Für Bahnchef Rüdiger Grube war der Weg zur Arbeit am Mittwoch sicher mühselig. Schon früh am Morgen wollten Beschäftigte der Güterbahn DB Cargo direkt vor der Konzernzentrale am Potsdamer Platz in Berlin gegen das Management aufbegehren. Der Bahn-Vorstand will dem Aufsichtsrat an diesem Tag die Sanierungsstrategie für die schwächelnde Güterbahn-Tochter vorstellen. Die Angestellten fordern „mehr Güter auf die Schiene, mehr Wachstum und mehr Beschäftigung statt Kahlschlag und Arbeitsplatzabbau“, heißt es von Arbeitnehmervertretern.
Wenn es nur so einfach wäre. Trotz Wirtschaftswachstum und Niedrigarbeitslosigkeit steckt die Güterbahntochter DB Cargo nämlich in ernsthaften Schwierigkeiten. Die Konzernsparte sorgte im vergangenen Jahr für den ersten Konzernverlust seit zwölf Jahren.
Eine Schrumpfkur soll DB Cargo nun schlanker und schlagkräftiger machen. Ab 2018 soll das Unternehmen dann wieder wachsen. Die Bahn wird dem Aufsichtsrat deshalb heute ein neues Konzept vorstellen. Nach ersten Informationen könnte das Management dabei einen riskanten Weg einschlagen.
Entlastung für die Sparte soll der Nachrichtenagentur Reuters zufolge nun unter anderem durch den Verkauf von knapp 200 Güter-Lokomotiven an den japanischen Toshiba-Konzern kommen. Der Preis für die überwiegend älteren Loks betrage 70 Millionen Euro, hieß es. Toshiba wolle damit einen Pool für Lokomotiven einrichten, um diese an Bahnen in ganz Europa zu verleihen. Ein großer Kunde wird die DB Cargo selbst sein, die Loks zurückleast.
Die Bahn äußerte sich zwar nicht direkt zum Geschäft, bestätigte aber: „DB Cargo plant im Rahmen eines Kooperationsprojekts, den Lieferantenmarkt für Güterzug-Loks weiterzuentwickeln." Das Konzept habe zum Ziel, flexibel auf Mengenschwankungen reagieren zu können.
Das Konzept klingt auf den ersten Blick logisch. Doch Erfahrungen in anderen Branchen lehren das Gegenteil. So hat Air Berlin inzwischen nahezu die gesamte Flotte an Leasingfirmen verkauft, um kurzfristig Cash zu generieren. Doch nun muss sie die Flieger wieder teuer zurück mieten. Das erhöht die Betriebskosten pro Flug. Air Berlin müsste deutlich effizienter sein als Wettbewerber, um die höheren Kosten wettmachen zu können. Doch das ist nicht der Fall: Air Berlin erleidet gegenüber schlagkräftige Wettbewerber wie Ryanair nun einen doppelten Nachteil.
Ähnlich verhielt es sich beim Warenhaus-Konzern Karstadt. Dessen Ex-Chef Thomas Middelhoff verkaufte Kaufhäuser in Innenstadtlagen an eine Investmentfirma (an der er selber beteiligt war) und mietete die Häuser zu hohen Mieten zurück – ein operativer Nachteil bis heute gegenüber den besser gemanagten Konkurrenten Kaufhof.