Onlinehandel Darf’s noch ein bisschen mehr Boom sein?

Boom 2.0: Die neuen Einschränkungen im öffentlichen Leben verleihen Onlinehändlern schon wieder Auftrieb. Quelle: dpa

Große und kleine Onlinehändler profitieren im „Lockdown light“ stark – schon wieder. Nun dürften mit dem Weihnachtsgeschäft samt Black Friday und Cyber Monday Rekordumsätze hinzugekommen. Die sind auch dringend nötig.

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Mit dem Titel „Corona-Profiteur“ dürfen sich Onlinehändler schon seit dem ersten Lockdown im Frühjahr schmücken. Jetzt, im „Lockdown light“, verteidigen die Unternehmen den Titel. In beachtlicher Weise: Die Verkäufe ziehen bei vielen Händlern an, die gefahrlose Bestellung im Internet boomt – schon wieder.

Darf’s noch ein bisschen mehr Aufschwung sein? Längst profitieren nicht mehr nur die Händler von der Pandemie. Da wäre etwa die Trusted Shops GmbH. Das Unternehmen aus Köln prüft Onlineshops auf ihre Vertrauenswürdigkeit, verleiht ihnen ein Gütesiegel und sichert Bestellungen ab. Das Geschäft lief in den vergangenen Monaten so gut, dass Gründer und Geschäftsführer Jean-Marc Noël seinen Mitarbeitern jetzt einen „Corona-Bonus“ auszahlt: Während Firmen in anderen Branchen mit Kurzarbeit zu kämpfen haben, erhalten die Trusted-Shops-Mitarbeiter in diesem Jahr pauschal 500 Euro – mitten in der Pandemie. Noël versteht den Geldregen als „Investition in unsere Mitarbeiter“. Im nächsten Jahr will er dann bis zu 200 neue Mitarbeiter einstellen.

Illusionen macht er sich nicht. Und denkt auch an andere Unternehmen, die sich so etwas gerade nicht erlauben können. „Wir haben wirklich Glück, in dieser Branche zu arbeiten“, sagt Noël. Da werden ihm viele Händler zustimmen: Ebay und Zalando erhöhten zuletzt ihre Prognosen für das laufende Jahr. Amazon übertraf mit den jüngsten Quartalszahlen die Erwartungen bei Weitem. Der Aktienkurs von Ebay ist seit Anfang April um mehr als 55 Prozent gestiegen, Zalando-Papiere legte sogar um 135 Prozent zu. Selbst kleinere Händler berichten von „Rekordumsätzen“ und „starkem Wachstum“. Wie lange der Boom noch anhält, weiß keiner von ihnen. Nur so viel ist sicher: Eine Impfstoffzulassung und die mögliche Rückkehr zum normalen Leben bedrohen das beachtliche Wachstum. Umso größer ist die Bedeutung des nun beginnenden Weihnachtsgeschäfts. Am 23. November startet für gewöhnlich die „Black Week“ mit ihrem Höhepunkt am „Black Friday“. Am 30. November folgt der „Cyber Monday“. Rekordverdächtige Umsätze sollen her.

Und genau die prognostizieren schon jetzt gleich mehrere Umfragen unter deutschen Konsumenten. Das Marktforschungsunternehmen YouGov etwa hat im Auftrag des Zahlungsdienstleisters Klarna mehr als 2000 Personen in Deutschland zu ihrem Einkaufsverhalten am Black Friday und in der Black Week befragt. Die Ergebnisse der Umfrage liegen der WirtschaftsWoche exklusiv und vorab vor. Deutlich mehr als ein Drittel der deutschen Konsumenten denkt demnach darüber nach, am Black Friday etwas zu kaufen. Im Schnitt planen die Deutschen 219 Euro für die Shoppingjagd ein. In der nachfolgenden Grafik sehen Sie, wie viel die Bewohner der 16 Bundesländer ausgeben wollen:



„Alle Zeichen weisen darauf hin, dass wir in diesem Jahr den konsumstärksten Black Friday aller Zeiten erleben werden“, sagt Thomas Vagner, der das Klarna-Geschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet. Besonders brisant: Der Onlinehandel spiele in diesem Jahr eine noch bedeutendere Rolle als zuvor, „wodurch neben den klassisch jungen Onlineshoppern auch neue Zielgruppen dazugekommen sind“, beobachtet Vagner. 37 Prozent der Befragten wollen online zuschlagen. Eine Studie der E-Commerce-Plattform Shopify kam jüngst zu dem Ergebnis, dass sogar 53 Prozent der Befragten an den Rabattaktionen ausschließlich online einkaufen wollen.

Der Handelsverband Deutschland (HDE), der sich gerade vor allem um stationäre Händler sorgt, rechnet in diesem Jahr damit, dass die Onlineshopper an den beiden Tagen 3,7 Milliarden Euro ausgeben werden – 18 Prozent mehr als im Vorjahr. „Insgesamt ist die Bedeutung von Black Friday und Cyber Monday für das Weihnachtsgeschäft mittlerweile auch hierzulande erheblich“, heißt es beim HDE. Der Verband geht davon aus, dass 1,2 Milliarden Euro Umsatz auf Weihnachtseinkäufe entfallen. Klarna schätzt, dass 44 Prozent der Konsumenten den Black Friday für Weihnachtskäufe nutzen werden. Ob Weihnachtsgeschenk oder Eigenbedarf: In diesem Jahr sind dem Klarna-Report zufolge vor allem Elektronikartikel und Mode gefragt.



Die Zahlenwucht spielt den Onlinehändlern in die Karten. Und zwar schon jetzt. „In diesem Jahr startet das Weihnachtsgeschäft deutlich früher, das hat ein großer Konkurrent schon stark gepusht“, sagt Ebay-Deutschlandchef Oliver Klinck. Wen er meint? Amazon startete bereits am 26. Oktober seine „frühen Black-Friday-Angebote“. Am 20. November begann bei Amazon dann die elftägige „Blackweek“ mit Angeboten zu Fernsehern von Philips, Laptops von Microsoft, Kopfhörern von Bose und mehr. Alles „nur solange der Vorrat reicht“, schickt Amazon voraus. Auf den Druck des großen Konkurrenten aus Seattle reagierte Ebay schnell: „Wir spielen jetzt schon Kampagnen aus, die die Weihnachtsshopper direkt ansprechen: ‚Wenn Du Weihnachtsgeschenke suchst, hier findest Du sie‘“, erklärt Deutschlandchef Klinck. Bereits jetzt spürt er Auftrieb – schon wieder: „Viele Produkte, die im ersten Lockdown beliebt waren, sind jetzt nochmal beliebter als im Frühjahr.“

„Bei Heimwerkerprodukten wie Bohrmaschinen sehen wir gerade nochmal einen zusätzlichen Peak in der zweiten Welle. Die Marke Makita zum Beispiel geht bei uns durch die Decke“. Und wenn er von Peaks spricht, dann meint Klinck Steigerungen „von 100 bis 500 Prozent – riesige Ausschläge“. Besinnlich geht es in den Warenkörben der Ebay-Kunden auch schon zu. Bei Weihnachtsdeko sieht Klinck jetzt schon „eine extreme Nachfrage“.

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