Lime-CEO Brad Bao „Deutsche Regularien für E-Scooter könnten weltweit Standard werden“

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Wann will Lime profitabel sein?

Doch Zweifel am E-Scooter als solchem kommen nicht nur von den Behörden, sondern vor allem aus der Bevölkerung, die sich über mitten auf dem Gehweg geparkte E-Scooter und rasante bis gefährliche Fahrer beschwert. Wie überzeugen Sie diese Kritiker von einem Lime-Roller? Dass sie brav mit den Städten kooperieren, dürfte sie nicht beschwichtigen.
Für uns hat die Sicherheit der Fahrer und der anderen Verkehrsteilnehmer oberste Priorität. Mit den bestehenden deutschen Gesetzen und beispielsweise von der Straße klar abgetrennten Radwegen können wir beides schon recht gut gewährleisten. Und wir teilen Daten über das Fahrverhalten unserer Kunden mit den Städten und wollen es ihnen so ermöglichen, die E-Scooter perfekt in den Verkehr einzubinden – etwa auch durch gesonderte Abstellzonen. Außerdem bieten wir Fahrtrainings und Informationsveranstaltungen in den verschiedenen Städten an. Darüber hinaus sind viele der Fahrer zum ersten Mal auf einem E-Scooter unterwegs und parken ihre Roller nicht absichtlich mitten auf dem Gehweg. Übrigens war die Gesellschaft bei der Einführung des Automobils ähnlich unerfahren und musste erst lernen, es perfekt zu nutzen und in den Verkehr einzubinden. Alles braucht seine Zeit.

Ein ziemlich großer Vergleich. In einem weiteren Punkt trifft er aber zu: Die Auto- und auch die Scooterindustrie haben es geschafft, große Investoren an Land zu ziehen. An Lime sind zum Beispiel Andreessen & Horowitz, Section 32 oder GGV Capital beteiligt. Die Investoren wollen sicherlich bald Ergebnisse sehen. Wann wird Lime profitabel sein?
Finanzielle Entwicklungen kommunizieren wir als privates Unternehmen für gewöhnlich nicht. Was ich allerdings sagen kann: In einer Vielzahl unserer Märkte sind wir bereits profitabel. Und Woche für Woche kommen neue Städte hinzu. Einige sind erst noch auf dem Weg dahin. Ich gehe davon aus, dass wir jeden unserer Märkte in Zukunft profitabel betreiben können.

Kostspielig ist dabei das ständige Aufladen der Scooter. Bei Lime übernehmen diese Aufgabe unter anderem freie Mitarbeiter. In Berlin haben Sie die Prämie für das Aufladen neulich von 4 Euro auf 4,60 Euro angehoben. Außerdem haben einige sogenannte Juicer der WirtschaftsWoche berichtet, dass Lime sie angerufen hätte und sie dazu bewegen wollte, mehr Scooter zu laden. Suchen Sie derzeit händeringend nach mehr Personal?
Die Juicer sind tatsächlich ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Doch auch ein hauseigenes Team vor Ort und externe Dienstleister übernehmen das Aufladen der Scooter. Tatsächlich experimentieren wir gerade mit unterschiedlichen Prämien und Anreizsystem wie flexibleren Arbeitszeiten, um das Einsammeln der Scooter für die Juicer attraktiver zu machen. Wir werden sehen, welche Methode sich bewährt und lernen ständig dazu.

Wie viele Juicer arbeiten denn zurzeit für Sie?
Das werde ich aus wettbewerbstechnischen Gründen nicht verraten. Allerdings ist es gerade in Städten der USA einfacher an Personal zu kommen, in denen wir zum Beispiel mit den Universitäten vor Ort zusammenarbeiten. Wir bieten ihnen einen Nebenverdienst durch das Aufladen der Scooter an, damit sie ihr Studium abschließen und eine erfolgreiche Karriere starten können.

Die Juicer sammeln die E-Scooter häufig mit großen Transportern ein, die im Gegensatz zu den Scootern ganz und gar nicht elektrisch oder umweltschonend angetrieben werden. Wie passt das zu Ihrem Geschäftsmodell?
Nachhaltigkeit hat für Lime höchste Priorität. Mit unseren Mikro-Mobilitätslösungen leisten wir einen Beitrag dazu, die Anzahl von Autofahrten und damit auch Emissionen durch Straßenverkehr zu verringern. So unterstützen wir die Städte dabei, die Verkehrswende voranzutreiben. Es ist unser Ziel, in naher Zukunft auch die gesamte Wertschöpfungskette emissionsfrei zu gestalten. Dazu gehört der Einsatz von eVans, den wir auch in Deutschland bereits testen.

Wie geht es bei Lime nun weiter? Bleiben Sie Ihrem ursprünglichen Geschäftsmodell, dem Fahrradverleih, noch treu, wo E-Scooter gerade diesen großen Hype durchleben?
E-Bikes werden wir auch weiterhin anbieten, ja. Allerdings zeigt sich bereits jetzt, dass unsere Kunden die Scooter auf den verschiedenen Märkten bevorzugen. Deshalb wollen wir uns auf die E-Scooter fokussieren. Und uns übrigens auch auf Deutschland als einen der wichtigsten Märkte konzentrieren. Einfach aufgrund der Infrastruktur und der Regularien, die einen optimalen Betrieb ermöglichen. Die deutschen E-Scooter-Regularien könnten zum weltweiten Standard zu werden.

Da Sie mit E-Bikes angefangen haben und jetzt bei den Scootern sind, liegt die Frage nahe: Welches Verkehrsmittel vermietet Lime als nächstes?
Wir experimentieren bereits mit elektrischen Mobilitätslösungen für längere Fahrten von bis zu acht Kilometern, die noch deutlich energieärmer sind als die Scooter. Aber erst einmal wollen wir mit den E-Scootern in viele neue Märkte weltweit expandieren und in den bereits vorhandenen noch dazulernen.

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