Finanzinvestor will Tech-Unternehmen Wird die Software AG jetzt zerschlagen?

Der Finanzinvestor Silver Lake will die Darmstädter Software AG übernehmen. Quelle: dpa

Der Finanzinvestor Silver Lake will die im MDax notierte Software AG übernehmen. Eigentlich war die Software-AG-Stiftung immer dagegen. Was sich nun geändert haben könnte und was Silver Lake mit dem Softwarehaus vorhat.

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2,2 Milliarden Euro will der amerikanische Finanzinvestor Silver Lake für die deutsche Software AG aus Darmstadt bezahlen. Eine Menge Geld für ein zuletzt schwächelndes Unternehmen, das seit Jahren auf demselben Umsatzniveau herumdümpelt und kaum vom Digitalboom profitierte. Und ein Tabubruch, galt ein solcher Verkauf doch lange Zeit als generell undenkbar: Solche Überlegungen, „gab es in den vergangenen zwei Dekaden bestimmt ein Dutzend Mal“, sagte Ende 2021 ein Insider. Am Ende hätten sich derlei Gedankenspiele immer wieder zerschlagen. Vor allem auch deshalb, weil Peter Schnell – Mitgründer der Software AG und später Gründer der Software-AG-Stiftung solchen Plänen stets ablehnend gegenüberstand. Da die Stiftung bis heute 31 Prozent der Anteile hält, ist ihre Zustimmung für einen Verkauf unabdingbar.

Doch ihr Widerstand ist spätestens seit vergangenem Wochenende vorbei. Nicht nur der Vorstand „begrüßt die Aussicht auf eine vertiefte strategische Partnerschaft mit Silver Lake“, wie es von Firmenchef Sanjay Brahmawar in einer Mitteilung vom Wochenende heißt. Auch die Stiftung unterstützt den Verkauf vorbehaltlos und habe einen Aktienkaufvertrag zum Verkauf von 25,1 Prozent der Aktien an Silver Lake unterschrieben. Das unterstreiche die Attraktivität des Angebots, heißt es von der Software AG.

Schnell spricht in der Mitteilung davon, dass sich durch die gemeinsame Arbeit an der Zukunft des Unternehmens eine „tiefe und vertrauensvolle Beziehung entwickelt“ habe. Und viele  Beobachter rätseln, ob und warum der Gründer seine Meinung geändert haben könnte.

„Man muss unterscheiden zwischen Schnell und der Stiftung“, sagt ein ehemaliger Manager der Software AG, der ungenannt bleiben will. Seiner Ansicht nach dürften sich die Profis in der Stiftungsleitung durchgesetzt haben: „Schon aus Compliance-Gründen gab es immer wieder Kritik daran, das gesamte Stiftungsvermögen in nur ein Unternehmen zu investieren“, so der Insider. Die Diskussionen über mehr Diversifizierung der Software AG Stiftung gebe es bereits seit dem Jahr 2010. „Mit dem Verkauf von 25 Prozent und dem Halten der restlichen fünf Prozent minimiert man nun das Cluster-Risiko.“ Zudem hat man diesmal eine Partner an der Seite, auf den sich das Unternehmen bereits seit längerer Zeit einstellen konnte.  Silver Lake war schon im Dezember 2021 als Partner bei der Software AG eingestiegen und hatte 344 Millionen Euro investiert. Damals werteten Beobachter den Einstieg als Eingeständnis, dass die Software AG ihre Ziele alleine nicht erreichen könne.

Das Unternehmen hatte im Gegensatz zur Konkurrenz nicht vom Digitalboom profitiert, der Umsatz dümpelt seit Jahren auf bescheidenem Niveau vor sich hin – auch die avisierte Milliarde, die sich Firmenchef Sanjay Brahmawar im Rahmen der Helix-Transformation für 2022 vorgenommen hatte, wurde nicht erreicht.

Schillernder Tech-Investor sollte den Ruf aufbessern

Mit Silver Lake sollte der Fokus auf Cloud-Anwendungen und das Thema Datenintegration gelegt werden – und die Software AG zum Software-as-a-Service-Unternehmen werden. Außerdem erhoffte sich die Software AG mit einem schillernden Tech-Investor, der etwa schon in Twitter, Airbnb und Dell investiert hat, seinen eingestaubten Ruf zu verbessern, mehr Talente anzuziehen – und den Weg für Zukäufe zu ebnen.

„Viele Start-ups mit schicken Büroräumen, die es erst seit ein paar Jahren gibt, haben Vorbehalte gegen ein 50 Jahre altes deutsches Traditionsunternehmen“, sagte Brahmawar damals der WirtschaftsWoche. Ende Februar vergangenen Jahres klappte dann auch die erste Übernahme mit dem Partner Silver Lake an Bord: Für eine halbe Milliarde Euro kaufte die Software AG StreamSets, einen Anbieter für Datenintegration.

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Völlig reibungslos aber laufen die Geschäfte in Darmstadt dennoch keineswegs. Anfang Februar kündigte das Unternehmen an, 200 Stellen zu streichen – gut vier Prozent der Belegschaft. Davor hatten vor allem Tech-Unternehmen im Silicon Valley, wie Twitter, Meta und Microsoft Stellen gestrichen, auch der deutsche Software-AG-Konkurrent SAP hatte Ende Januar bekannt gegeben, 3000 Stellen abzubauen, gut 2,5 Prozent der Belegschaft.

Kommt die Zerschlagung?

Silver Lake bietet Investoren nun einen Preis von 30 Euro in bar – und damit gut 50 Prozent mehr, als die Papiere vor der Ankündigung an der Börse wert waren. Kommt das Unternehmen auf mehr als 50 Prozent der Aktienanteile, plant Silver Lake, die Software AG von der Börse zu nehmen. Doch was hat es der Investor mit dem kriselnden Softwarekonzern vor?

Sollte der Plan aufgehen, könnte Neueigner Silver Lake endlich ein Szenarion umsetzen, das seit vielen Jahren über die Flure der Software AG in der Zentrale in Darmstadt-Eberstadt geistert: Die Zerschlagung des Unternehmens.

Denn die Software AG krankt seit vielen Jahren daran, dass sie über zwei völlig unterschiedliche Sparten verfügt: Auf der einen Seite das mehr als 50 Jahre alte Stammgeschäft mit Großrechnersoftware, allen voran den Datenbanken Adabas und Natural. Jenes Segment liefert seit Jahren relativ stabile Wartungserlöse, es wächst aber kaum noch. Auf der anderen Seite steht das junge und vergleichsweise wachstumsstarke Geschäft mit Software für Industrie 4.0 sowie Integrationslösungen. „Ich kann mir eine Aufspaltung gut vorstellen“, sagt der Kenner des Unternehmens. „Denn beide Geschäftsfelder sind sehr verschieden – zwischen ihnen gibt es praktisch keine Synergien.“

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Mehr noch: Beide erfordern mehr oder weniger gegensätzliche Managementansätze: Bei dem praktisch eingefrorenen Altgeschäft geht es vor allem um niedrige Stückkosten und hohe Wartungserlöse - hier richtet sich das Hauptaugenmerk also auf die Kosten. Im Gegensatz dazu dreht es sich in dem neueren Geschäft um neue Produkte und Wachstum, hier muss man also im Gegensatz zu der anderen Sparte investieren und ins Risiko gehen. „Beide gegensätzlichen Ansätze unter einen Hut zu bekommen, ist der Software AG immer schwergefallen“, so der Insider. „Das könnte bei einer Aufspaltung deutlich leichter werden.“

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