Politische Unternehmen US-Kaffeekette Black Rifle: Die schwarze Seele der Trump-Anhänger

Kaffee für Trump-Liebhaber. Quelle: Imago

Die Loyalität zum ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hat die Kaffeehauskette Black Rifle groß gemacht. Jetzt geht das auf Militär-Chic gepolte Unternehmen an die Börse – und kämpft mit seinem Geschäftsmodell.  

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Die Klinge blitzt in der Hand von Evan Hafer, als er nach dem roten Band greift. „Es gibt vermutlich nicht viele Coffee Shops, die mit einem Bajonett eröffnet wurden“, so der ehemalige Elitesoldat. „Aber drauf geschissen. Wir machen die Dinge auf unsere Art.“ Dann säbelt er mit dem extra für diesen Moment angefertigten Messer durch die dünne Schleife – das Signal, dass die erste firmeneigene Kaffeebar der Black Rifle Coffee Company (BRCC) den Betrieb aufgenommen hat. 

Seit Oktober 2020 können Kunden nun in dem Geschäft in San Antonio im US-Bundesstaat Texas an der Bar vor stilvoll-unverputzten Wänden ihren Kaffee bestellen und auf dunklen Ledersesseln unter einem ausgestopften Hirschkopf trinken. An einer Wand aus hellbraunen Planken warten T-Shirts, Thermobecher und andere Fanartikel auf Käufer.  

Damit unterscheidet sich der Laden der Black Rifle Coffee Company auf den ersten Blick nicht sonderlich von den zahllosen anderen Coffee Shops, die in den amerikanischen Städten an jeder größeren Straße zu finden sind. Und doch steht das Geschäft für mehr. BRCC, vor sieben Jahren in Salt Lake City gegründet, glich damals zahlreichen anderen Kaffeeverkäufern, die online ihre Röstungen direkt an den Kunden verkauften und auf den Abschluss von Abonnements hofften. Doch Black Rifle setzte sich schnell ab, erkämpfte sich seine Nische. Rund eine Million Dollar Umsatz machten Hafer und sein Team im ersten vollen Kalenderjahr. Doch seitdem ist die Marke geradezu explodiert. Im vergangenen Jahr nahm BRCC mehr als 160 Millionen Dollar ein. 2021 soll der Umsatz auf 230 Millionen Dollar gestiegen sein. Weiteres Wachstum ist fest eingepreist. Auch an die Börse drängt das Unternehmen – per SPAC. Der Merger wurde jüngst abgeschlossen.

Es ist nicht unbedingt die Qualität des Kaffees, die Black Rifle in die Erfolgszone katapultiert hat. Es ist die Botschaft. BRCC wendet sich explizit an konservative Kunden, setzt auf Militaria-Chic, Rückendeckung für die Polizei und Abgrenzung zum vermeintlich liberalen Mainstream. Der Kaffeeverkäufer betont gezielt, dass er von Veteranen gegründet wurde. Röstungen tragen Namen wie AK-47 Espresso, Gunship oder Silencer Smooth. Auf fast allen Verpackungen prangen Schusswaffen oder die Stars-and-Stripes. Gerne auch kombiniert. Die zugehörigen T-Shirts, Basecaps und Shorts des Unternehmens gibt es neben den Standardfarben wie grau, schwarz und blau immer auch in Tarnmuster. Alles „Proudly Made In The United States“ natürlich. 

Lesen Sie hier, warum US-Firmen nach dem Sturm von Trump-Fans auf das Kapitol ihre Spendenpraxis überdacht haben, Donald Trumps Lager dadurch dennoch keine Geldprobleme hat.

Black Rifle Coffee Company ist ein besonders offensichtliches Beispiel für einen Trend, der die Businesswelt in den Vereinigten Staaten bereits vor Jahren ergriffen hat. Angesichts der immer tiefer werdenden politischen Spaltung des Landes sortieren sich auch Unternehmen mittlerweile entlang des weltanschaulichen Risses. Vorbei die Zeiten, als sich Basketball-Superstar Michael Jordan noch politisch zurückhielt, um den Absatz seiner Sneaker nicht zu gefährden, da „auch Republikaner Turnschuhe kaufen“. 

Stattdessen positionieren sich immer mehr Konzerne zu den großen Fragen der Zeit. AirBnB stellt Unterkünfte für Flüchtlinge aus Afghanistan bereit. Die Fahrdienste Uber und Lyft transportieren Amerikaner kostenlos zu ihren Impfterminen und der Eiscreme-Hersteller Ben & Jerry’s, seit seiner Gründung dem politischen Aktivismus verschrieben, verkündete, aus Protest gegen die israelische Besatzung nicht mehr in die palästinensischen Gebiete zu liefern. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Unternehmen wie die Fast-Food-Kette Chic-Fil-A, die jahrelang für Initiativen gegen die Gleichstellung Homosexueller gekämpft hat.

„Amerikanische Kunden erwarten von Unternehmen mittlerweile, sich politisch zu positionieren“, sagt Aimee Huff von der Oregon State University. „Das Zwei-Parteien-System ist längst auch ins Konsumverhalten eingesickert.“ 

Black Rifle Coffee Company setzt nun voll auf diese Polarisierung – und fand so seine Nische. Vom Kaffeegiganten Starbucks mit seinen plüschigen Sesseln und Norah-Jones-CDs setzt sich das Unternehmen nicht nur optisch ab. Nachdem der Platzhirsch aus Seattle 2017 als Reaktion auf die Einwanderungspolitik des damaligen US-Präsidenten Donald Trump ankündigte, Jobs für 10.000 Flüchtlinge zu schaffen, konterte Black Rifle mit dem Versprechen, 10.000 Veteranen einzustellen. Dass Starbucks bereits Jahre zuvor in Abstimmung mit dem Pentagon eine ähnliche Initiative vorgestellt hatte, ging in der Folge beinahe unter. Für BRCC zahlte sich der Streit indes aus. Das Unternehmen erregte Aufmerksamkeit bis in die höchsten Sphären des Trump-Kosmos. Präsidentensohn Don Jr. warb auf Twitter für die Marke, CEO Hafer besuchte das Weiße Haus.  

Dabei ist Black Rifle nicht einmal der einzige Kaffeeverkäufer, der den Markt von rechts aufmischen will. In Hiram, Georgia, ein Stück westlich von Atlanta gelegen, hat Thrasher Coffee sein Hauptquartier. 2014 begann das Unternehmen, seinen eigenen Kaffee zu verkaufen, doch der Erfolg ließ auf sich warten. Das änderte sich 2018. Nachdem Trumps damalige Pressesprecherin wegen der Politik der Administration aus einem Restaurant geflogen war, „haben wir uns entschlossen, den 45. Präsidenten offen zu untersützen“, so CEO Brandon Vallorani. Der Plan ging auf. „Unser Umsatz ist über Nacht um 400 Prozent in die Höhe geschossen“, sagt er. Denn Menschen wollten Produkte kaufen, die sich mit ihren Überzeugungen deckten. Deshalb verkaufe er seinen Kaffee nun an „Amerikaner, die an die Verfassung glauben und die Donald J. Trumps Vision, Amerika wieder groß zu machen, teilen.“ 

Tatsächlich setzt Thrasher voll auf Trump. Im Angebot ist die MAGA-Mischung, der #45-Kaffee oder der Sons of Trump Dark Roast. Auch einen Biden-Kaffee gibt es auf der Seite: Sleepy Joe koffeinfrei.   

Ganz so eng ist die Verbindung von Black Rifle Coffee Company zum Ex-Präsidenten nicht. Zwar hat auch CEO Hafer Trump gewählt, doch die jüngsten Kapriolen des Staatsoberhaupts im Unruhestand macht der BRCC-Gründer nicht mehr mit. Dass Trump etwa die Wahl gestohlen wurde, glaubt er nicht, wie er der „New York Times“ sagte. Das Problem: Einige seiner Kunden tun es. 

Fanartikel von Black Rifle Coffee tauchten zuletzt immer wieder bei Ereignissen auf, die man als Marketing-Profi lieber umgehen wurde. Als Trump-Anhänger am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington stürmten, trug einer der Angreifer ein Basecap, auf dem die Silhouette eines Maschinengewehrs vor der amerikanischen Flagge abgebildet war – ein Produkt aus dem Black-Rifle-Fanshop. Ein 17-Jähriger, der während der Proteste gegen Polizeigewalt in Kenosha, Wisconin, zwei Menschen erschoss, posierte nach seiner Entlassung aus der Haft mit einem T-Shirt des Unternehmens. Als sich Hafer von Gewalt und Extremismus distanzierte, bekam er den Zorn seiner Kundschaft zu spüren. 

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Hier liege das Risiko für eindeutig politisch zugeordnete Marken, erklärt Professorin Huff. Anders als letztlich unpersönliche Konzerne wie Starbucks, sei der Pool an potenziellen Kunden für Unternehmen wie Black Rifle Coffee Company begrenzt. „Niemand außerhalb ihrer direkten Zielgruppe will etwas mit ihnen zu tun haben“, sagt sie. Versuche das Unternehmen dennoch, sich Richtung Mainstream zu orientieren, „dann läuft es Gefahr, ihre Stammkunden zu entfremden.“ Damit bleibe Black Rifle trotz des explosiven Wachstums der vergangenen Jahre am Ende immer nur die Nische. Starbucks, das sogar im Krisenjahr 2020 mehr als 19 Milliarden Dollar umsetzte, könne BRCC damit nicht gefährlich werden. „Ihre militärische Bildsprache kommt hervorragend bei ihren Kunden an“, so Huff. „Aber Nicht-Kunden hassen sie.“ Die Polarisierung, die Black Rifle groß gemacht hat, ist damit für das Unternehmen am Ende ein Hindernis, kein Erfolgsgarant. 

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