schröder und seine Folgen für den Lobbyismus

Wie wirken sich die steigenden Rohstoffpreise aus?
Hier gilt der Ausspruch: Der Winter ist für alle gleich kalt. Da alle für Materialien mehr bezahlen müssen, ist der Preisanstieg für uns nicht geschäftsentscheidend. Materialkosten machen nur zehn Prozent des Preises von Eigentumswohnungen aus. Wenn sie um 30 Prozent steigen, ist dieser Anstieg für ein Zehntel der Gesamtkosten relevant. Angesichts dessen, dass die Quadratmeterkosten sich wegen aufwändigerer Materialien wie Dreifachverglasung in Deutschland in den vergangenen Dekaden im Schnitt von 1.200 auf 2.400 Euro je Quadratmeter verdoppelt haben, ist das nicht so relevant. Mit unseren Handwerkern machen wir schon seit mehr als einem Jahr indexierte Verträge aus – die Rohstoffkosten werden laufend dem Marktpreis angepasst. Bei Festpreisen zahlt man oft einen Angstzuschlag an den Bauunternehmer. Holz etwa schwankte im vergangenen Jahr zwischen 600 und 1.200 Euro im Preis. Wir haben im Durchschnitt dank unserer Indexierung etwa 810 Euro ausgegeben, nicht den Angstpreis von 1.200 Euro.

von Sonja Álvarez, Max Biederbeck, Max Haerder, Silke Wettach

Macht sich die Materialknappheit bei Ihnen bemerkbar?
Von Lieferengpässen sind wir als Großabnehmer nicht so stark betroffen. Wir werden bevorzugt beliefert. Wir sind durch unseren Aufsichtsrat gut vernetzt in der Republik – solch ein Netzwerk ist auch bei Materiallieferungen sehr hilfreich.

Was kann der Staat tun dagegen, dass attraktiver Wohnraum in Städten immer unbezahlbarer wird?
Die schlechte Nachricht ist: In der sozialen Marktwirtschaft steckt das Wort Marktwirtschaft. Wer mehr bezahlen kann, wird eine bessere Lage erobern können. Der Staat kann weniger gut Verdienende nicht mit besser Verdienenden gleichstellen. Aber er gewährt den Schwächsten Hilfen bei Essen, Unterkunft und Arbeit. Und er kann auch in besserer Lage geförderten Wohnraum zu Verfügung stellen – etwa auf 100 neu gebaute Wohnungen 30 für Menschen in Armut. In Mannheim ist es der Stadt beispielsweise gelungen eine innovative Vorgehensweise einzuführen mit einer Quote für bezahlbares Wohnen. In Köln können mit dem kooperativen Baulandmodell viele Wohnungen für Mieter mit niedrigem Einkommen bereitgestellt werden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%