Tierwohl Aldi wirft Billigfleisch aus den Kühltruhen

Konkret wollen die Schwesterunternehmen Aldi Nord und Süd Angebote der niedrigsten Haltungsstufen 1 und 2 für Schwein, Rind, Hähnchen und Pute bis 2030 schrittweise auslisten. Quelle: obs

In den Supermärkten dominiert das Billigfleisch. Doch die Diskussion über Tierqual im Stall hat Folgen: Aldi prescht jetzt vor und verabschiedet sich mittelfristig von den schlechtesten Haltungsstufen.

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Noch gibt es sie, die marinierten Fleischspieße vom Schwein zum Schnäppchenpreis von 6,98 Euro pro Kilo. Garniert mit dem leuchtend roten Rabatthinweis „-22%“ und dem Zusatz „Qualität aus Deutschland“ preist Aldi Süd sie im aktuellen Werbeflyer an. Wobei der Begriff „Qualität“ wohl Auslegungssache ist: Es ist Fleisch der schlechtesten Haltungsstufe, Stufe eins. Diese entspricht gerade mal dem gesetzlichen Mindeststandard. Das heißt: Weniger Tierschutz geht nicht. 

Aldi will das jetzt ändern und solche Angebote mittelfristig aus seinen Kühltruhen verbannen. Konkret wollen die Schwesterunternehmen Aldi Nord und Süd Angebote der niedrigsten Haltungsstufen 1 und 2 für Schwein, Rind, Hähnchen und Pute bis 2030 schrittweise auslisten. Bereits in diesem Jahr sollen 15 Prozent des Frischfleisch-Umsatzes aus den Haltungsformen 3 und 4 stammen, die für deutlich bessere Haltungsbedingungen stehen. Bis 2025 sei der vollständige Verzicht auf Fleisch der Haltungsform 1 geplant, teilt Aldi mit. Bis 2026 soll der Umsatzanteil der Stufen 3 und 4 auf 33 Prozent steigen. Bis 2030 wird es dann nur noch Frischfleisch der Haltungsformen 3 und 4 geben. Verbunden mit der Umstellung ist auch der Ausbau des Anteils deutscher Ware von heute 85 Prozent auf über 90 Prozent.

„Signalwirkung“ für die Branche

Das Projekt sei angesichts der Auswirkungen auf Lieferketten und Agrarwirtschaft lange vorbereitet worden, erklärte Aldi-Nord-Kommunikationschef Florian Scholbeck bei einer Pressekonferenz der beiden Unternehmen. Jetzt sei man sich sicher, den Schritt gehen zu können. Nach Angaben von Lars Klein, Managing Director Buying bei Aldi Süd, geht der Discounter mit der Umstellung dennoch ein wirtschaftliches Risiko ein. „Wir hoffen, dass unsere Mitbewerber schnellstmöglich nachziehen“, so Klein. 

Auch Scholbeck hofft auf eine „Signalwirkung“ für die Branche. Klar sei: „Wir schaffen das auf keinen Fall alleine. Um in der Branche etwas zu bewegen, müssen wir einen Schritt in die gleiche Richtung gehen.“ Der Haltungswechsel werde zudem „nicht auf den Rücken der Landwirte ausgetragen“, versicherte Scholbeck. Eine höhere Qualität bedeute auch höhere Abnahmepreise für die Landwirte. 

Mit ihrer Ankündigung haben Aldi Nord und Süd unter den großen Lebensmittelhändlern den bisher umfassendsten und konkretesten Vorstoß in Sachen Tierwohl unternommen. Auch Lidl und Rewe haben allerdings bereits angekündigt, in Zukunft kein Frischfleisch aus der schlechtesten Stufe 1 der freiwilligen Kennzeichnung „Haltungsform“ mehr anzubieten. 

So habe Rewe bereits 2019 sämtliches Eigenmarken-Geflügelfrischfleisch auf Haltungsformstufe 2 und höher umgestellt, Schweinefleisch wird ab Juli folgen, teilt das Unternehmen mit. Bis Ende 2030 streben Rewe und Penny demnach ähnlich wie Aldi an, im gesamten Eigenmarken-Frischfleischsortiment ausschließlich Haltungsformstufe 3 und 4 anzubieten. 

Der Handelsriese Edeka mit der Discounter-Tochter Netto hatte sich dagegen bislang nicht öffentlich auf Verbesserungen festgelegt. Angesichts des Aldi-Vorstoßes teilt ein Unternehmenssprecher nun jedoch mit, man plane „bereits kurzfristig auf die Haltungsstufe 1 und längerfristig auf die Haltungsstufe 2 bei Frischfleisch zu verzichten“. Konkrete Ziele wolle man „aus Wettbewerbsgründen“ aktuell aber nicht nennen.

Mehr zum Thema: Bei der Betäubung von Schweinen in Schlachthöfen kommt es immer wieder zu massiven Verstößen. Robert Tönnies will etwas Entscheidendes ändern und zieht damit den Unmut der Branche auf sich.

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