China-Strategie deutscher Unternehmen Warum deutsche Firmen die Politik des chinesischen Markts verstehen lernen müssen

Komitee der kommunistischen Partei Quelle: imago images

Die chinesische Führung nutzt die frühe Corona-Bewältigung dazu, in einem geopolitisch belasteten Umfeld das eigene Wachstumsmodell neu auszurichten und Chinas Eigenständigkeit zu stärken. Ein klares Verständnis dieser politischen Entwicklungen und deren Einbeziehung in vorausschauende China-Geschäftsstrategien werden für Unternehmen immer wichtiger. Ein Gastbeitrag.

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Für viele international tätige deutsche Unternehmen ist China aktuell ein wichtiger Wachstumsgarant mit Langfrist-Potential, während andere Märkte weltweit durch die zweite Infektionswelle einen Abschwung erleben. Laut dem IWF könnte Chinas Wirtschaft trotz der Pandemie im Jahr 2020 um 1,9 Prozent wachsen und würde damit als einzige große Wirtschaft positives Wachstum verzeichnen.

Dieses wirtschaftliche Engagement in und mit China trifft aber auf eine denkbar nachteilhafte geopolitische Rivalität zwischen China und den USA, die auch längst deutsche Mittelständler erreicht hat. Als Lieferant für die Kameras in den Huawei-Smartphones treffen etwa Leica die amerikanischen Sanktionen gegen Huawei hart. Chinas Staatskapitalismus hat wirtschaftspolitische Reaktionen der EU provoziert. In Europa wächst derweil die Angst vor wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber China. Auch hat sich die Wahrnehmung von China in der Öffentlichkeit markant verschlechtert.

China will die Krise strategisch nutzen

Diese Entwicklungen sorgen schon für genug Strategiediskussionen in den Chefetagen der deutschen Konzerne. Hinzu kommt: Chinas Politik befindet sich derzeit in einer strategischen Schlüsselsituation. Die chinesische Führung sieht in der Bewältigung der Corona-Krise einen „großen strategischen Erfolg“ und eine Gelegenheit, aus der Pandemie wirtschaftlich und technologisch gestärkt hervorzugehen und sich im Kräftemessen mit den USA einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen.

Mit dem 14. Fünfjahresplan, der in vollständig ausgearbeiteter Form im Frühjahr veröffentlicht wird, will China den derzeitigen Vorteil verstetigen und neue Akzente in der Wirtschaftspolitik setzen. Im Kern steht dabei das von Xi Jinping im April eingeführte Makrokonzept der „Dualen Zirkulation“. Damit soll Chinas Wachstumsmodell auf mehr Binnenkonsum ausgerichtet und resilienter gegenüber unsicheren Weltmärkten werden.

Die chinesische Führung will damit auch Chinas Abhängigkeit von ausländischen Technologien reduzieren und Lieferketten auf Länder ausrichten, mit denen China politisch gute Beziehungen pflegt. Das kürzlich besiegelte RCEP-Freihandelsabkommen trägt auch seinen Teil bei: Mit den einheitlichen Ursprungsregeln wird die wirtschaftliche Integration der Asien-Pazifik-Region vorangetrieben, was regionale Wertschöpfungsketten und Chinas zentrale Rolle in diesen Produktionsnetzwerken festigt. Vermehrtes Offshoring aus China in den RCEP-Raum soll chinesischen Produzenten ferner helfen, produktiver zu werden. Weniger Abhängigkeit ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Isolation. China sucht weiterhin die Verflechtung mit der Weltwirtschaft und will zu einem „Gravitationsfeld“ für ausländisches Kapital, Technologie und Talente werden. Das heißt: Gegenüber ausländischen Unternehmen setzt China – in den Schranken seiner Industriepolitik – in Form von gelockerten Joint-Venture Regeln, neuen Freihandelszonen und gebündelten Lizenzen-Vergaben weiter auf Marktöffnung.

Weiter kanalisiert die Regierung Stimulus-Maßnahmen in Hochtechnologien wie die 5G-Infrastruktur, Datenzentren, die Förderung digitaler Plattformen und einer Digitalwährung. Diese politischen Initiativen wirken als wesentlicher Markttreiber der betreffenden Sektoren.

Schließlich schafft China gegen innen die Rahmenbedingungen für mehr Konsum. Etwa mit forcierter Sozial- und Gesundheitspolitik, Aufweichung des Systems der Haushaltsregistrierungen und neuen Regeln für den Landbesitz.

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