Internet Die geheime Macht der Vergleichsportale

Banken und Versicherungen, Energie- und Reiseanbieter müssen sich mit Online-Portalen arrangieren. Goldene Zeiten also für König Kunde? Von wegen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Onlineportale locken mit traumhaften Angeboten, bedienen sich aber mitunter übler Tricks. Quelle: dpa

Der finale Preisvergleich kommt dezent daher. Das abgedunkelte Foto auf der Internet-Seite von bestattungsvergleich.de zeigt ein waldumrandetes Feld, der Himmel darüber ist wolkenverhangen. Nur ganz am Rand blitzen ein paar Sonnenstrahlen aus den Baumwipfeln. Über dem Bild prangt der Schriftzug: „Mit uns finden Sie den passenden Bestatter.“ Einfach die Postleitzahl eingeben, „kostenlos Preise und Leistungen vergleichen“ und nie wieder zu viel bezahlen. Versprochen!

Pietäts-Puristen mögen murren. Doch der Tarifcheck im Trauergewerbe fügt sich nahtlos ein in die neue Welt des Vergleichens. Egal, ob Taxifahrt oder Fernbusreise, Augen- oder Brust-OP – für jede erdenkliche Leistung gibt es inzwischen Online-Rechner und Smartphone-Apps, die die vermeintlich beste Offerte aus der Flut der Angebote im Netz herausfiltern. Billiger – so ihre Botschaft – geht es immer.

Billiger – das ist das Reizwort, das Deutschlands Verbraucher seit jeher elektrisiert und das nun zur Antriebskraft für die nächste Stufe der Digitalisierung im Dienstleistungssektor wird. Bisher haben die Deutschen im Netz vor allem standardisierte Angebote und Produkte verglichen. Doch inzwischen scannen immer mehr Verbraucher auch komplexe Verträge über die Portale.

Zahlen zu Vergleichsportalen von Umzugsspeditionen

Was nach einer trivialen Entwicklung klingt, ist in Wahrheit ein gewaltiger Umbruch, vergleichbar wohl nur mit der Geschäftsausweitung im klassischen E-Commerce. Die großen Online-Shops verkauften anfangs nur Bücher und CDs. Inzwischen bieten sie das komplette Warensortiment feil und walzen nebenher über den klassischen Einzelhandel hinweg.

Neue Spielregeln

Ein ähnlicher Strukturwandel könnte nun Finanz- und Touristikhäuser, Energie- und Telekomanbieter erschüttern. Durch das Erstarken der Portale werden die Spielregeln auf Milliardenmärkten neu definiert – für alle Beteiligten:

-Die Konzerne drohen den Zugang zu ihren Endkunden zu verlieren. Um gegenzusteuern, pumpen die arrivierten Anbieter zig Werbemillionen in Richtung Netz, lichten ihre Filialstrukturen aus und sortieren Vertrieb und Marketing neu.

-Die Portale kämpfen erbittert um das Geschäft der Zukunft und dehnen ihre Vergleichsleistungen auf alle Lebensbereiche aus – auch zulasten der Gewinne. Eine Konsolidierung ist daher auf Dauer unausweichlich.

-Die Verbraucher können einerseits immer mehr Konditionen und Verträge im Internet vergleichen. Andererseits erweist sich die vermeintliche Schneise der Transparenz, die die Online-Listen ins Dienstleistungsdickicht schlagen, oft als teure Maut-Trasse. Mit allen Tricks promoten die Portale ihre Kooperationspartner und pushen so vor allem die eigenen Provisionen.

Am ruppigsten geht es derzeit wohl bei der Vermittlung von Umzugsunternehmen für den Wohnungswechsel zu. Aber auch wer seinen Sommerurlaub plant, sollte allzu sonnige Versprechen der Reiseseiten mit Skepsis quittieren.

Zahlen zu Vergleichsportalen der Reiseanbieter

Ein wilder Mix aus Pantoffeln, Sneakers und Stiefeln ziert den Eingangsbereich des Büro-Lofts am Berliner Ostbahnhof. Im Hintergrund des hallenhohen Raums sitzen junge Menschen vor Bildschirmen und verrichten ihr digitales Tagwerk für das Reisevergleichsportal Kayak. Telefone klingeln, englische Gesprächsfetzen mischen sich mit dem Baulärm von draußen, wo der Umbau des alten Fabrik-Areals in vollem Gange ist. Deshalb auch die vielen Schuhe vor der Tür, sagt Deutschland-Chefin Julia Stadler Damisch: Um die frisch verlegten Dielen nicht mit grauem Baustellenschlier zu ruinieren, würden viele Mitarbeiter am Eingang ihre Fußbekleidung wechseln.

Ein globales Schwergewicht

Ein wenig passt die Sauberkeitsoffensive auch zur Mission des Unternehmens: Die Gruppe, die in Deutschland vor allem über den Flugvergleichsableger Swoodoo bekannt ist, verspricht, Durchblick zu schaffen in einem Markt, der als ähnlich transparent gilt wie ein Glas Milch.

Kayak gehört zu den globalen Schwergewichten unter den Reiseportalen. In 40 Ländern sind die Amerikaner präsent und rastern nach eigenen Angaben die Angebote von 500.000 Hotels, 550 Airlines, 36.000 Mietwagenstationen und 320 Reiseveranstaltern. Als eine Art Meta-Suchmaschine, die die Ergebnisse anderer Reiseseiten nach Preisen bündelt, sieht Kayak-Managerin Stadler ihr Unternehmen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%