Gasehersteller Linde will nach Ausschluss der Altaktionäre durchstarten

Linde Quelle: dpa

Am Anfang standen vor fast 140 Jahren „Linde's Eismaschinen“ - mit der letzten Hauptversammlung der Linde AG endet ein Stück deutsche Industriegeschichte. Künftig geben Manager in den USA den Ton an.

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Nach der Fusion des Gaseherstellers Linde mit seinem US-Konkurrenten Praxair will der neue Konzern die alte Linde AG von der Börse nehmen. Der Ausschluss der noch verbliebenen Altaktionäre und der Einzug ihrer Aktien gegen Zahlung einer Abfindung spare Aufwand und Kosten, sagte der scheidende Vorstandschef Aldo Belloni am Mittwoch auf der letzten Hauptversammlung der Linde AG in München.

Am Ergebnis der Abstimmung bestand kein Zweifel. Denn 92 Prozent der Linde-AG-Aktionäre wollten die Fusion und hatten ihre Aktien schon vor einem Jahr zum Umtausch eingereicht.

Belloni sagte: „Wir machen aus zwei sehr guten Unternehmen ein exzellentes.“ Als neuer Weltmarktführer mit 80 000 Mitarbeitern und 24 Milliarden Euro Jahresumsatz rechnet die neue Linde plc mit Synergien von gut einer Milliarde Euro.

Nur 8 Prozent der Linde-AG-Aktionäre wollten ihre Anteile nicht tauschen. Ihre Papiere will der fusionierte Konzern jetzt gegen Zahlung einer Abfindung einziehen. Wirtschaftsprüfer und ein gerichtlich bestellter Sachverständiger hätten die Höhe der Abfindung für angemessen erklärt, sagte Belloni vor 650 Aktionären. Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte, viele Altaktionäre der 1879 als „Carl Linde's Eismaschinen Aktiengesellschaft“ gegründeten Firma seien „traurig und sogar wütend“. Das letzte Kapitel sei nicht rühmlich gewesen. Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagte, Linde habe sich unter Preis „mit Praxair ins Bett gelegt“ und „sich unter Wert verkauft“.

Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle widersprach und verwies auf den kräftigen Anstieg des Aktienkurses. Die Linde plc sei heute gut 78 Milliarden Euro wert und damit nach SAP und Siemens das wertvollste Unternehmen im Dax. Reitzle hatte die Fusion maßgeblich betrieben und ist jetzt auch Aufsichtsratschef der Linde plc.

Geführt wird der neue Konzern vom bisherigen Praxair-Chef Steve Angel vom bisherigen Praxair-Sitz in Danbury in den USA aus. Der steuerrechtliche Sitz des Unternehmens befindet sich in Irland, der gesellschaftsrechtliche in England.

Die Fusion mit Praxair wurde schon im Oktober endgültig besiegelt. Bis Ende Januar muss Linde auf Anordnung des US-Kartellamts noch weitere Teile seines Industriegase-Geschäfts in den USA verkaufen. Erst dann können Reitzle und Angel die Integration der beiden Konzerne anpacken.

Reitzle hatte die Fusion im zweiten Anlauf gegen den Widerstand von Gewerkschaften und Betriebsräten durchgesetzt. Sie fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen und Mitbestimmungsrechten. In Deutschland beschäftigt Linde 7000 Mitarbeiter. Hauptaktionäre der Linde plc sind angelsächsische Investoren.

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