Wild sah sich plötzlich einer Armada von Anwälten gegenüber. Die Insolvenzverwalter Lieser und Schmidt – beide Anwälte, beide in regional durchaus angesehenen Kanzleien tätig, Schmidt sogar zudem Honorarprofessor für Wirtschafts- und Insolvenzrecht an der FH Trier – sahen sich der Situation offenbar alleine nicht mehr gewachsen und hatten sich in der Zwischenzeit selbst anwaltlichen Beistand gesucht. Sie engagierten mindestens drei Anwälten der Kanzlei Weil, Gotshal & Manges – Gerhard Schmidt, Christian Tappeiner und Jasmin Dettmar.
Wann genau Lieser und Schmidt die Weil-Truppe anheuerten, aus welchem Grund und für welche Bereiche, welche Kosten dadurch entstanden sind: Zu alledem wollen sie nichts sagen. „Kein Kommentar“, lautet die schmallippige Antwort. Weil-Partner Gerhard Schmidt bestätigt auf Nachfrage nur: „Ein von mir geführtes Team von Weil Gotshal & Manges-Anwälten ist für die Nürburgring-Gesellschaften tätig.“
Weil Gotshal ist eine internationale Anwaltskanzlei, zu den Spezialgebieten des deutschen Ablegers zählen Restrukturierungen. Eine diskrete Sozietät, die weit weniger PR betreibt als andere Kanzleien und auf Nachfragen am liebsten wenig, am allerliebsten gar nichts sagt. Die Kanzlei gilt aber auch als knallhart und besonders Gerhard Schmidt, der Kopf des deutschen Ablegers von Weil Gotshal, Partner in Frankfurt und München, hat den Ruf, keine Gefangenen zu machen. Genau das erlebte auch Robertino Wild.
Am 13. August musste Wild in Frankfurt vorstellig werden und im Beisein eines Notars zwei streng geheime Dokumente unterzeichnen: Eine Stundungsvereinbarung und eine Sicherungsvereinbarung. Nicht einmal die Existenz dieser Vereinbarungen darf offen gelegt werden, so steht es in beiden Dokumenten, der Inhalt natürlich erst recht nicht. Der WirtschaftsWoche liegen beide inzwischen vor. Was sich in Frankfurt abspielte, waren Szenen einer Selbstentmündigung.
Wild musste alle Ansprüche und Rechte der CNBG aus dem Nürburgring-Kaufvertrag an einen Treuhänder abtreten. Für das operative Geschäft hatte die CNBG eine Betriebsgesellschaft gegründet, die Capricorn Nürburgring GmbH (CNG), eine 100-prozentige Tochter. Auf die Anteile an der CNG musste Wild eine Option einräumen, die es dem Treuhänder ermöglichte, die CNG-Anteile an Dritte weiterzuverkaufen. Zudem musste Wild sich verpflichten, alle Kosten zu übernehmen, die im Zusammenhang mit der Stundungs- und Sicherheitsvereinbarung entstanden, und weitere Sicherheiten stellen.
Zu diesen zählte unter anderem seine private Kunstsammlung, bestehend aus 82 Objekten. Es sind durchaus Namen bekannter Künstler darunter, Joseph Beuys etwa, Max Ernst, Candida Höfer, Gerhard Richter oder Damien Hirst. Doch was Wild von Künstlern dieses Kalibers kaufen konnte, waren eher Nebenbei-Arbeiten als Meisterwerke. Diverse Werke erscheinen durchaus ambitioniert bewertet. Die höchsten Bewertungen haben zwei quadratische „Farbkörper“ in rot und schwarz von Gotthard Graubner mit je 120.000 Euro.
Die EU-Kommission, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden hatte, informierten die Insolvenzverwalter über den Zahlungsaufschub und über die von Wild gestellten Sicherheiten. Bei der Kommission gingen derweil weitere Beschwerden unterlegener Bieter ein, so vom milliardenschweren US-Finanzinvestor HIG Capital und dem US-Technologieunternehmen Nexovation. Beide rügten den Zahlungsaufschub bei der zweiten Rate und meldeten Zweifel an der Finanzierung über die Deutsche Bank an. Zum Zahlungsaufschub teilten die Insolvenzverwalter der Kommission laut deren Beschlussvorlage mit, es sei – neben anderen Gründen – kein Problem, die Zahlungsverpflichtung zu schieben und „andere werthaltige Sicherheiten zur Sicherung des Kaufpreises“ einzusetzen.