Der Preis des Sparens Warum Aldi Süd besser ist als Aldi Nord

Aldi Nord vs. Aldi Süd: Wer ist besser? Quelle: imago images

Egal ob Umsatz pro Mitarbeiter, Flächenproduktivität oder Kundenzufriedenheit – in allen zentralen Kennziffern liegt Aldi Süd vor der Schwester Aldi Nord. Doch was steckt wirklich hinter dem Nord-Süd-Gefälle im Discount?

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Der Seitenhieb saß. Als Klaus Gehrig, Chef der Lidl-Konzermutter Schwarz-Gruppe, kürzlich über die Lage im Handel sprach, fand er überraschend freundliche Worte: „Wenn es Aldi nicht gäbe“, wäre „Lidl eingeschlafen“, lobte Gehrig die Konkurrenz und fügte wenig später hinzu: „Wenn ich von Aldi rede, rede ich immer nur von Aldi Süd“. Denn Aldi Süd habe für ihn „das stärkere Konzept“, ließ Gehrig wissen.

Ist Aldi Süd also tatsächlich der gefährlichere Gegner für Lidl? Spielt Aldi Nord nur in der zweiten Liga?

Auch Handelsexperten sind sich sicher, dass im Aldi-Reich derzeit der Süden das Maß aller Dinge ist. „Egal ob Flächenproduktivität, Umsatz pro Mitarbeiter oder Kundenzufriedenheit – in allen zentralen Leistungskennziffern liegt der Süden vorn“, sagt Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn. Aktuelle Geschäftszahlen untermauern die Einschätzung. So zeigen vertrauliche Daten des Nürnberger Marktforschers GfK, die der WirtschaftsWoche vorliegen, dass die Deutschlandumsätze von Aldi Nord mit Lebensmitteln 2018 um zwei Prozent gesunken sind. Erstmals seit Jahrzehnten schrieb Aldi Nord in Deutschland gar rote Zahlen. Beim Schwesterunternehmen lief es besser.

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Doch woran liegt's? Wie konnten sich die Discountzwillinge so unterschiedlich entwickeln?

Experten sehen drei zentrale Gründe, die es dem Norden momentan schwer machen, auf Augenhöhe mit dem Süden zu agieren: So hat die Sparwut des Gründers Theo Albrecht einen Modernisierungsstau ausgelöst, der bis heute nachwirkt. Hinzu kommt eine aus Nord-Sicht ungünstige Aufteilung der Auslandsaktivitäten; sowie in jüngerer Zeit ein Erbstreit, der Kräfte bindet.

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Von dem späteren Nord-Süd-Gefälle war 1961 noch nichts zu ahnen. Damals teilten die Albrecht-Brüder ihr Geschäft auf. Es entstanden die rechtlich eigenständigen Unternehmen Aldi Nord mit Theo Albrecht an der Spitze und Aldi Süd geführt von Karl Albrecht. Die Grenze, der sogenannte Aldi-Äquator, verläuft quer durch Hessen und Nordrhein-Westfalen und scheidet die rund 1900 Süd- und knapp 2200 Nord-Filialen in Deutschland. Auch im Ausland gingen die Aldis getrennte Wege, was sich nach dem Tod der Gründer – Theo verstarb 2010, Karl 2014 – nicht änderte.

Über den genauen Anlass für die Trennung wird bis heute gerätselt. Als „Märchen“ entlarvte der Journalist und Autor Martin Kuhna in seinem Buch über „Die Albrechts“ etwa Erklärungsversuche, wonach sich die Brüder bei der Einführung von Tabakwaren nicht einigen konnten. Die habe es schließlich schon vor der Trennung in den Läden gegeben, schreibt Kuhna. Auch als langfristige strategische Entscheidung mit dem Ziel, das Discounterreich dezentral aufzustellen, um es steuerbar zu gestalten, will der Buchautor den Entschluss nicht verstanden wissen. „Die Wahrheit scheint zu sein, dass Karl und Theo es einfach nicht mehr miteinander ausgehalten haben“, schreibt Kuhna. Als zu unterschiedlich hätten Gesprächspartner und Zeitzeugen die Temperamente der beiden Aldi-Schöpfer beschrieben.

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Auf der einen Seite Theo, der sich immer wieder in kleine und kleinste Details einmischt, „wenig vom Prinzip des Delegierens hält“ und „schließlich nicht einmal im hohen Alter die Zügel aus der Hand geben mag“. Auf der anderen Seite Karl, der sich vor der Trennung im gemeinsamen Unternehmen um die Außenbeziehungen gekümmert habe, für Verhandlungen mit Lieferanten, Neueinstellungen und strategische Fragen zuständig gewesen sei. Karl begann demnach schon mit Mitte dreißig zu delegieren und sich sukzessive aus dem Firmenalltag zurückzuziehen. „Er geht nur vormittags ins Büro, und verbringt den Rest des Tages bei der Familie“, auch um ungestört über wichtige Entscheidungen nachzudenken.

Die unterschiedlichen Managementphilosophien haben sich nach und nach wohl auch auf die Performance der beiden Aldi-Hälften ausgewirkt. Zwar gehörten bei beiden Albrechts Sparsamkeit und Kostendisziplin seit jeher zu den Kerntugenden. Doch der Norden wirkte bei ihrer Einhaltung weitaus rigider und avancierte so nach und nach zum Billighardliner im deutschen Einzelhandel.

Die Folgen zeigten sich erst Jahrzehnte später: Während Aldi Süd immer wieder und mit großem Aufwand Filialen modernisierte und neues Sortiment testete, geizte sich der Norden mehr und mehr in die Defensive. Experte Rüschen sagt: „Aldi Nord hielt deutlich länger als der Süden am ursprünglichen Konzept des Harddiscounts fest, verzichtete auf Sortimentsveränderungen und schob die Modernisierungen der Filialen auf.“

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