Chemiekonzern BASF will weltweit 2600 Stellen streichen

Der Chemiekonzerns BASF hat Stellenstreichungen angekündigt. Quelle: dpa

Die hohen Energiepreise und die abflauende Konjunktur hatten BASF im vergangenen Jahr dazu veranlasst einen Sparkurs anzukündigen. Nun folgt die Konsequenz: Stellenstreichungen.

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Mit harten Einschnitten am Stammwerk Ludwigshafen will der Chemieriese BASF auf hohe Energiepreise und maue Geschäftsaussichten antworten. Dem Sparkurs fallen weltweit 2600 Stellen zum Opfer, knapp zwei Drittel davon in Deutschland, wie der Konzern am Freitag mitteilte. Mehrere energieintensive Anlagen sollen geschlossen werden - davon sind weitere 700 Stellen in der Produktion betroffen. "Wir laufen ganz offensichtlich in eine extrem schwierige Zeit", sagte BASF-Chef Martin Brudermüller. Die Rahmenbedingungen seien in Europa mit hohen Energiepreisen und Überregulierung schlecht. Das habe über viele Jahre das Marktwachstum dort gebremst. "Und es ist nicht zu erwarten, dass Europa mittelfristig wieder zu einem Wachstumsbereich wird." Fast die Hälfte der BASF-Investitionen sollen in den nächsten Jahren nach Asien fließen.

BASF litt im vergangenen Jahr als größter industrieller Gasverbraucher in Deutschland stark unter den explodierten Energiekosten. Brudermüller will den Konzern nun mit einem neuen Sparprogramm von jährlich 500 Millionen Euro wetterfest machen, das er bereits im Oktober angekündigt hatte. Rund die Hälfte davon will BASF am Unternehmenssitz in Ludwigshafen erzielen. Dort beschäftigt das Unternehmen rund 39.000 seiner insgesamt 111.500 Mitarbeiter. Betriebsbedingte Kündigungen sind in Ludwigshafen laut der laufenden Standortvereinbarung bis Ende 2025 ausgeschlossen. "Ludwigshafen wird der größte und am stärksten integrierte Standort in der BASF-Gruppe bleiben", sagte Brudermüller.

Die Gewerkschaft IG BCE sprach von einem harten Schlag für die Belegschaft. Unter den Mitarbeitern herrschten Angst, Wut, Verzweiflung, Sorgen, sagte BASF-Betriebsratschef Sinischa Horvat. "Anlagen abbauen und Stellen streichen ist noch kein Konzept für eine erfolgreiche Zukunft des größten Chemieareals der Welt", kritisierte der IGBCE-Vorsitzende und BASF-Aufsichtsrat Michael Vassiliadis. BASF müsse auch künftig einen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Europa leisten. Eine Auslagerung von Produktion, etwa nach China und in die USA, gefährde die Unabhängigkeit Europas und verschärfe Engpässe.

Vorstandsfrau Melanie Maas-Brunner zieht bei BASF den Abbau von 700 Stellen in der Produktion in Ludwigshafen durch. Die Spezialistin für heikle Themen soll den grünen Umbau wuppen und für Innovationen sorgen.
von Jürgen Salz

Mehrere Anlagen in Ludwigshafen werden geschlossen

Im Produktionsverbund an seinem größten Standort plant BASF weitreichende Schritte. Rund zehn von 100 Anlagen-Clustern sind betroffen. Der Chemiekonzern will unter anderem die Anlage für das Perlon-Vorprodukt Caprolactam schließen, eine der beiden Ammoniak-Anlagen sowie die damit verbundenen Düngemittelanlagen. Bei den Ammoniak-Anlagen war die Produktion bereits zurückgefahren worden, da diese große Ergasmengen benötigen. Geschlossen werden soll auch die über eine Milliarde Euro teure Anlage für das Kunststoffvorprodukt TDI, die erst 2015 den Betrieb aufnahm und mit zahlreichen Pannen zu kämpfen hatte. Von der TDI-Anlage alleine sind laut IG BCE 250 Mitarbeiter betroffen. Insgesamt treffen die gesamten Maßnahmen 2500 Beschäftigte in Ludwigshafen.

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Brudermüller erwartet, die Fixkosten dadurch um über 200 Millionen Euro pro Jahr senken zu können. Den betroffenen Beschäftigten in der Produktion soll Arbeit in anderen Betrieben angeboten werden. Dass BASF den Betrieb der Anlagen künftig wieder aufnehmen könnte, sei mehr als ausgeschlossen, sagte der Konzernchef. In Deutschland verschlechterte sich die Ertragskraft des Unternehmens zuletzt massiv, so dass ein operativer Jahresverlust von 126 Millionen Euro anfiel.

In China baut der weltgrößte Chemiekonzern gegenwärtig für bis zu zehn Milliarden Euro einen neuen Verbundstandort in Zhanjiang in der Provinz Guangdong. Das wird wegen der geopolitischen Spannungen zunehmend kritisch gesehen. Doch Brudermüller ließ sich davon nicht beirren: "Wir sind überzeugt, dass es vom Markt her wirklich auch das Richtige ist." Die Chancen überwögen die Risiken.

Aktienrückkauf wird vorzeitig beendet

BASF-Aktien waren mit einem Minus von fast sieben Prozent größter Verlierer im Leitindex Dax. "Die Unsicherheit bei der Dividende und stark steigende Investitionsaufwendungen belasten den Aktienkurs. Die gute Nachricht für die Aktionäre liegt darin, dass Herr Brudermüller die Zeichen der Zeit erkannt hat und den Standort Ludwigshafen rechtzeitig an die neuen Realitäten anpasst", sagte Fondsmanager Arne Rautenberg von Union Investment. Die Aktionäre sollen mit 3,40 Euro je Aktie nur eine Dividende auf dem Niveau von 2021 erhalten. Außerdem wird das Aktienrückkaufprogramm, das ursprünglich ein Volumen von bis zu drei Milliarden Euro haben sollte, bei rund 1,4 Milliarden vorzeitig beendet.

Die weiteren Aussichten sind trübe: BASF stellt sich auf ein schwaches erstes Halbjahr und im Gesamtjahr auf einen deutlichen Rückgang des bereinigten operativen Gewinns (Ebit) auf 4,8 bis 5,4 Milliarden Euro ein. 2022 fiel das Ergebnis bereits um mehr als elf Prozent auf 6,9 Milliarden. Belastet wurde es von zusätzlichen Energiekosten von 3,2 Milliarden Euro, die vor allem in Ludwigshafen anfielen.Der Umsatz dürfte in diesem Jahr auf 84 bis 87 Milliarden Euro sinken von 87,3 Milliarden 2022.

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Im vergangenen Jahr fiel insgesamt ein Verlust von 627 Millionen Euro an nach einem Gewinn von 5,5 Milliarden Euro im Vorjahr. Im Januar hatte BASF noch wegen milliardenschwerer Abschreibungen auf die Beteiligung an dem Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea einen Nettoverlust von 1,38 Milliarden Euro gemeldet. Die Wertberichtigungen fielen letztlich aber niedriger aus als zunächst angenommen. Von der Beteiligung Wintershall Dea, die wegen des Rückzugs aus seinen Russland-Geschäften Milliardenbelastungen verdauen muss, will sich BASF unverändert trennen, legte dafür aber keinen neuen Zeitplan vor.

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