
In dem Altbau rund 100 Meter von der Gedenkstätte Berliner Mauer entfernt knarzen die ungeschliffenen Holzstufen. Die Treppenhauswände haben einen ungesunden Grünton, auf einem Treppenabsatz steigt Carsten Spohr über Kinderschuhe hinweg.
Die Umgebung ist ebenso ab- wie ungewohnt für den Lufthansa-Chef, der sein Berufsleben sonst in Hightechgebäuden verbringt. Hier gibt es nicht mal einen Aufzug, das helle Sakko auf Spohrs sportlichem Oberkörper spannt, weil es an Kragen und Schultern nach hinten gerutscht ist.
Doch wer modern sein will, muss leiden, und als der 49-Jährige im vierten Stock durch die Wohnungstür in den halbdunklen Flur tritt, hat sich die Mühe sichtbar gelohnt. Schnell macht sich ein dickes Lachen im Gesicht des Konzernchefs breit. Und beim Weg vorbei an ein paar ausrangierten Flugsesseln ruft er den Anwesenden ein lockeres „Hallo“ in jenem tragend-durchsetzungsfähigen Ton zu, der eine Jugend im und am Gelsenkirchener Parkstadion belegt.





Tatsächlich ist Spohr der konzernweit wohl größte Fan der Berliner Büro-WG. Eigentlich entwickelt die Tochter bloß Apps und andere Ideen für Onlinegeschäfte, aber der Konzernchef sieht sie auch als Keimzelle einer neuen, digitalen, schnellen Lufthansa. Um allen den Stellenwert klarzumachen, gab er ihr den flotten Namen „Innovation Hub“. Sie soll Drehkreuz eines konzernweiten Erneuerungsprogramms sein, mit dem Spohr die Gebrechen des 90-jährigen Konzerns heilen will.
Lufthansa hat hohe Kosten
Im Wettbewerb mit Billigfliegern und Konkurrenten aus den Golfstaaten wie Etihad leidet die Lufthansa unter hohen Kosten und gemächlichen Abläufen. „Wollen wir Kunden den Aufpreis wert sein, den wir wegen unserer höheren Kosten am Standort Deutschland verlangen müssen, brauchen wir einen steten Fluss neuer Ideen“, sagt Spohr.
Wie es bei der Lufthansa besser werden soll
Service: | andere sind besser |
Lösung: | mehr und besser maßgeschneiderte Angebote |
Kosten: | sind zu hoch |
Lösung: | schlankere Abläufe und neue Ansätze |
Veränderungen: | dauern viel zu lange |
Lösung: | Probierkultur statt perfekt geplanter Programme |
Wartungstochter: | Technologievorsprung bröckelt |
Lösung: | neue Geschäftsfelder mit anspruchsvolleren Produkten |
Fracht: | wachsende Billigkonkurrenz |
Lösung: | automatisierte Abfertigung und neuer Hightechservice |
Innovationen waren deshalb schon ein zentraler Punkt in seinem Plan 7 to 1, den er im Juli 2014 40 Tage nach seinem Amtsantritt 2014 vorstellte. Doch dann folgten erst mal zwei Jahre Widrigkeiten und Rückschläge. Die Belegschaft streikte mehr als ein Dutzend Mal, eine Maschine der Tochtergesellschaft Germanwings stürzte ab, es häuften sich die Flugpannen. Nun aber will Spohr endlich „Treiber, nicht Getriebener “ sein. Er will durchstarten.