Kaiser's Tengelmann Kann ein Schlichter die Rettung bringen?

Der Schock bei den Tengelmann-Beschäftigten ist nach dem Abbruch der Krisengespräche groß. Wirtschaftsminister Gabriel schlägt ein Schlichtungsverfahren vor. Für Rewe-Chef Caparros wäre Gabriel selbst ein Kandidat.

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will einen Schlichter, um Kaiser's Tengelmann zu retten. Rewe-Chef Alain Caparros will den Vize-Kanzler als Mediator. Quelle: dpa

Köln Angesichts der drohenden Zerschlagung der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ein Schlichtungsverfahren ins Gespräch gebracht. „Ich finde, man muss auch noch einmal die Idee erörtern, ob nicht ein Schlichter helfen kann“, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und er seien „sehr erschrocken“ über das drohende Scheitern der Beratungen gewesen. Rewe-Chef Alain Caparros schlug seinerseits Gabriel als Schlichter vor. Der Kölner Handelsriese hatte gemeinsam mit Norma und Markant die Ministererlaubnis von Gabriel zur Übernahme von Tengelmann durch Edeka vor Gericht gestoppt. Der Wirtschaftsminister hatte seinerseits zuvor ein Veto des Bundeskartellamts ausgehebelt.

Der Mediator müsse Autorität haben und neutral sein, sagte Caparros am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. „Am besten wäre es, wenn Herr Gabriel es selbst macht. Damit man endlich am Verhandlungstisch merkt, wer es ernst meint und wer nicht sauber spielt.“ Ähnlich äußerte sich Caparros im „Tagesspiegel“ (Samstag). Trotz der für gescheitert erklärten Gespräche über die Zukunft von Kaiser's Tengelmann mit mehr als 15.000 Mitarbeitern gibt es Hoffnungen auf eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Eine Verdi-Sprecherin sagte, derzeit liefen noch Kontakte zwischen der Gewerkschaft und den Beteiligten, in erster Linie den konkurrierenden Lebensmittelketten Edeka und Rewe.

„Wir gehen noch nicht davon aus, dass die Gespräche zu Ende sind“, sagte die Sprecherin. Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger kritisierte das am Donnerstagabend überraschend bekanntgegebene Aus für die in den vergangenen Wochen intensiv geführten Verhandlungen. Gabriel appellierte - „auch in Absprache mit der Kanzlerin Angela Merkel“ – an alle Seiten, einen Einigungsversuch zu starten.

Dennoch laufen die Vorbereitungen für eine Zerschlagung des hoch verschuldeten Unternehmens. Die Liste der zunächst zur „Verwertung“ anstehenden Filialen werde voraussichtlich in der kommenden Woche an die Interessenten verschickt, damit diese ihre Gebote vorlegen könnten, sagte eine Tengelmann-Sprecherin am Freitag. Noch bleibe jedoch Zeit für Rewe, Norma und Markant, ihre Beschwerde gegen die geplante Übernahme von Tengelmann durch Edeka beim Oberlandesgericht Düsseldorf zurückzunehmen, sagte sie. Ein von Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub angesprochenes Zeitfenster dazu bleibe bis zur Auflösung des Vertrags über eine Übernahme durch Edeka bestehen. Zur Frage wie lange ein solcher Schritt in Anspruch nehmen könnte, wollte die Sprecherin keine Stellung nehmen.


Rewe will Verluste von Tengelmann übernehmen

Haub räumte nach Informationen des WDR in einem Brief an die Mitarbeiter eine letzte Chance für die Suche nach einer Lösung ein. „Ich habe deshalb noch einmal an Rewe, Markant und Norma appelliert, das Wohl von 16.000 Menschen und ihrer Angehörigen über ihre wirtschaftlichen Interessen zu stellen und den Weg frei zu machen für die Übernahme durch Edeka“, zitierte der Sender aus dem am Donnerstagabend verbreiteten Schreiben.

Rewe-Chef Caparros bekräftigte die Bereitschaft, alle Filialen von Tengelmann zu übernehmen. Der Kölner Handelsriese sei sogar bereit, die Kartellamtsrisiken zu tragen und die Verluste von Kaiser's Tengelmann bis zum Vollzug des Übernahmeangebots zu übernehmen. „Für uns ist das ein strategischer Schritt. Wir wissen, das ist zu teuer. Wir wissen, das ist ein Sanierungsfall. Aber wir müssen das machen, um unsere kritische Größe zu erhalten. Der Abstand zwischen Edeka und Rewe darf nicht größer werden“, sagte der Manager. Schon jetzt sei bei den Einkaufsverhandlungen mit der Industrie spürbar, dass Edeka eine Machtposition habe, die Rewe nicht besitze. Die Tengelmann-Sprecherin wies die Offerte als „unseriös“ zurück. „Die kommen auch nicht am Kartellamt vorbei“, sagte sie.

Der Betriebsratsvorsitzende der Kaiser's-Tengelmann-Region Nordrhein, Rainer Schroers, berichtete von einer „maßlosen Enttäuschung und Verärgerung“ unter den Mitarbeitern. Der Berliner Betriebsratschef Volker Bohne bezeichnete die aktuelle Stimmung im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ als „unterirdisch“.

Tengelmann-Eigentümer Haub hatte erklärt, mit der Zerschlagung zunächst für das Kaiser's-Filialnetz der Vertriebsregion Nordrhein beginnen zu wollen. Die „Verwertungsphase“ der Vertriebsregionen München und Berlin solle zeitverzögert starten. Vor allem in den vorwiegend in Nordrhein-Westfalen gelegenen Filialen wird mit dem Verlust von mehreren tausend Jobs gerechnet.

Auch zwei Krisengipfel hatten keine Lösung gebracht. Die wirtschaftliche Lage von Kaiser's Tengelmann hatte sich in den vergangenen Wochen zunehmend verschlechtert.

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