Streik bei der Lufthansa 890 ausgefallene Flieger und Zoff in der Belegschaft

Die Lufthansa-Piloten setzen ihren Streik auch am Mittwoch fort. Viele Flüge fallen aus. Der Dauerstreik führt nicht nur bei Kunden zu Unmut. Auch in Teilen der Belegschaft wächst der Ärger.

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Quelle: REUTERS

Die Piloten bei der Lufthansa setzen ihren Streik am Mittwoch fort. „Von den 890 gestrichenen Flügen sind rund 98 000 Passagiere betroffen“, sagte ein Sprecher des Unternehmens am frühen Morgen. Ein Sonderflugplan solle die Folgen des Arbeitskampfs bei Deutschlands größter Fluggesellschaft mildern. Die Flieger der Töchter Eurowings und Germanwings heben wie geplant ab.

Weitere Streiks seien mit einem Vorlauf von 24 Stunden jederzeit möglich, warnte ein Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC). Der Dauerkonflikt dreht sich vor allem ums Geld. Lufthansa und Cockpit streiten schon seit Jahren um die Gehälter von rund 5400 Piloten der Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings.

Der zugespitzte Arbeitskampf sorgt derweil auch für ein öffentliches Kräftemessen zwischen den streikenden Piloten und Teilen der übrigen Belegschaft. Für diesen Mittwoch hat der Betriebsrat des Frankfurter Bodenpersonals zu entgegengesetzten Demonstrationen vor der Lufthansa-Unternehmenszentrale aufgerufen.

Der Boden-Betriebsrat Frankfurt fordert in seinem Aufruf ein schnelles Ende des „zerstörerischen Streits“ und verlangt von der VC, in eine Schlichtung einzuwilligen. Die Durchsetzung von Partikularinteressen gehe auf Kosten aller anderen Kollegen. „Vielmehr muss es darum gehen, den notwendigen Konzernumbau im Sinne aller Lufthanseaten konstruktiv und in die Zukunft gerichtet zu begleiten. Tarifforderungen müssen sich den realen Marktbedingungen stellen“, heißt es in dem nicht namentlich unterzeichneten Aufruf.

Ufo: „bitteres Armutszeugnis“

Die Kabinengewerkschaft Ufo distanzierte sich ausdrücklich von der Demonstration gegen die Piloten. Der Aufruf sei ein „bitteres Armutszeugnis“ für das Gremium, erklärte Ufo-Tarifvorstand Nicoley Baublies. Verdi distanzierte sich ebenfalls. „Wir halten die Demonstration für falsch und haben unsere Mitglieder aufgefordert, daran nicht teilzunehmen“, sagte Bundesvorstandsmitglied Christine Behle der Deutschen Presse-Agentur. Die Verdi-Vertreter im Betriebsrat hätten sich ausdrücklich gegen die Aktion gewendet.

Die VC hat auch für den Mittwoch ihre Mitglieder zu Arbeitsniederlegungen auf allen Lufthansa-Strecken aufgerufen. Erneut hat die Lufthansa in einem Sonderflugplan 890 Verbindungen mit 98 000 betroffenen Passagieren gestrichen. Weitere Streiks sind nach Angaben des VC-Sprechers Jörg Handwerg jederzeit mit einem Vorlauf von 24 Stunden möglich. Bislang sind laut Lufthansa an den sechs Streiktagen seit vergangenem Mittwoch mehr als 525 000 Passagiere von insgesamt 4461 Flugausfällen betroffen.

Lufthansa und Cockpit streiten im Moment um die Gehälter von rund 5400 Piloten der Lufthansa, Lufthansa Cargo und der Tochter Germanwings. Die VC verlangt für einen Zeitraum von fünf Jahren Tariferhöhungen von zusammen 22 Prozent bis April 2017. Lufthansa hatte für einen noch längeren Zeitraum 2,5 Prozent angeboten. Bei der Lösung weiterer offener Tariffragen lautete die Offerte 4,4 Prozent plus einer Einmalzahlung von 1,8 Monatsgehältern.

Was Piloten bei Lufthansa, Condor & Co. verdienen
Pilot müsste man sein: Die ganze Welt sehen und dafür noch ordentlich Geld bekommen. Doch Pilot ist nicht gleich Pilot. Zwischen den einzelnen Fluggesellschaften gibt es ein deutliches Preisgefälle. Laut Pilotenvereinigung Cockpit bekommt ein Erster Offizier oder Kopilot anfangs ein Monatsgehalt zwischen 1500 Euro und 5000 Euro brutto. „Ein Kapitän – das wird man nach etwa 3 bis 20 Jahren als Erster Offizier – erhält je nach Luftverkehrsgesellschaft ein Anfangsgehalt zwischen 3000 Euro und 10.000 Euro“, so die Gewerkschaft. Quelle: dpa, Handelsblatt, Unternehmen Quelle: dpa
RyanairDie Piloten des irischen Billigfliegers gehören im Vergleich eher zu den Niedrigverdienern der Branche. 25.000 Euro bezahlt Ryanair seinen Kopiloten zu Beginn. Flugkapitäne ab dem 12. Berufsjahr erhalten anfangs 53.000 Euro. Ihr Maximalgehalt beläuft sich auf 85.000 Euro. Quelle: dpa
Air BerlinDie zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zahlt seinen Kopiloten zum Einstieg 45.000 Euro. Piloten bekommen bei Air Berlin zu Beginn 80.000 und in der Spitze bis zu 115.000 Euro. Quelle: dpa
Condor5050 Euro bekommt ein Condor-Kopilot zum Einstieg im Monat. Das macht eine jährliche Gesamtvergütung von 60.600 Euro. Ein Kapitän verdient zunächst 8700 Euro im Monat beziehungsweise 104.400 Euro im Jahr. In der Spitze kann sein Gehalt auf 135.600 Euro klettern. Quelle: dpa
British AirwaysDas Einstiegsgehalt der BA-Co-Piloten liegt bei 61.000 Euro. Piloten ab dem 12. Berufsjahr erhalten zunächst 77.000 Euro im Jahr. Im Laufe der Zeit kann ihr Gehalt auf bis zu 181.000 Euro steigen. Quelle: REUTERS
LufthansaLufthansa-Kapitäne gehören zu den Bestverdienern und können in der Spitze ein Jahresgehalt von bis zu 255.000 Euro bekommen – Zulagen inklusive. Schon zum Einstieg verdient ein Erster Offizier / Kopilot rund 55.500 Euro, mit Zulagen bis zu 73.000 Euro. Das Einstiegsgehalt eines Flugkapitäns ab dem 12. Berufsjahr beträgt 120.000 Euro. Quelle: dpa

VC-Sprecher Jörg Handwerg lehnte eine Vermengung der verschiedenen Tarifthemen ab. Zur Frage der Übergangsversorgung habe man mit der Lufthansa erste Verhandlungstermine vereinbart. Scheitern auch diese Gespräche, wären für dieses Thema neue Streiks möglich, weil bereits eine Urabstimmung der VC-Mitglieder dazu vorliegt. Es sei auch falsch, dass die VC Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen des Konzerns im Zusammenhang mit dem Ausbau des Billigangebots nehmen wolle. „Wir wollen die Eurowings nicht verhindern“, sagte Handwerg.

Am Montagabend war Lufthansa erneut damit gescheitert, die Streiks vor Gericht stoppen zu lassen. Am Dienstag fielen dann erneut 816 Kurzstreckenverbindungen wegen des Streiks aus.

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Passagiere der polnischen Fluglinie LOT Quelle: dpa
Hawaiian Airlines Quelle: PR
Bodenpersonal checkt auf dem Flughafen in Wien (Österreich) ein Flugzeug der Austrian Airlines Quelle: dpa
TAm Airlines Quelle: PR
Finnair Quelle: dpa
All Nippon Airways Co. Boeing 787 Dreamliner hebt in Tokio ab Quelle: dpa
Counter von Japan Airlines (JAL) Quelle: dpa

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) forderte zusätzliche Regeln für den öffentlichen Luftverkehr. Dem letzten Mittel des Streiks müsse zwingend eine Schlichtung vorgeschaltet werden, erklärte der Verband in Berlin. „Nur so lässt sich im Luftverkehr die friedensstiftende Kraft der Tarifautonomie wieder zurückgewinnen“, sagt BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow. Man halte zudem längere Ankündigungsfristen, die Vereinbarung einer Notversorgung sowie die Verpflichtung zur Urabstimmung für erforderlich.

Auch der Flughafenverband ADV verlangte neue Regeln für Arbeitskämpfe an unverzichtbaren Verkehrsinfrastrukturen. „Klientelgewerkschaften haben durch Ihre Maßlosigkeit jegliche Bodenhaftung verloren. Der Schaden geht weit über Airlines und Flughäfen hinaus und trifft mittlerweile die gesamte Volkswirtschaft. Das Vertrauen in den deutschen Luftverkehrsstandort wird zunehmend beeinträchtigt“, erklärte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel.

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